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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 19. Februar 1992, Zl. 08 3542/722-V/4/91-Gl, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Bewilligung der Ausfuhr von Abfällen gemäß § 35 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 19. Februar 1992 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 6. Mai 1991 um Erteilung der Bewilligung zur Ausfuhr von 90 Tonnen bestimmter Abfälle in die Schweiz gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG u.a. aufgefordert worden sei, geeignete Unterlagen (zumindest eine Betriebsbeschreibung) vorzulegen, die der Behörde die Beurteilung der Art der Behandlung der Abfälle im Einfuhrstaat ermögliche. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin mit Schreiben vom 21. Juni 1991 eine Einfuhrerklärung des (Schweizer) Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft vom 4. Dezember 1990 vorgelegt, in welcher bestätigt werde, daß gegen den Import der gegenständlichen Abfälle zur F AG keine Einwände bestünden. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin ersucht, die dem Bundesministerium bereits übermittelten Unterlagen der genannten Gesellschaft heranzuziehen. Aus einem dem Bundesministerium übermittelten Schreiben dieser Gesellschaft über die Art ihrer Behandlungsanlagen vom 14. Jänner 1991 gehe aber lediglich hervor, daß die Gesellschaft die angelieferten Abfälle einer Vorbehandlung unterziehe. Eine Anfrage bei der G & Co. Gesellschaft & Co. KG habe ergeben, daß diese in der Lage sei, halogenierte Lösemittelgemische mit einem Chlorgehalt von mehr als 2 % zu übernehmen. Dies sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Juli 1991 zur Kenntnis gebracht worden. Gleichzeitig sei sie darauf hingewiesen worden, daß die Absicht bestehe, ihren Antrag abzuweisen, da für die in Rede stehenden Abfälle eine Behandlungsmöglichkeit im Inland bestehe (vgl. § 35 Abs. 2 Z. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes). In weiterer Folge habe sich jedoch herausgestellt, daß die in Rede stehenden Abfälle einen zu hohen Halogengehalt aufweisen, sodaß eine Inlandsbehandlungsmöglichkeit nicht in Betracht gekommen sei. Mit Schreiben des Bundesministeriums vom 17. Oktober 1991 sei die Beschwerdeführerin neuerlich unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert worden, dem Bundesministerium binnen vier Wochen Betriebsbeschreibungen der Anlagen der F AG zu übermitteln. Mit gleichem Schreiben sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, eine 100%-ige Stoffanalyse der zum Export beantragten Abfälle vorzulegen und genaue Angaben (allenfalls in Prozentsätzen) darüber nachzureichen, welche Abfälle bei der genannten Gesellschaft endbehandelt und welche nur vorbehandelt werden. Die Vorlage der 100%-igen Stoffanalyse für die zu exportierenden Abfälle sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben des Bundesministeriums vom 13. November 1991 unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG neuerlich aufgetragen worden. Schließlich sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 13. Jänner 1992 erneut aufgetragen worden, eine 100%-ige Stoffanalyse der zum Export beantragten Abfälle dem Bundesministerium binnen zwei Wochen zu übermitteln, wobei die Beschwerdeführerin auch darauf hingewiesen worden sei, daß ihr Ansuchen andernfalls gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen sei. Mit Schreiben vom 27. Jänner 1991 habe die Beschwerdeführerin dem Bundesministerium zwei Analysen hinsichtlich der zu exportierenden halogenhaltigen Lösemittelgemische vorgelegt. Hinsichtlich der restlichen zum Export beantragten Abfälle seien keine Analysen vorgelegt worden. Nach einer Wiedergabe des Wortlautes der Bestimmungen des § 35 Abs. 1 sowie Abs. 2 Z. 2 und 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes sowie des § 13 Abs. 3 AVG wurde in der Begründung des Bescheides sodann ausgeführt, das Bundesministerium habe die Beschwerdeführerin mehrmals unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert, geeignete Unterlagen (zumindest eine Betriebsbeschreibung der Anlage der F AG und Angaben über die Art der Behandlung der Abfälle bei dieser Gesellschaft) vorzulegen. Genaue Angaben zu diesem Punkt seien erforderlich, da sich aus § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes ergebe, daß im Einfuhrstaat eine umweltgerechte Behandlung erfolgen müsse. Wenn in der Schweiz überhaupt keine Behandlung der in Rede stehenden Abfälle im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes erfolge, dann sei als Einfuhrstaat im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 leg. cit. derjenige Staat anzusehen, in welchem erstmalig eine Behandlung im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes erfolge. Im Hinblick auf die Verschiedenheit der Behandlungsdefinitionen in der Schweiz und in Österreich sei die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Bestätigung über die umweltgerechte Behandlung bei der F AG durch das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Schweiz) kein ausreichender Beweis, daß bei der F AG tatsächlich die zum Export beantragten Abfälle einer Behandlung zugeführt werden. Da die Beschwerdeführerin dem Bundesministerium keinerlei Angaben über die Art der Behandlung der Abfälle bei der F AG gemacht habe, habe sie den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie in eine Lage gebracht, in der er nicht imstande gewesen sei, meritorisch über den gegenständlichen Antrag abzusprechen. Es habe nicht geklärt werden können, ob überhaupt eine Behandlung der gegenständlichen Abfälle bei der F AG im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes stattfinden soll. Auch seien hinsichtlich dreier, im Spruch genannter bestimmter Abfälle innerhalb der eingeräumten Frist keine Stoffanalysen vorgelegt worden, wodurch diesbezüglich eine Prüfung der Behandlungskapazitäten im Inland im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes nicht möglich gewesen sei.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 35 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, bedarf die Ausfuhr, ausgenommen die Ausfuhr im Zwischenauslandsverkehr im Sinne der zollgesetzlichen Vorschriften von Abfällen oder Altölen im Sinne dieses Bundesgesetzes, der Bewilligung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie.
Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Bewilligung zu erteilen, wenn
1.
keine entsprechenden Behandlungskapazitäten für Abfälle oder Altöle im Sinne dieses Bundesgesetzes im Inland bestehen oder die Abfälle oder Altöle im Sinne dieses Bundesgesetzes als Rohstoffe zur Verwertung und Aufbereitung im Ausland benötigt werden oder wenn zur Vermeidung von längeren Transportwegen bei gleichwertigem Entsorgungsstandard im In- und Ausland eine Behandlung im Inland nicht zweckmäßig erscheint;
2.
eine Erklärung des Einfuhrstaates vorliegt, daß gegen die Einfuhr kein Einwand besteht;
3.
eine Bestätigung des Einfuhrstaates vorliegt, daß ein Vertrag zwischen dem Exporteur und dem Behandler, in der die umweltgerechte Behandlung der Abfälle oder Altöle festgelegt ist, abgeschlossen wurde;
4.
eine Erklärung der Durchfuhrstaaten vorliegt, daß gegen die Durchfuhr kein Einwand besteht bzw. die Durchfuhrstaaten binnen 60 Tagen nach Verständigung keine Erklärung abgegeben haben;
5.
völkervertragsrechtliche Verpflichtungen nicht entgegenstehen;
6.
der Antragsteller das Ausreisezollamt, das Einreisezollamt des Einfuhrstaates und, im Falle einer Durchfuhr, die Einreise- und Ausreisezollämter der Durchfuhrstaaten bekanntgibt;
7.
der Bewilligungswerber eine ausreichende Versicherung oder Bankgarantie für die Ausfuhr von Abfällen oder Altölen im Sinne dieses Bundesgesetzes in einer Höhe nachweist, die voraussichtlich die Kosten einer umweltgerechten Behandlung umfaßt und
8.
eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle oder Altöle im Einfuhrstaat gesichert erscheint.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Da die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der Bewilligung zur Ausfuhr von Abfällen nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides ausdrücklich gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen hat, stellt sich die Frage, ob die belangte Behörde davon ausgehen durfte, daß es sich bei den von der Beschwerdeführerin im Wege eines Verbesserungsauftrages verlangten Unterlagen, die eine Beurteilung des Vorliegens der Bewilligungsvoraussetzungen im Sinne der eben wiedergegebenen Regelungen des § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes ermöglichen, um solche gehandelt hat, welche unter den Begriff "Formgebrechen schriftlicher Anbringen" im Sinne der zitierten verfahrensrechtlichen Bestimmung zu subsumieren sind. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, muß der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden (vgl. das bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., auf S. 170 unter Nr. 6 zitierte hg. Erkenntnis vom 12. April 1983, Zl. 82/11/0284).
Da die belangte Behörde entsprechend der schon wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten hat, daß die von der Beschwerdeführerin im Wege von Verbesserungsaufträgen verlangten "Unterlagen (zumindest eine Betriebsbeschreibung der Anlage der F AG und Angaben über die Art der Behandlung der Abfälle bei der F AG)" erforderlich sind, da sich aus § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes ergibt, daß im Einfuhrstaat eine umweltgerechte Behandlung erfolgen muß, ist zu prüfen, ob sich aus den Z. 3 und 8 dieser Gesetzesstelle Anhaltspunkte dafür ergeben, daß einem Ansuchen um Erteilung der Bewilligung zur Ausfuhr von Abfällen Belege anzuschließen sind, welche der Behörde eine Beurteilung der dort genannten Bewilligungsvoraussetzungen ermöglicht.
Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht der Auffassung, daß sich für einen Antragsteller aus § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 leg. cit. die Verpflichtung ergibt, seinem Ansuchen um Bewilligung der Ausfuhr von Abfällen Belege anzuschließen, aus denen sich ergibt, daß die dort genannten Bewilligungsvoraussetzungen gegeben sind. Anders als etwa im § 353 der Gewerbeordnung 1973 ("Dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage sind folgende Unterlagen anzuschließen: ..." - vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1983, Slg. N. F. Nr. 11246/A) oder im § 63 Abs. 1 der Bauordnung für Wien ("Dem Ansuchen um Baubewilligung hat der Bauwerber anzuschließen: ..") sieht die im Beschwerdefall maßgebende Vorschrift des § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes keine derartige Verpflichtung des Antragstellers vor, sondern umschreibt jene materiellen Voraussetzungen, welche u.a. erfüllt sein müssen, damit die Behörde die beantragte Ausfuhrbewilligung erteilen darf (vgl. im übrigen die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Bd., 1987, auf S. 253 ff unter ENr. 18 wiedergegebene hg. Judikatur). Ob die in den Z. 6 und 7 dieser Gesetzesstelle vom Antragsteller geforderte Bekanntgabe des Ausreisezollamtes sowie die verlangte Versicherung oder Bankgarantie im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG als Beleg des Ansuchens anzusehen sind, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil derartige Unterlagen von der belangten Behörde nicht zum Gegenstand eines Verbesserungsauftrages gegenüber der Beschwerdeführerin gemacht worden sind.
Die belangte Behörde war also nicht berechtigt, von der Beschwerdeführerin im Wege eines auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsauftrages, welcher im übrigen kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt ist (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 6923/1972), die Vorlage von Unterlagen zur Beurteilung der Bewilligungsvoraussetzungen im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes zu verlangen, weshalb es auch rechtswidrig war, das in Rede stehende Ansuchen der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
In Erwiderung auf die in der Gegenschrift von der belangten Behörde vertretene Auffassung, die Beschwerdeführerin habe die Bewilligung zur Ausfuhr von Abfällen "bis 6. Mai 1992 beantragt", weshalb es ihr nach diesem Zeitpunkt an einem Rechtsschutzbedürfnis mangle, genügt der Hinweis, daß die Beschwerdeführerin keine zeitlich befristete Ausfuhrbewilligung beantragt, sondern im diesbezüglichen Antragsformular lediglich dieses Datum als in Aussicht genommenen Tag der letzten Lieferung angegeben hat.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Formgebrechen behebbareVerbesserungsauftrag AusschlußFormgebrechen behebbare BeilagenVerbesserungsauftrag Nichtentsprechung ZurückweisungVoraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren BescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050069.X00Im RIS seit
30.06.1992Zuletzt aktualisiert am
08.12.2010