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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. April 1992, Zl. Frb-4250/91, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), ein bis zum 31. Dezember 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Imst vom 2. November 1987 wegen Betruges zu einer Geldstrafe und mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Februar 1988 wegen schweren Betruges neuerlich zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Auf Grund dieser Verurteilungen sei ihm von der Behörde erster Instanz mit Schreiben vom 3. März 1988 mitgeteilt worden, daß beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. In Anbetracht der Intervention des damaligen Arbeitgebers des Beschwerdeführers, der ihn als verläßliche Arbeitskraft bezeichnet habe, sowie der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei zwar von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes abgesehen, dem Beschwerdeführer jedoch zur Kenntnis gebracht worden, daß er, sollte er nochmals gerichtlich beanstandet oder auf Grund einer gravierenden Verwaltungsübertretung bestraft werden, mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu rechnen habe.
Weiters verwies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf Bestrafungen des Beschwerdeführers unter anderem wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, nach § 5 Abs. 1 StVO und nach § 64 Abs. 1 KFG, wobei sie die beiden letztangeführten Verwaltungsübertretungen als "schwerwiegend" wertete und darauf hinwies, daß der Beschwerdeführer nach den erwähnten gerichtlichen Verurteilungen wiederum gravierende Rechtsbrüche begangen habe. In Hinsicht auf die im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 1979 in Österreich wohnhaft, verheiratet und habe zwei Kinder, die in Österreich geboren seien; die gesamte Familie lebe in Österreich. Die persönlichen "Einwendungen" des Beschwerdeführers seien somit zweifelsohne als erheblich zu werten, zumal der Beschwerdeführer eine Pizzeria betreibe und daher bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens zu berücksichtigen sei. Da aber weder die gerichtlichen Verurteilungen noch das Inaussichtstellen eines Aufenthaltsverbotes für den Fall, daß er weiterhin gravierende Rechtsbrüche begehen werde, den Beschwerdeführer zu einem rechtstreuen Verhalten hätten bewegen können, würden die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie des Abs. 3 FPG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht;
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die erwähnten beiden gerichtlichen Verurteilungen im Grunde des § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG (strafbare Handlungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen) als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 zu werten waren. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde zudem auch davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) FPG erfüllt hat. Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 9. März 1992, Zl. 91/19/0297) handelt es sich nämlich nicht nur beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, sondern auch beim Lenken von Kraftfahrzeugen ohne Lenkerberechtigung um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinne der erwähnten Gesetzesstelle. Damit ist im Beschwerdefall sogar in zweifacher Hinsicht vom Vorliegen einer "bestimmten Tatsache im Sinne des Abs. 1" (des § 3) FPG auszugehen, womit die dort umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.
Das solcherart begründete erhebliche öffentliche Interesse an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer gewinnt aber auch durch die keineswegs als unbedeutend zu wertende Übertretung des FPG (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. März 1992, Zl. 91/19/0350) zusätzlich an Gewicht.
Von da her gesehen ist auch die von der belangten Behörde nach § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung nicht als rechtswidrig zu erkennen, welcher der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen hat, selbst wenn der Aufbau eines Unternehmens im Ausland einer "gewissen Anlaufphase" bedarf. Im Hinblick auf die obigen Darlegungen hat die belangte Behörde mit Recht den hier maßgebenden öffentlichen Interessen wesentlich größeres Gewicht beigemessen als den privaten Interessen des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen; sein Versuch die erwähnten strafgerichtlichen Verurteilungen als eine "vereinzelt gebliebene Entgleisung" darzustellen, muß fehlschlagen, wobei auch die inzwischen verstrichene Zeit zu kurz ist, damit diesen Verurteilungen kein maßgebliches Gewicht mehr zukäme.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß die belangte Behörde zu Recht den Umstand hervorgehoben hat, daß dem Beschwerdeführer nach der zweiten gerichtlichen Verurteilung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei weiteren Rechtsbrüchen in Aussicht gestellt wurde und er dennoch u.a. zwei schwerwiegende Verwaltungsübertretungen begangen hat (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 19. November 1990, Zl. 90/19/0474), wobei es sich bei den in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0143, bezüglich der besonderen Gefährlichkeit der Alkoholisierung im Straßenverkehr) und § 64 Abs. 1 KFG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/03/0285, wonach das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz gehört) um Verstöße gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates handelt.
Selbst der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, daß seine beiden Kinder in Österreich geboren worden seien und hier die Schule besuchen, infolge des Aufenthaltsverbotes würde die gesamte Familie gezwungen, in die Türkei zurückzukehren, läßt angesichts des dargestellten großen Gewichtes der maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung nicht als rechtswidrig erscheinen.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180243.X00Im RIS seit
11.07.2001