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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. April 1992, Zl. IV-549.814-FrB/92, betreffend Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 1992 wurde der dem Beschwerdeführer erteilte unbefristete Wiedereinreisesichtvermerk gemäß § 27 Abs. 1 des Paßgesetzes 1969 (PG) für ungültig erklärt.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei am 4. Oktober 1990 vom Jugendgerichtshof Wien wegen Verstoßes gegen die "§§ 142/1, 143, 15, 127, 129/2 StGB" zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt nachgesehen mit einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden. Darüber hinaus sei er am 18. Juli 1991 wegen Besitzes von Suchtgift und am 18. Oktober 1991 wegen Entwendung zur Anzeige gebracht worden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde eine schwere Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit darstellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 PG ist ein Sichtvermerk von der Behörde für ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 4. Juli 1980, Zl. 1993/79) setzt die Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes gemäß § 27 Abs. 1 PG das Vorliegen eines Versagungsgrundes voraus, und zwar unabhängig davon, ob der Behörde erst nachträglich Tatsachen bekannt werden, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten oder neue Tatsachen eingetreten sind, die eine Versagung rechtfertigen würden; die Gründe für die Versagung eines Sichtvermerkes ergeben sich aus der im § 25 Abs. 3 PG enthaltenen Aufzählung von Tatbeständen.
Gemäß § 25 Abs. 3 lit. d PG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Gemäß § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz idF der Novelle BGBl. Nr. 575/1987, (FPG) kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Nach § 3 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht (unter anderem) zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß die von der belangten Behörde näher angeführte Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe den erwähnten Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Schon aus diesem Grund allein war die Annahme gerechtfertigt, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet, sodaß die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt hat, wenn sie davon ausging, die Erteilung eines Sichtvermerkes wäre unter Heranziehung des § 25 Abs. 3 lit. d PG zu versagen gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1991, Zl. 91/19/0089), zumal es der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das soeben zitierte Erkenntnis) entspricht, daß eine Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 25 Abs. 3 PG nicht vorgesehen ist. Ob der Beschwerdeführer zur Zeit der Erteilung des Sichtvermerkes bereits strafmündig war, ist schon deshalb unerheblich, weil § 27 Abs. 1 PG auch darauf abstellt, ob die dort angeführten Tatsachen die Versagung des Sichtvermerkes nunmehr "rechtfertigen würden".
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180241.X00Im RIS seit
06.08.2001