TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/1 92/01/0066

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Veröffentlicht am 01.07.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr.Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der B in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1991, Zl. 4.296.287/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1991 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, ist am 12. Jänner 1990 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 2. März 1990 den dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Asylantrag gestellt. Bei ihrer Erstbefragung am 19. Mai 1990 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gab sie an, der albanischen Minderheit in Jugoslawien anzugehören und weder der kommunistischen Partei noch einer ihrer Teilorganisationen als Mitglied angehört zu haben. Deshalb, weil sich ihr Lebensgefährte nach Österreich begeben habe, habe auch sie sich zur Ausreise entschlossen. Sie habe den Freiheitskampf in der Provinz Kosovo dadurch unterstützt, indem sie Medikamente für verletzte Freiheitskämpfer aus dem Krankenhaus gestohlen habe, und es sei nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis man sie wegen Diebstahls bestraft hätte. Sie habe ihre Heimat trotz des Umstandes, daß sie hochschwanger gewesen sei, verlassen, um ihr Kind in einem Land zur Welt zu bringen, in dem Recht und Ordnung herrschten. Sie sei einer konkreten politischen Verfolgung jedoch nicht ausgesetzt gewesen und möchte nun in einem freien Land leben. In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 25. Juli 1990 brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, daß sie - wie sie bereits bei ihrer Erstbefragung angegeben habe - "wegen meinem Mann", der von der jugoslawischen Polizei gesucht worden sei, ihr Heimatland verlassen und - was die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides unerwähnt gelassen hat - auch Angst vor ihrer (bevorstehenden) Entbindung wegen der damit verbundenen Gefährlichkeit in jedem Krankenhaus in ihrem Heimatland gehabt habe.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, daß sie "vor ihrer Flucht nach Österreich nach ihrer Kenntnis nicht einer persönlichen Verfolgungsmaßnahme ausgesetzt" gewesen sei. Sie hält jedoch der Auffassung der belangten Behörde, daß bei der Beschwerdeführerin keine wohlbegründete Furcht, wegen eines der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe verfolgt zu werden, bestehe, entgegen, daß ihre Situation so beschaffen gewesen sei, daß sie jederzeit mit einer solchen Verfolgungsmaßnahme habe rechnen müssen, "sobald ihr Verhalten den Behörden bekannt geworden wäre". Dabei nimmt sie Bezug auf den von ihr behaupteten Medikamentendiebstahl. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren diesen Umstand - insbesondere im Hinblick darauf, daß sie ihn in ihrer Berufung nicht einmal erwähnt hat - als (ebenfalls) maßgeblich für das Verlassen ihres Heimatlandes geltend gemacht hat und ob es sich bei dieser strafbaren Handlung - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - lediglich um eine allgemeine kriminelle Handlung handelt, wegen deren Begehung die Beschwerdeführerin eine Verfolgung befürchtet. Für ihren Standpunkt ist nämlich schon deshalb nichts zu gewinnen, weil nur von einer abstrakten Möglichkeit einer Verfolgung wegen des Medikamentendiebstahles ausgegangen werden könnte, hat doch die Beschwerdeführerin gar nicht dargetan, daß diese Tat den Behörden ihres Heimatlandes in der Zwischenzeit bereits bekannt geworden sei oder aufgrund welcher Umstände damit zu rechnen sei, daß sie ihnen noch bekannt werden würde. Schließlich sind auch die Hinweise der Beschwerdeführerin allgemeiner Natur über die Verhältnisse im Kosovo, denen die Volksgruppe der Albaner ausgesetzt sei, nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010066.X00

Im RIS seit

01.07.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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