Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AAV §32;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in T, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. Februar 1992, Zl. VII/2a-V-1356/2/0-92, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Februar 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 14. Februar 1990 an einem näher beschriebenen Ort als Bevollmächtigter eines namentlich genannten Arbeitgebers zu verantworten, daß unterlassen worden sei, die Gefahrenstellen bei der "Extruder-Anlage SPRA 10 (Objekt M38)" entsprechend zu sichern; die verriegelbare Schutzvorrichtung sei offen und unwirksam, ein Not-Aus-Schalter allein unzureichend gewesen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz in Verbindung mit § 32 AAV begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe ihn zu Unrecht als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 (Abs. 2) VStG 1950 zur Verantwortung gezogen, so genügt der Hinweis, daß sich dem Schuldspruch eine Heranziehung dieser Bestimmung nicht entnehmen läßt. Vielmehr wird der Beschwerdeführer auf § 31 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz verwiesen, wonach "Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte" entsprechend den dort näher angeführten Bestimmungen zu bestrafen sind. Sollte das Beschwerdevorbringen allerdings auch dahin zu verstehen sei, daß es unzulässig gewesen wäre, ihn als "Bevollmächtigten" im Sinne der soeben zitierten Gesetzesstelle zur Verantwortung zu ziehen, so ist dem Verwaltungsgerichtshof ein Eingehen darauf im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verwehrt.
Allerdings ist der Beschwerdeführer damit im Recht, daß die belangte Behörde - entsprechend dem von ihr aufrecht erhaltenen Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a lit. a VStG 1950 (vgl. dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11 894/A) verstoßen hat. Aus diesem Schuldspruch ergibt sich nämlich nicht, hinsichtlich welcher "Gefahrenstellen" eine Sicherung unterlassen wurde, wodurch auch eine rechtlich einwandfreie Subsumtion der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Unterlassung nicht möglich ist, kommen doch hiefür mehrere Bestimmungen der AAV in Betracht (vgl. in diesem Zusammenhang auch die §§ 33, 34 und 35 leg. cit.). Damit aber gewinnt der Umstand Bedeutung, daß der spruchgemäße Vorwurf der Unterlassung, die Gefahrenstellen "entsprechend" zu sichern, gleichfalls einer Konkretisierung entbehrt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere dessen § 59 Abs. 3 letzter Satz. Hiezu wird bemerkt, daß der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180098.X00Im RIS seit
01.06.2001