Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Februar 1992, Zl. UVS-04/22/211/91, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. August 1991 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B Ges.m.b.H., X, S-Straße 25, dafür verantwortlich, daß, wie aus einer Anzeige des Magistratischen Bezirksamtes für den nn. Bezirk, vom 18.2.1991, hervorgeht, Ihre weitere Betriebsstätte W, H-Gasse 10, seit 8.10.1990 bis jetzt ohne die hiezu erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben wird.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Diesem Straferkenntnis lag die Übermittlung von Anzeigen durch das Magistratische Bezirksamt für den 23. Wiener Gemeindebezirk mit Schreiben vom 18. Februar 1991 zugrunde, in der abschließend angeführt wurde, daß der gegenständliche Verwaltungsstrafakt "wegen Errichtung und Betreibung einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 gemäß § 27 VStG 1950" zuständigkeitshalber abgetreten werde, da die in Rede stehende Gesellschaft ihren Sitz in Wels habe.
Über eine gegen das vorbezeichnete Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers erkannte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom 17. Februar 1992 dahin, daß das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt werde, daß die ersten beiden Absätze des Spruches wie folgt zu lauten hätten:
"Sie haben es 1) als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma B Ges.m.b.H., X, S-Straße 25, zu verantworten, daß diese Gesellschaft im Zeitraum vom 8.10.1990 bis 12.5.1991 die durch eine mögliche Lärmbelästigung der Nachbarn genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Standort W, H-Gasse 10, zur Ausübung des Handelsgewerbes ohne die erforderliche behördliche Genehmigung betrieben hat und 2) als gewerberechtlicher Geschäftsführer der obgenannten Firma zu verantworten, daß diese Gesellschaft im Zeitraum vom 13.5.1991 bis 1.7.1991 die obgenannte genehmigungspflichtige Betriebsanlage zur Ausübung des Handelsgewerbes ohne die erforderliche behördliche Genehmigung betrieben hat.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
ad 1) § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 i.d.g.F. i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG und ad 2) § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 i.d.g.F. i. V.m. § 39 Abs. 1 GewO."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten entgegen den Bestimmungen des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 i. V.m. § 24 Abs. 1 VStG und § 66 Abs. 4 AVG nicht von der Berufungsbehörde für eine andere Tat als von der erstinstanzlichen Behörde bestraft zu werden und entgegen §§ 27 und 29a VStG nicht von der unzuständigen Behörde bestraft zu werden und auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß § 19 VStG" verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes u.a. vor, gemäß § 27 VStG sei jene Behörde zur Ahndung von Verwaltungsübertretungen örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden sei, im vorliegenden Fall also die Gewerbebehörde in Wien. Gemäß § 29a VStG könne allerdings die zuständige Behörde das Strafverfahren an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt habe, dies allerdings nur dann, wenn dadurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt werde. Im gegenständlichen Strafverfahren sei, insbesondere zur Beurteilung der subjektiven Tatseite, auf die Umstände des in Wien anhängigen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens Rücksicht zu nehmen. Da dies nur die Wiener Gewerbebehörde könne, werde durch eine Übertragung an den Bürgermeister der Stadt Wels das Verfahren sicherlich nicht wesentlich vereinfacht oder beschleunigt und es verletzte ihn daher die rechtswidrige Übertragung in seinem Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde.
In ihrer Gegenschrift brachte die belangte Behörde hiezu vor, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei sachlich wie rechtlich unrichtig. Sachlich deshalb, weil es weder im Rahmen des erstinstanzlichen noch im zweitinstanzlichen Verfahren zu einer Übertragung der Zuständigkeit im Sinne des § 29a VStG - durch welche sich der Beschwerdeführer beschwert erachte - gekommen sei. Der Aktenlage sei bloß zu entnehmen, daß der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den nn. Bezirk, mit Schreiben vom 18. Februar 1991 den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt an den Magistrat der Stadt X zuständigkeitshalber abgetreten habe, da sich der Sitz der in Rede stehenden Gesellschaft in X befinde. Dieses Faktum sei maßgebend für die Bestimmung der erstinstanzlichen örtlichen Zuständigkeit und daher maßgebend für die stattgehabte Abtretung an die örtlich zuständige erstinstanzliche Behörde.
Die Beschwerde ist begründet:
Nach § 27 Abs. 1 VStG ist die Behörde für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist.
Gemäß § 51 Abs. 1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0107, unter Hinweis auf die dort angeführte weitere hg. Rechtsprechung dargetan hat, ist die Strafbestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 auf die Errichtung und den Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage abgestellt. Es kann daher nicht angenommen werden, daß die in Rede stehende Verwaltungsübertretung - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen - nicht am Standort der Betriebsanlage sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wäre, weshalb auch im Beschwerdefall kein Hinweis für eine andere gemäß § 27 Abs. 1 VStG örtlich zuständige Behörde als die für den Standort der im Straferkenntnis bezeichneten Betriebsstätte in Wien 23., Hödlgasse 10, besteht.
Dementsprechend schritt auch in Übereinstimmung mit § 51 Abs. 1 VStG die belangte Behörde als örtlich zuständige Berufungsbehörde ein. Ausgehend von der dargestellten Sach- und Rechtslage hätte aber im Hinblick auf den nach den obigen Darlegungen in Betracht kommenden Tatort die belangte Behörde die örtliche Unzuständigkeit des im Beschwerdefall als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz eingeschrittenen Bürgermeisters der Stadt X im Rahmen ihrer gemäß § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) gegebenen Sachentscheidungsbefugnis wahrnehmen müssen. In diesem Zusammenhang ist zu den Darlegungen in der Gegenschrift der belangten Behörde, wonach die Erstbehörde im Hinblick auf den durch den Sitz der in Rede stehenden Gesellschaft bestimmten Tatort örtlich zuständig gewesen sei, darauf hinzuweisen, daß bei Zutreffen dieses - nicht der vordargestellten Rechtslage entsprechenden Umstandes - im Hinblick auf § 51 Abs. 1 VStG ihre Zuständigkeit als Berufungsbehörde nicht vorgelegen wäre.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie durch Nichtwahrnehmung der Unzuständigkeit der im beschwerdegegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren eingeschrittenen Strafbehörde erster Instanz den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040100.X00Im RIS seit
02.07.1992