TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/30 92/11/0104

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Veröffentlicht am 30.06.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

VwRallg;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z1;
ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Februar 1992, Zl. 122.939/13-IV/10/92, betreffend Befreiung von der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1963 geborenen Beschwerdeführers vom 12. Mai 1991 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl. Nr. 679, abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Den größten Teil seiner Beschwerdeausführungen widmet der Beschwerdeführer dem Umstand, daß er - entgegen seiner Meinung und auch entgegen der vom Bundesminister für Unterricht und Kunst zum Ausdruck gebrachten Auffassung - nicht gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 ZDG von Amts wegen infolge Vorliegens der in dieser Bestimmung genannten öffentlichen Interessen von der Zivildienstpflicht befreit worden ist.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Ein subjektives öffentliches Recht auf amtswegige Befreiung besteht nicht. Dementsprechend enthält der angefochtene Bescheid auch keinen Abspruch über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine solche Befreiung. Die darauf bezughabenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid haben lediglich informativen Charakter, wie sich aus der Formulierung und dem in der Bescheidausfertigung gegebenen Zusammenhang eindeutig ergibt.

2. In seinen Ausführungen zur Bekämpfung der Annahme der belangten Behörde, Befreiungsgründe im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG lägen nicht vor, macht der Beschwerdeführer der Sache nach geltend, er hätte besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an seiner Befreiung von der Zivildienstpflicht. Er befinde sich im Aufbau einer internationalen Karriere als Konzertpianist und Komponist. Dies erfordere ständiges Üben zur Steigerung der Geläufigkeit und Ausdruckskraft und ständige Kontaktpflege zur Erhöhung der Publizität und seines "Marktwertes". Die Unterbrechung dieser Aktivitäten für mehrere Monate würde einen Rückschlag in seinen Bestrebungen bewirken und ihn gegenüber anderen "andrängenden Konkurrenten" zurückwerfen.

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres einen Zivildienstpflichtigen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes auf dessen Antrag zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

In seiner Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof zu der in Rede stehenden Bestimmung - in Anlehnung an seine Rechtsprechung zum gleichlautenden § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 und dessen Vorgängerbestimmung, dem § 37 Abs. 2 lit. b des Wehrgesetzes 1978 - ausgesprochen, besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von der Zivildienstpflicht könnten dann nicht angenommen werden, wenn der Zivildienstpflichtige seine persönlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht so eingerichtet hat, daß bei Leistung des Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden, obwohl er damit rechnen mußte, zur Zivildienstleistung herangezogen zu werden (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 1988, Zl. 88/11/0017, und vom 18. April 1989, Zl. 89/11/0074). Letzteres war beim Beschwerdeführer - ungeachtet seiner bereits vorher bestandenen Harmonisierungspflicht nach dem Wehrgesetz - seit seiner Anerkennung als Zivildiener im Jahre 1981 der Fall. Wenn der Beschwerdeführer von seinem Recht auf Aufschub des Antrittes der Zivildienstleistung nach § 14 Z. 2 ZDG bis zur Erreichung der in dieser Bestimmung normierten Altersgrenze (der Vollendung des 28. Lebensjahres) Gebrauch gemacht hat, so mußte er damit rechnen, nach Ablauf des Aufschubes zur Leistung des Grundzivildienstes zugewiesen zu werden. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg engegengetreten werden, wenn sie eine Verletzung dieser Harmonisierungspflicht des Beschwerdeführers annahm und im Ergebnis die besondere Rücksichtswürdigkeit der wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung verneint hat. Der Beschwerdeführer hätte während des Aufschubes darauf Bedacht nehmen müssen (etwa in Form eines Begehrens auf sofortige Zuweisung im Sinne des § 10 Abs. 1 ZDG), daß er auch bei höherem "Marktwert" zur Zivildienstleistung herangezogen werden kann und - wenn nicht ein anderer Befreiungsgrund eintritt und anerkannt wird - auch herangezogen werden muß.

Der Beschwerdeführer hat in Wahrheit während des Aufschubes des Antrittes des Grundzivildienstes durch den Aufbau einer Künstlerlaufbahn Tatsachen geschaffen, aus denen er nunmehr die Unzumutbarkeit einer Unterbrechung der Fortsetzung seiner Bestrebungen im bisherigen Ausmaß abzuleiten versucht. Die Argumentation des Beschwerdeführers liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß ein erfolgreicher Berufsmusiker in Ansehung der Befreiung von der Zivildienstpflicht anders zu behandeln wäre, als ein - ebenfalls erfolgreicher - Unternehmer etwa in der gewerblichen Wirtschaft. Das Gesetz bietet hiefür aber keinerlei Anhaltspunkt. In der Rechtsprechung wird im Gegenteil in diesem Zusammenhang der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Verpflichteten hervorgehoben (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 1987, Zl. 87/11/0093, in Form von Rechtsätzen abgedruckt in Slg. Nr. 12.502/A). Wenn auch zwischen den Problemen beim Aufbau einer künstlerischen und einer sonstigen Karriere Unterschiede bestehen mögen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof eine sachliche Differenzierung in Ansehung der Befreiung nach § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nicht zu erkennen.

Daß der Beschwerdeführer durch die Zivildienstleistung einen Rückschlag erleidet - was die belangte Behörde auch anerkennt - begründet nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner geltend gemachten Interessen. Mit einem derartigen Rückschlag haben alle Zivildienst- und Wehrpflichten zu rechnen, die bereits vor Erbringung der jeweiligen in Rede stehenden Dienstleistung ihre berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen haben.

Soweit sich die Behauptung des Beschwerdeführers, in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt zu sein, die auf die Vermutung gestützt wird, es wären bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ihm nicht zur Kenntnis gebrachte Entscheidungsgrundlagen verwertet worden, auch auf die Verneinung von Befreiungsgründen nach § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG bezieht, hat er es unterlassen, darzutun, was er im Verwaltungsverfahren vorgebracht hätte, um einen anderen Bescheid herbeizuführen; sollte der behauptete Verfahrensmangel gegeben sein, so hätte der Beschwerdeführer dessen Wesentlichkeit nicht aufgezeigt.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen des gestellten Begehrens.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110104.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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