TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/30 92/05/0042

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Veröffentlicht am 30.06.1992
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1;
BauO NÖ 1976 §100 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der AU in A, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. Jänner 1992, Zl. R/1-V-90121, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) MH in A, 2) CH in A,

3) Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. Februar 1990 wurde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung für "Div. Zu- und Umbauarbeiten sowie die Hof- und Parkplatzgestaltung" auf dem Grundstück Nr. 12 des Grundbuches über die Kat.Gem. X erteilt. Die Beschwerdeführerin war bei der der Erlassung dieses Bescheides vorausgegangenen Bauverhandlung vertreten und hatte verschiedene "Forderungen" erhoben.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung erhob die Beschwerdeführerin "Einspruch" wegen des "derzeitigen Lärmes des Heurigenbetriebes" und erklärte, mit dem Bau des Rauchfanges an der Grundgrenze nicht einverstanden zu sein, da ihr Wirtschaftsgebäude aus Holz bestehe und es zu einer Brandgefährdung kommen könne.

Diesem Rechtsmittel wurde mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. Mai 1990 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt.

Mit Bescheid der NÖ. Landesregierung vom 23. Jänner 1992 wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ. Gemeindeordnung 1973 abgewiesen.

Die Aufsichtsbehörde führte in der Begründung ihres Bescheides aus, daß die Beschwerdeführerin auf den Inhalt des § 42 Abs. 1 AVG in der Ladung zur Bauverhandlung hingewiesen worden sei und ihre während der Verhandlung geäußerten Forderungen einerseits Fragen der Kostentragung für diverse Vorkehrungen und andererseits den Betrieb der Gaststätte selbst betroffen hätten. Die Beschwerdeführerin hätte allerdings keine Einwände vorgebracht, welche zusätzliche bauliche Maßnahmen erfordert hätten und daher durch Auflagen sicherzustellen gewesen wären. Die bescheidmäßige Vorschreibung, wonach den Forderungen der Beschwerdeführerin Rechnung zu tragen sei, stelle keine Auflage im Sinne des § 62 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung 1976 dar. Während über die Kostenfrage eine privatrechtliche Einigung getroffen werden müßte, könnten Maßnahmen hinsichtlich des Betriebes der Gaststätte allenfalls im gewerbebehördlichen Verfahren aufgetragen werden. Da die Beschwerdeführerin die für die Baubehörde maßgebenden Einwendungen - Lärm- und Brandgefährdung - erstmals in der Berufung vorgebracht habe, sei sie damit im Sinne des § 42 AVG bereits präkludiert. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine nach § 42 AVG eingetretene Präklusion sowohl von der Berufungsbehörde als auch von der Vorstellungsbehörde zu beachten. Wenngleich der Gemeinderat seinen abweisenden Bescheid nicht auf den Umstand der eingetretenen Präklusion gestützt habe, seien dadurch keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Dem einleitend erhobenen Vorwurf der Beschwerdeführerin, der von der Berufungsbehörde bestätigte Baubewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz enthalte in seinem Spruch "nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit die Beschreibung des Bauvorhabens, das bewilligt werden sollte", ist zu erwidern, daß der Punkt I. des Spruches des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. Februar 1990 ausdrücklich den Hinweis enthält, daß "die Ausführung des Vorhabens nach Maßgabe der Sachverhaltsdarstellung - und der Baubeschreibung - sowie der mit einer Bezugsklausel versehenen Plan- (und Berechnungs-)unterlagen zu erfolgen hat". Damit wurde die im Akt erliegende und mit der Bezugsklausel versehene Baubeschreibung vom 6. Februar 1990 ebenso ein Bestandteil des Spruches des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides wie der ebenfalls mit einer Bezugsklausel versehene "Einreichplan" vom Februar 1990, womit aber das bewilligte Bauvorhaben mit einer für das Baubewilligungsverfahren hinreichenden Bestimmtheit umschrieben ist und daher von einer mangelnden Deutlichkeit der Umschreibung desselben nicht die Rede sein kann.

Entsprechend der Niederschrift über die im Gegenstand abgehaltene Bauverhandlung hat die ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin - offensichtlich durch ihren ebenfalls geladenen Ehegatten vertreten - einleitend erklärt, "prinzipiell mit der beabsichtigten Bauführung unter Einbeziehung der festgelegten Baufluchtlinie einverstanden" zu sein. Im Anschluß daran verlangte sie, es sei jedoch "während der Bauführung dafür Sorge zu tragen, daß im Zuge der Aushubarbeiten keine Beeinträchtigung" des "bestehenden Gebäudes hinsichtlich der Standfestigkeit eintritt. Außerdem ist der fugendichte Abschluß" des "Gebäudes zum Neubau auf Kosten des Bauwerbers fachmännisch von hiezu befugten Gewerbetreibenden durchzuführen. Wobei eine allfällige Verblechung mindestens 1 m an" der "Gebäudeaußenwand durchzuführen ist. Für eine einwandfreie Entsorgung der Dachwässer vom gesamten Gebäudetrakt des Anrainers sind entsprechende Maßnahmen ohne Benützung des Nachbargrundes zu treffen. Gegen die Errichtung einer 2 m hohen Einfriedungsmauer in Verlängerung des Gebäudes bis zum Fahrweg im Süden bestehen ebenfalls keine Einwände, sofern die Entwässerung der Mauerabdeckung auf dem Grundstück des Bauwerbers erfolgt. Die Mauer ist außerhalb der verbauten Fläche zu verputzen oder Schalreihen herzustellen. Es wird weiter darauf aufmerksam gemacht, daß es fallweise durch den Betrieb der Landwirtschaft zu einer Belästigung kommen kann (Geruch, Lärm). Die Sperrstunde des Gastgewerbebetriebes ist entsprechend der behördlichen Anweisung einzuhalten. Weiters wird beantragt, daß der Privatweg im Süden verkehrsrechtlich insofern geregelt wird, als nur die Benützung für Anrainer gestattet wird. Um eine unzumutbare Lärmbelästigung hintanzuhalten, wird beantragt, daß die nördlichen Fenster des Gastgewerbebetriebes außerhalb der Tageszeit, das ist von 6 - 22 Uhr, geschlossen bleiben. Sollte es sich durch die Erweiterung des Gaststättenbetriebes zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung führen, so werden weitere Schritte vorbehalten".

Diese Erklärung der Beschwerdeführerin enthält zwar verschiedene Forderungen, ist aber nicht als eine Einwendung im Sinne des § 42 AVG zu qualifizieren, weil eine derartige Einwendung nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vorliegt, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., auf S. 280 unter Z. 2 zitierten hg. Erkenntnisse). Daraus folgt, wie die belangte Behörde in der schon wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt hat, daß die Beschwerdeführerin hinsichtlich der erstmals in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid unter dem Gesichtspunkt befürchteter Lärmimmissionen und einer durch einen Rauchfang zu erwartenden Brandgefahr vorgebrachten Einwendungen als präkludiert anzusehen ist. Ihrer Berufung wurde daher mit Recht keine Folge gegeben.

Im Spruchteil I. des von der Berufungsbehörde bestätigten erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides wurde überdies ausdrücklich festgehalten, daß "die in der Niederschrift angeführten Auflagen einzuhalten sind", was zur Folge hat, daß die unter Punkt 1. der in der Niederschrift über die Bauverhandlung festgehaltenen "Auflage" ("Hinsichtlich der Errichtung des Gaststättenzubaues ist den Forderungen des Anrainers U Rechnung zu tragen.") zu einem Bestandteil des Spruches dieses Baubewilligungsbescheides geworden ist. Die mitbeteiligten Bauwerber haben daher den "Forderungen" der Beschwerdeführerin "hinsichtlich der Errichtung des Gaststättenzubaues" zu entsprechen, zumal sie diesen Bescheidspruch nicht im Wege eines Rechtsmittels bekämpft haben und dieser daher ihnen gegenüber rechtskräftig geworden ist. Unter diesen Umständen kann es dahingestellt bleiben, ob die in Rede stehende "Auflage" als eine im Sinne des § 62 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung 1976 anzusehen ist, weil die Beschwerdeführerin nur dann Anspruch auf entsprechende Auflagen im Sinne dieser Bestimmung gehabt hätte, wenn sie durch rechtzeitig erhobene Einwendungen eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte nach Maßgabe des § 118 Abs. 9 leg. cit. geltend gemacht hätte. Allerdings sind die Forderungen der Beschwerdeführerin entsprechend der ausdrücklichen Formulierung der in Rede stehenden "Auflage" nur insoweit einzuhalten, als sie sich auf die "Errichtung des Gaststättenzubaues" beziehen, weshalb die Beschwerdeführerin auf Grund des rechtskräftig gewordenen Baubewilligungsbescheides nicht verlangen kann, "daß die nördlichen Fenster des Gastgewerbebetriebes außerhalb der Tageszeit, das ist von 6 - 22 Uhr, geschlossen bleiben", weil es sich dabei um eine Forderung handelt, die zwar mit dem Betrieb der Gaststätte, aber nicht mit der Errichtung des geplanten Zubaues zusammenhängt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin durch die Abweisung ihrer Vorstellung nicht in ihren Rechten verletzt worden ist, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050042.X00

Im RIS seit

30.06.1992

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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