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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb B-VG Art144 Abs1 / Bescheid VfGG §33 VfGG §34 ZPO §146Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine bloße behördliche Mitteilung über die Vorführung des Beschwerdeführers infolge Nichtbefolgung eines Ladungsbescheides mangels tauglichen Beschwerdegegenstandes; Unzulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages mangels Fristversäumnis bzw. eines Wiederaufnahmsantrages mangels Beendigung des wiederaufzunehmenden VerfahrensSpruch
Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens werden zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. In seiner nicht von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterfertigten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten und zur hg. AZ B657/89 protokollierten Beschwerde vom 5. Juni 1989 an den Verfassungsgerichtshof wendete sich der Einschreiter Mag. F G gegen den ihm von Gendarmeriebeamten am 5. Juni 1989 mündlich eröffneten "Vorführungsbefehl" des Militärkommandos Niederösterreich vom 9. Mai 1989, Z7194-1111/91/89, und begehrte unter einem die Bewilligung der Verfahrenshilfe für diese Rechtssache (die ebenfalls am 5. Juni 1989 erhobenen Beschwerden gegen die zwangsweise Vorführung durch Gendarmerieorgane und gegen den Beschluß der Stellungskommission beim Militärkommando Niederösterreich bilden den Gegenstand der hg. Beschwerdeverfahren AZ B656 und 658/89).
Des weiteren stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. November 1989 die (mit dem Begehren auf Bewilligung der Verfahrenshilfe verbundenen) Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens AZ B657/89 (protokolliert zu AZ B1496,1497/89).
2.1.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen letztinstanzliche Bescheide von Verwaltungsbehörden und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person.
2.1.2. Einen derartigen Verwaltungsakt bekämpft der Einschreiter mit seiner Beschwerde jedoch nicht: Denn ganz abgesehen von dem hier nicht weiter zu erörternden Umstand, daß es im konkreten Fall weder zu einer Zustellung noch zu einer niederschriftlichen Beurkundung der mündlichen Verkündung des "Vorführungsbefehles" kam, handelt es sich bei diesem Verwaltungsakt in Wahrheit bloß um eine den Beschwerdeführer informierende Mitteilung des Inhalts, daß er zur Behörde vorgeführt werde, weil er einem Ladungsbescheid unentschuldigt keine Folge geleistet habe (s. dazu zB VfSlg. 8323/1978, 8365/1978).
Da die von Mag. F G bekämpfte, mit "Vorführung zur Behörde" übertitelte Erledigung des Militärkommandos Niederösterreich somit weder als Bescheid noch als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu werten ist, erweist sich die Beschwerde dagegen als unzulässig.
2.2. Gemäß §33 VerfGG 1953 kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden: Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zu Folge hatte.
Erste Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages ist somit die Versäumung einer befristeten Prozeßhandlung. Eine derartige, den Beschwerdeführer zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages legitimierende Fristversäumung liegt jedoch nicht vor: Denn abgesehen von der Tatsache, daß der Einschreiter ohnehin bereits am 5. Juni 1989 die zur AZ B657/89 protokollierte Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den "Vorführungsbefehl" vom 9. Mai 1989 erhoben hatte, lief hier angesichts des Umstands, daß der bekämpfte Verwaltungsakt - wie zu Punkt 2.1.2. dargelegt - gar nicht nach Art144 B-VG in Beschwerde gezogen werden kann, überhaupt keine Frist, die der Beschwerdeführer hätte versäumen können.
Der Wiedereinsetzungsantrag erweist sich darum als unzulässig.
2.3. Gleiches gilt für den von Mag. F G ohne jegliche Begründung gestellten Wiederaufnahmeantrag, weil das zur AZ B657/89 protokollierte und nach seinem Willen wiederaufzunehmende Verfahren (über die Beschwerde gegen den "Vorführungsbefehl") noch gar nicht abgeschlossen war.
3.1. Nach §63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953 ist einer Partei Verfahrenshilfe nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Da sich vor dem Hintergrund der im Abschnitt 2. ausgebreiteten Sach- und Rechtslage die vom Einschreiter mit seiner Beschwerde und seinen Wiedereinsetzungs- und Wiederaufnahmsanträgen angestrebte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof als offenkundig aussichtslos erweist, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als unbegründet abzuweisen.
3.2. Aus den zu Punkten 2.1.1. bis 2.3. dargelegten Gründen mußten schließlich auch die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die Beschwerde gegen den "Vorführungsbefehl" als unzulässig zurückgewiesen werden.
3.3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §§33, 34 und 35 VerfGG 1953 und §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Bescheidbegriff, VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / WiederaufnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B657.1989Dokumentnummer
JFT_10099774_89B00657_00