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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §188 Abs1 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der A E in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom 18. Jänner 1991, GZ. 6/3-3427/89-09, betreffend Einkommensteuer 1985 und 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erwarb am 30. Mai 1981 im Erbweg eine bebaute Liegenschaft in W. Der Erblasser hatte die in den Jahren 1978 bis 1980 durchgeführten Großreparaturen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1972 im Wege der sog. Zehntelabsetzung steuerlich geltend gemacht. Nach dem Erwerb der Liegenschaft führte die Beschwerdeführerin diese Zehntelabsetzung weiter fort, wie sich aus den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen für 1981 und die Folgejahre ergab. Gleichzeitig machte die Beschwerdeführerin in den Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 1981 von ihrem Wahlrecht im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 Gebrauch und legte den Betrag der Ermittlung der Absetzung für Abnutzung zugrunde, der für die Anschaffung des Gebäudes im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs hätte aufgewendet werden müssen.
Bis einschließlich 1985 wurden vom Finanzamt die Zehntelabsetzung und die AfA des Gebäudes im beantragten Ausmaß anerkannt. Nach einer gemäß § 299 BAO erfolgten Aufhebung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides 1985 durch die Oberbehörde vertrat das Finanzamt die Auffassung, daß die Zehntelabsetzungen für Großreparaturen nicht als Werbungskosten abgesetzt werden dürfen.
In der Berufung gegen den - nach Erlassung des Aufhebungsbescheides ergangenen - Einkommensteuerbescheid 1985 wurde beantragt, die Zehntelabsetzungen für Großreparaturen als Werbungskosten anzuerkennen, die AfA des Gebäudes jedoch vom Einheitswert zu berechnen.
In der Folge wurde auch gegen den Einkommensteuerbescheid 1987 Berufung erhoben, wobei auf das die Einkommensteuer 1985 betreffende Rechtsmittel hingewiesen wurde.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde den Berufungen - abgesehen von einem nicht den Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof bildenden Eventualbegehren - keine Folge gegeben. Die belangte Behörde vertrat darin die Auffassung, daß die Beschwerdeführerin in den Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 1981 das ihr nach § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 zustehende Wahlrecht ausgeübt habe. Für Zeiträume ab 1982 könne aber das Recht auf Absetzung der Zehntelabsetzbeträge nur dann auf den Rechtsnachfolger übergehen, wenn dieser der AfA den Einheitswert zugrundelegt.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 bemißt sich die Absetzung für Abnutzung bei einem nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäude, das nach dem 31. Dezember 1962 unentgeltlich erworben worden ist, nach dem Einheitswert, der für den letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt festgestellt worden ist, oder auf Antrag nach dem Betrag, der für die Anschaffung im Zeitpunkt des Erwerbes hätte aufgewendet werden müssen.
Gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1972 in der - erstmalig bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1982 anzuwendenden - Fassung des Mietrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 520/1981, sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - unter anderem (vgl. Z. 1 der Gesetzesstelle) - Aufwendungen auf Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen, die für die Erhaltung von Gebäuden aufgewendet werden und die nicht regelmäßig jährlich erwachsen (Großreparaturen).
Nach dem zweiten Unterabsatz des § 28 Abs. 2 EStG 1972 in der bezeichneten Fassung geht im Falle der Übertragung des Gebäudes auf eine andere Person das Recht, die noch nicht geltend gemachten Zehntelbeträge als Werbungskosten abzusetzen, verloren. Im Falle des Todes des Steuerpflichtigen geht das Recht, die noch nicht geltend gemachten Zehntelbeträge im Sinne der Z. 1 als Werbungskosten abzusetzen, auf den Gesamtrechtsnachfolger über, wenn der Gesamtrechtsnachfolger der Bemessung der Absetzung für Abnutzung für das erworbene Gebäude den Einheitswert im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 zugrundelegt.
Dem Abgabepflichtigen, der das ihm in § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 eingeräumte Wahlrecht (Einheitswert zum letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt oder fiktive Anschaffungskosten zum Zeitpunkt des Erwerbes) einmal konsumiert hat, steht kein neuerliches Wahlrecht zu (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1989, 88/13/0217, mit weiterem Hinweis).
Die Beschwerdeführerin hat in der von ihr am 10. August 1982 beim Finanzamt eingereichten berichtigten Einkommensteuererklärung für 1981 - dem Jahr des unentgeltlichen Erwerbs - das ihr eingeräumte Wahlrecht im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1972 zugunsten der fiktiven Anschaffungskosten ausgeübt. Gleichzeitig hat die Beschwerdeführerin einen Zehntelbetrag der vom Rechtsvorgänger vorgenommenen Großreparaturen als Werbungskosten geltend gemacht.
§ 28 Abs. 2 zweiter Unterabsatz EStG 1972 in der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung stellt den Grundsatz auf, daß bei der Übertragung des Gebäudes auf eine andere Person die noch nicht geltend gemachten Zehntelbeträge verloren gehen. Lediglich für den Fall des Todes des Steuerpflichtigen ist hinsichtlich der Zehntelabsetzung von Großreparaturen im letzten Satz eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorgesehen. Die Bedingung hiefür - nämlich die Ermittlung der AfA vom Einheitswert - wurde jedoch von der Beschwerdeführerin nicht erfüllt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann dem Gesetz nicht entnommen werden, daß die Anwendung des § 28 Abs. 2 EStG 1972 in der Fassung des Mietrechtsgesetzes davon abhängig war, daß die Übertragung des Gebäudes erst nach dem 1. Jänner 1982 erfolgte. Nach § 58 Abs. 1 Mietrechtsgesetz trat dieses Bundesgesetz am 1. Jänner 1982 in Kraft. Die in Rede stehenden Bestimmungen der beiden letzten Sätze des § 28 Abs. 2 EStG 1972 waren gemäß § 58 Abs. 2 MRG erstmalig bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1982 anzuwenden. Unabhängig vom Zeitpunkt der Übertragung des Gebäudes war daher die Regelung des Mietrechtsgesetzes auf die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des jeweiligen Veranlagungsjahres anzuwenden.
Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Bedenken gegen eine "Quasi-Rückwirkung" der beiden letzten Sätze des § 28 Abs. 2 EStG 1972 in der genannten Fassung werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Es trifft zwar zu, daß gesetzliche Vorschriften, die (nachträglich) an früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition der Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern, zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis führen, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen, etwa indem sie sich als notwendig erweisen, um andere Gleichheitswidrigkeiten zu vermeiden (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1989, G 228/89). Im Beschwerdefall ist aber davon auszugehen, daß bei der Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten - als Grundlage der Berechnung der Absetzung für Abnutzung des Gebäudes - die Tatsache, daß relativ kurze Zeit vor dem maßgeblichen Stichtag eine Großreparatur erfolgt ist, naturgemäß einen entsprechenden Niederschlag gefunden hat. Der letzte Satz des § 28 Abs. 2 EStG 1972 soll nach den Intentionen des Gesetzgebers verhindern, daß ein und derselbe Betrag, der bereits durch eine Zehntelabsetzung von Großreparaturen steuerlich berücksichtigt wurde, im Wege der (durch den Wert der Großreparatur erhöhten) fiktiven Anschaffungskosten ein weiteres Mal die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vermindert. Abgesehen davon, daß eine gesetzliche Regelung entgegen einer allenfalls bestehenden "Verwaltungspraxis" nicht jedenfalls als gleichheitswidrige Verschlechterung der Rechtsposition des Steuerpflichtigen angesehen werden kann, hat der Gesetzgeber mit § 28 Abs. 2 letzter Satz EStG 1972 eine Regelung getroffen, mit der eine sachlich nicht gerechtfertigte Doppel-Berücksichtigung eines Aufwandes und damit eine Gleichheitswidrigkeit vermieden werden soll. Im übrigen war das Mietrechtsgesetz in dem Zeitpunkt, in dem die Beschwerdeführerin das ihr zustehende Wahlrecht ausgeübt hat, bereits im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG sowie - entsprechend dem in der Gegenschrift gestellten Antrag - auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991130062.X00Im RIS seit
11.07.2001