Index
19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Y in L, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. April 1992, Zl. FrB-4250/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 8. April 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 in Verbindung mit § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 7. Jänner 2002 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der (im Jahre 1964 geborene) Beschwerdeführer habe von 1978 bis 1982 in Österreich gelebt. Mit Bescheid vom 5. April 1982 sei gegen ihn ein bis zum 5. April 1987 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, weil er viermal gegen Verwaltungsvorschriften verstoßen, ohne Beschäftigungsbewilligung in Österreich gearbeitet, einen Einbruchsdiebstahl begangen, einen Pkw unbefugt in Betrieb genommen und einen Verkehrsunfall verursacht habe. Seit 1989 lebe er wieder in Österreich. Bis Mitte 1991 habe er sich wohlverhalten. In der Folge sei er wegen drei Übertretungen nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO sowie wegen anderer Übertretungen dieses Gesetzes bestraft worden. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand stelle einen schweren Bruch der österreichischen Rechtsordnung dar. Der Grad der Integration des Beschwerdeführers in Österreich sei nicht allzu hoch. Seine Frau und seine drei Kinder lebten in der Türkei. Das Aufenthaltsverbot führe zwar zu einer beruflichen Beeinträchtigung, doch sei im Hinblick auf die von alkoholisierten Fahrzeuglenkern ausgehende Gefährdung der Verkehrssicherheit von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auszugehen. Im Hinblick darauf, daß das im Jahre 1982 für die Dauer von fünf Jahren ausgesprochene Aufenthaltsverbot offensichtlich nicht ausreichend gewesen sei, den Schutzzweck zu erreichen, sei das Aufenthaltsverbot mit zehn Jahren zu befristen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
2. Das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz dar (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 90/19/0554, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die belangte Behörde hat daher im Hinblick auf das Vorliegen von drei rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO mit Recht angenommen, daß der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz erfüllt und daher die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.
Die Beschwerde macht ausschließlich geltend, daß die Interessenabwägung im Sinne des § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte ausfallen müssen. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden, auch wenn der Beschwerdeführer nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat allenfalls längere Zeit arbeitslos ist und ein geringeres Einkommen als in Österreich erzielen kann. Die belangte Behörde hat mit Recht auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden Gefahren hingewiesen und deshalb den hier maßgebenden öffentlichen Interessen wesentlich größeres Gewicht beigemessen als den privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich. Die Häufung der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Übertretungen in den letzten Monaten vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zeigt, daß beim Beschwerdeführer eine Neigung zur Begehung derartiger Delikte besteht. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf den Umstand, daß ihm die Lenkerberechtigung mittlerweile entzogen worden sei, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil die Entziehung der Lenkerberechtigung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Gewähr dafür bietet, daß er in Hinkunft keine weiteren Übertretungen der StVO begehen wird.
4. Die Meinung des Beschwerdeführers, das Aufenthaltsverbot hätte mit fünf Jahren befristet werden müssen, ist ebenfalls nicht berechtigt. Gemäß § 4 Fremdenpolizeigesetz kann das Aufenthaltsverbot auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit erlassen werden. Nach der Rechtsprechung ist ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Es ist auf unbestimmte Zeit zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Erlassung nicht vorhergesehen werden kann (siehe das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 90/19/0320, mit weiterem Judikaturhinweis). Die Befristung des Aufenthaltsverbotes mit 10 Jahren kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn man berücksichtigt, daß das im Jahre 1982 erlassene, mit fünf Jahren befristete Aufenthaltsverbot den Beschwerdeführer nicht dazu hat bewegen können, die Begehung schwerwiegender Verwaltungsübertretungen zu vermeiden.
5. Da der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen (zur hg. Zl. AW 92/18/0099 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180247.X00Im RIS seit
12.06.2001