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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §62 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):92/01/0149Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerden 1. des DT, 2. der GT und
3. des mj. AT (dieser vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin), alle in S, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des BMI vom 23.12.1991, Zl. 4.297.026/16-III/13/91, betreffend Ausstellung einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 28. August 1990 stellten die Beschwerdeführer bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien den Antrag, Bescheinigungen über ihre vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Abs. 1 Asylgesetz auszustellen. Am 4. März 1991 brachten die Beschwerdeführer Anträge auf Übergang der Pflicht zur Entscheidung über ihre Anträge vom 28. August 1990 bei der belangten Behörde ein.
Mit Schriftsätzen vom 3. September 1991 erhoben die Beschwerdeführer die zu den hg. Zlen. 91/01/0152, 0153, protokollierten Säumnisbeschwerden, weil die belangte Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist über ihre Anträge entschieden habe. Mit den der belangten Behörde jeweils am 27. September 1991 zugestellten Verfügungen vom 17. September 1991 trug der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde jeweils auf, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Mit Verfügungen vom 8. Jänner 1992 forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde jeweils auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen den Bescheid, falls ein solcher erlassen wurde, in Abschrift vorzulegen, oder die Akten des Verwaltungsverfahrens zu übersenden.
Die belangte Behörde legte daraufhin die nachgeholten und nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide vom 23. Dezember 1991 vor, die dem Vertreter der Beschwerdeführer am 7. Jänner 1992 zugestellt worden waren.
Mit den Beschlüssen vom 26. Februar 1992 wurden die Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG wegen Klaglosstellung der Beschwerdeführer eingestellt.
Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen die Bescheide vom 23. Dezember 1991; unter anderem wird Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des sachlichen Zusammenhanges die Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.
Die belangte Behörde bleibt während der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzten Frist zuständig, verliert diese Zuständigkeit aber mit Ablauf dieser Frist. Damit die Frist gewahrt ist, muß innerhalb derselben der Bescheid durch die belangte Behörde erlassen werden. Erlassen ist der Bescheid gegenüber der Partei, die die Säumnisbeschwerde erhoben hat, wenn er ihr oder ihrem Vertreter zugestellt bzw. mündlich verkündet worden ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/01/0426, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Der nach Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist erlassene Bescheid ist wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wenn der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit als Beschwerdepunkt geltend macht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 535 Abs. 3 und 4 angeführte Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall war die gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzte dreimonatige Frist am 27. Dezember 1991 abgelaufen. Die nachgeholten Bescheide wurden erst durch Zustellung an den Vertreter der Beschwerdeführer am 7. Jänner 1992 erlassen. Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen der von den Beschwerdeführern ausdrücklich geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben (vgl. z.B. das oben bereits zitierte Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 89/01/0426).
Ergänzend ist zu bemerken, daß zur Entscheidung über die Anträge der Beschwerdeführer vom 28. August 1990 in erster Instanz nicht die von diesen angerufene Sicherheitsdirektion, sondern die Bezirksverwaltungsbehörde bzw. Bundespolizeibehörde zuständig gewesen wäre (vgl. § 5 Abs. 4 Asylgesetz).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010148.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
17.03.2009