TE Vwgh Beschluss 1992/7/1 91/01/0209

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Veröffentlicht am 01.07.1992
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Index

L03503 Gemeindewahl Bürgermeisterwahl Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art141;
B-VG Art144;
GdWO NÖ §57;
GdWO NÖ §58 Abs3;
GdWO NÖ §68 Abs1;
GdWO NÖ §70 Abs1;
GdWO NÖ §70 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der Hennersdorfer Bürgerinitiative, vertreten durch den Zustellungsbevollmächtigten H, dieser vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Landes-Hauptwahlbehörde beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Juli 1990, Zl. II/1-338/3-90, betreffend die Anfechtung von Wahlergebnissen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende "Hennersdorfer Bürgerinitiative" ist eine nach den Vorschriften des Parteiengesetzes 1975 errichtete politische Partei. Bei den am 25. März 1990 durchgeführten Wahlen zum Gemeinderat der Gemeinde Hennersdorf erhielten die SPÖ 11, die ÖVP 5 und die Beschwerdeführerin 3 Mandate. In der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates faßte dieser unter anderem (einstimmig) den Beschluß, insgesamt sieben Ausschüsse einschließlich des Prüfungsausschusses mit jeweils vier Mitgliedern je Ausschuß zu bestellen. Über Vorschlag der SPÖ und der ÖVP wurden sodann die Mitglieder der Ausschüsse gewählt; die Beschwerdeführerin hatte keinen Wahlvorschlag erstattet. Den Ausschüssen gehören auf Grund des Ergebnisses dieser Wahlen ausschließlich Mandatare der SPÖ und der ÖVP an. Die Mitglieder des jeweiligen Ausschusses wählten in der Folge jeweils aus ihrer Mitte einstimmig die Obmänner der Ausschüsse.

Der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführerin erhob "wegen gesetzwidriger Besetzung der Obmannstellen der Ausschüsse" Beschwerde an die Bezirkswahlbehörde mit dem Begehren, die Wahl aufzuheben und eine Wiederholung anzuordnen. Nach Erlassung eines diese Beschwerde abweisenden Bescheides durch die Bezirkswahlbehörde erhob er Beschwerde an die Landes-Hauptwahlbehörde beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung.

Mit dem Bescheid vom 3. Juli 1990 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführerin fehlt die Beschwerdeberechtigung, weil sie durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt sein kann. Nach § 57 NÖ-GWO kann das Wahlergebnis von dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei, die rechtzeitig einen Wahlvorschlag vorgelegt hat (§ 29) und von jedem Wahlwerber, der behauptet, in seinem

passiven Wahlrecht verletzt worden zu sein, ... durch

Beschwerde angefochten werden. Schon aus der systematischen Anordnung der Vorschrift im Zusammenhang mit den sonstigen die Wahlen zum Gemeinderat betreffenden Regelungen und dem darin enthaltenen Verweis auf die Vorlage eines Wahlvorschlages im Sinne des § 29 leg. cit., welche Vorschrift ebenfalls die Wahlen zum Gemeinderat betrifft, folgt, daß § 57 NÖ-GWO (ausschließlich) die Möglichkeit der Anfechtung des Ergebnisses von Wahlen zum Gemeinderat eröffnet. Dabei handelt es sich um die Einrichtung eines Rechtsbehelfes, der als Instanzenzug im Sinne des Art. 144 B-VG (ebenso Art. 141 B-VG) zu werten ist (vgl. zur insoweit entsprechenden Vorschrift des § 58 Abs. 3 NÖ-GWO das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1976, Slg. Nr. 7812).

Einen solchen Rechtsbehelf eröffnen weiters die Vorschriften des § 58 Abs. 3 NÖ-GWO (Einberufung eines Ersatzmannes als Gemeinderat bei Amtsverlust oder Ausscheiden eines Mitgliedes des Gemeinderates), § 68 Abs. 1 NÖ-GWO (Wahl des Bürgermeisters und des Gemeindevorstandes) und - in Form der Anordnung der sinngemäßen Anwendung von § 68 GWO - § 70 Abs. 1 NÖ-GWO (Wahl der Gemeinderatsausschüsse).

Wie schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 70 Abs. 1 NÖ-GWO im Verhältnis zu Abs. 4 leg. cit. folgt, unterscheidet das Gesetz zwischen der "Wahl der Gemeinderatsausschüsse", das heißt der Wahl der Mitglieder der Gemeinderatsausschüsse, und der "Wahl des Obmannes und des Obmannstellvertreters eines Gemeinderatsausschusses". Während das Gesetz im § 70 Abs. 1 leg. cit. die sinngemäße Anwendung unter anderem der die Wahlanfechtung regelnden Vorschrift des § 68 leg. cit. anordnet, fehlt eine solche Anordnung in der die Wahl des Obmannes und Obmannstellvertreters eines Gemeinderatsausschusses regelnden Vorschrift des § 70 Abs. 4 leg. cit. Die zuletzt zitierte Vorschrift ordnet lediglich die sinngemäße Geltung von § 30 Abs. 3 der NÖ-Gemeindeordnung 1973 sowie von § 66 NÖ-GWO (Wahl des Vizebürgermeisters) an, welche Vorschriften keine Anfechtungsmöglichkeit eröffnen. Daraus folgt, daß die die Wahlanfechtung regelnde Vorschrift des § 68 NÖ-GWO lediglich auf die Wahl der Mitglieder der Ausschüsse, nicht aber auf die Wahl des Obmannes bzw. Obmannstellvertreters jedes dieser Ausschüsse anwendbar ist (vgl. bei entsprechender Rechtslage - §§ 27, 28 der Gemeindeordnung 1967 des Bundeslandes Steiermark, LGBl. Nr. 115, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 1982, Zl. 81/01/0013).

Betreffend die Wahl des Obmannes und Obmannstellvertreters eines Gemeinderatsausschusses eröffnet das Gesetz somit nicht die Möglichkeit der Anfechtung vor den Wahlbehörden. Diese hätten die Beschwerden somit als unzulässig zurückweisen müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde das Rechtsmittel sachlich behandelte und es abwies, statt im Wege der Abänderung des Bescheides der Behörde erster Instanz die Beschwerde zurückzuweisen, wird die Beschwerdeführerin nicht schlechter gestellt; sie konnte daher durch die Abweisung nicht in ihren Rechten verletzt sein (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 432 Abs. 1 zitierte Rechtsprechung).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991010209.X00

Im RIS seit

01.07.1992

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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