TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/2 92/06/0107

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Veröffentlicht am 02.07.1992
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Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L85005 Straßen Salzburg;

Norm

BauRallg;
LStG Slbg 1972 §2;
ROG Slbg 1977 §13 Abs1;
ROG Slbg 1977 §13 Abs2;
ROG Slbg 1977 §19 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der N-Gesellschaft m.b.H. & Co. OHG in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 27. April 1992, Zl. MD/00/8 0693/91/4 (BBK/95/91), betreffend Abweisung eines Bauansuchens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist im Rahmen eines Bestandverhältnisses mit den Österreichischen Bundesbahnen als Grundeigentümer der Grundstücke Nr. 1087/50, 1088/6 (Teil), 1089/4 (Teil) und 1089/1 (Teil) KG A, an der H-Straße, privatrechtlich zur Errichtung und zum Betrieb einer Tankstelle auf diesen Grundflächen berechtigt. Dort habe sich bereits von 1960 bis 1986 eine Tankstelle befunden. Ein Antrag der Österreichischen Bundesbahnen (als Grundeigentümerin) auf Erteilung einer raumordnungsgemäßen Bewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG 1977 zur Errichtung eines Tankstellengebäudes auf den betreffenden Grundflächen wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Salzburg vom 18. April 1991 abgewiesen und ist in der Folge in Rechtskraft erwachsen.

Mit Ansuchen vom 22. September 1986 hat die Beschwerdeführerin um Erteilung der Baubewilligung für die Neuerrichtung einer Tankstelle angesucht. Mit Zuschrift des Magistrates der Stadt Salzburg vom 17. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführerin vorgehalten, daß wegen des negativen Ausganges des Einzelgenehmigungsverfahrens mit einer Abweisung des Baubewilligungsansuchens vorgegangen werden müsse. Daraufhin hat die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 1. Juli 1991 den Standpunkt vertreten, daß es einer Einzelgenehmigung nicht bedürfe, weil schon aufgrund der gegebenen Widmung als Verkehrsfläche die Tankstellenerrichtung zu genehmigen sei. Die Widmung der gegenständlichen Grundflächen als Verkehrsfläche gemäß § 13 Abs. 3 ROG 1977 bedeute, daß auch die "dazugehörigen baulichen Anlagen" zulässig seien und daß dazu auch Tankstellen gezählt werden müßten.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Salzburg vom 26. August 1991 wurde die beantragte Baubewilligung versagt. Begründet würde diese Versagung damit, daß in dem geltenden Flächenwidmungsplan für die gegenständlichen Grundflächen die Nutzungsart "Verkehrsfläche" festgelegt sei und die beantragte bauliche Maßnahme dieser Widmung widerspreche.

Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin hat die Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. April 1992 abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darlegung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten, daß im geltenden Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Salzburg für die gegenständlichen Grundstücke die Nutzungsart "Verkehrsfläche" ausgewiesen sei. Weiters sei unstrittig, daß die beantragte raumordnungsrechtliche Einzelbewilligung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 versagt worden sei. Die Ausweisung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke als Verkehrsfläche sei nicht als "wichtige Verkehrsfläche der Gemeinde" im Sinne des § 13 Abs. 1 ROG, sondern allein deshalb erfolgt, weil sich diese Grundstücke im Bereich der im Eigentum der Republik Österreich stehenden Eisenbahnanlagen befänden; die Ausweisung der erwähnten Grundstücke sei somit gemäß § 13 Abs. 2 ROG 1977 erfolgt, sie seien gemäß § 11 Abs. 2 leg. cit. als "Eisenbahnen mit Bauverbots- und Feuerbereich" kenntlich gemacht. Bereits unter diesem Aspekt erweise sich die Argumentation der Beschwerdeführerin, der Betrieb der Tankstelle würde der Abwicklung des Verkehrs dienen, als verfehlt; es bedürfe wohl keiner besonderen Begründung, daß der (nicht auf die Eisenbahn bezogene und mit dem Betrieb der Österreichischen Bundesbahnen in keinerlei Weise in Verbindung stehende) gewerbliche Betrieb einer Tankstelle mit Tankanlage, Tankstelle mit Kiosk und Prüfraum für Kraftfahrzeuge keine Nebenanlage zu einer Eisenbahn darstelle. Aber selbst dann, wenn - was allerdings aufgrund der eindeutigen Darstellung im Flächenwidmungsplan nicht der Fall sei - die gegenständlichen Grundstücke als Verkehrsfläche gemäß § 13 Abs. 1 ROG gewidmet worden wären, würde dies der Berufung zu keinem Erfolg verhelfen, weil die Tankstelle auch keine "dazugehörige" bauliche Anlage im Sinne des § 13 Abs. 3 ROG sei. Was unter "dazugehörigen" Anlagen zu verstehen sei, ergebe sich eindeutig aus der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 2 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Für die Entscheidung sind folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

§ 9 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 117/1973, i. d.F. LGBl. Nr. 75/1988:

"§ 9 (Entscheidung über das Bewilligungsansuchen)

(1) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist der Fall, wenn

a) die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung widerspricht, sofern es sich nicht um eine im Einzelfall zulässige Verwendung (§ 19 Abs. 3 und § 24 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977) handelt.

Salzburger Raumordnungsgesetz 1977 - ROG 1977, LGBl. Nr. 26/1977 i.d.F. LGBl. Nr. 22/1991:

§ 13 (Verkehrsflächen)

(1) Als Verkehrsflächen sind wichtige Verkehrsflächen der Gemeinde samt den dazugehörigen baulichen Anlagen und den angrenzenden Grünstreifen, die für die Anlage oder ihren Schutz notwendig sind, auszuweisen. Hiezu gehören auch solche Verkehrsflächen, die in nächster Zukunft einem solchen Zweck gewidmet werden sollen.

(2) Bundes- und Landesstraßen samt den angeführten Nebenanlagen und Grünstreifen, Eisenbahnen samt ihren Nebenanlagen sowie Flugplätze sind ebenfalls als Verkehrsflächen auszuweisen, ohne daß sich hieraus für ihre Planung und Errichtung auf Grund dieses Gesetzes Beschränkungen ergeben.

§ 19 (Wirkung des Flächenwidmungsplanes)

(1) Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirken und die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften einer Baubewilligung, Genehmigung oder dgl. der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich oder einer sonstigen, auf Grund baurechtlicher Vorschriften des Landes zu erteilenden Bewilligung u. dgl. bedürfen, können vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung, insbesondere Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes (§ 12) und entsprechend der festgelegten Nutzungsart bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden. In Aufschließungsgebieten sind die genannten Maßnahmen erst zulässig, wenn die Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg der Gemeinderat) ausdrücklich feststellt, daß der widmungsgemäßen Verwendung öffentliche Rücksichten nicht mehr entgegenstehen. Aus der Widmung umgebender Gebiete ergeben sich keine Einschränkungen für die zulässige Nutzung. Der Nachweis, daß ein Vorhaben der betreffenden Widmung entspricht, vor allem gegebenenfalls der Nachweis, daß es sich nicht um die Errichtung von Apartmenthäusern, Feriendörfern oder Wochenendsiedlungen oder von Einkaufszentren handelt, obliegt dem Bewerber. Die Landesregierung hat unbeschadet der nach baurechtlichen Bestimmungen gegebenen diesbezüglichen Anforderungen durch Verordnung jene Unterlagen zu bestimmen, die zur genauen Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind."

Die Beschwerdeführerin führte zunächst aus, daß § 9 Abs. 1 lit. a des Baupolizeigesetzes nicht auf das Erfordernis abstelle, daß die bauliche Maßnahme durch den Flächenwidmungsplan ERLAUBT SEIN MÜSSTE. Eindeutig ergibt sich aus der zitierten Bestimmung, daß die Bewilligung zu versagen ist, wenn die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung widerspricht. Was der Widmung entspricht, ist in den §§ 12 bis 14 des Raumordnungsgesetzes geregelt. Ein konkretes Bauvorhaben kann aber der festgesetzten Flächenwidmung entweder entsprechen oder mit dieser unvereinbar sein. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.

Während die belangte Behörde aufgrund der ihrer Meinung nach eindeutigen Ausweisung im Flächenwidmungsplan davon ausgeht, daß die gegenständliche Verkehrsfläche gemäß § 13 Abs. 2 ROG festgesetzt ist, meint die Beschwerdeführerin, es sei nicht auszuschließen, daß doch § 13 Abs. 1 ROG maßgeblich sei. Sachverhaltsbezogen kann es aber dahingestellt bleiben, ob für die vorliegende Verkehrsfläche eine Ausweisung gemäß § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 Raumordnungsgesetzes erfolgte. Die gegenständliche Tankstelle ist nämlich weder eine "dazugehörige bauliche Anlage" im Sinne des § 13 Abs. 1 noch eine Nebenanlage im Sinne des Abs. 2 dieser Bestimmung:

§ 13 Abs. 1 ROG enthält keine Definition des Begriffes "dazugehörige bauliche Anlagen". Der Salzburger Landesgesetzgeber hat jedoch im § 2 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 normiert, daß Plätze, Straßen, Gräben und Kunstbauten jeder Art im Zuge von Straßen Teile der Straße sind, und die zur dauernden Erhaltung und zum nachhaltigen und dauernd gesicherten Betrieb einer Straße erforderlichen Anlagen und Baulichkeiten der Straße zugehörig sind, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie im Eigentum eines anderen stehen. Nun ist die vorgesehene Tankstelle zum nachhaltigen und dauernd gesicherten Betrieb einer Straße nicht erforderlich. Daß die Tankstelle die Treibstoffversorgung der die Straße befahrenden Fahrzeuge sicherstellt, ändert nichts an der Tatsache, daß die Straße selbst auch ohne eine Tankstelle erhalten und betrieben wird. Die Tankstelle ist somit keine dazugehörige bauliche Anlage im Sinne des § 13 Abs. 1 ROG.

Während die Festsetzung von Verkehrsflächen der Gemeinde in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt, fallen bestimmte planende Maßnahmen, wie im besonderen solche auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens, des Bergwesens, des Forstwesens und des Wasserrechtes oder solche, die Angelegenheiten der Bundesstraßen betreffen, nicht in die Zuständigkeit der Länder (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1975, Zlen. G 7/75-13, V9/75-13). In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof weiter ausgeführt, daß die Zuständigkeit des Bundes nicht bedeutet, daß es dem Landesgesetzgeber verwehrt wäre, die Gemeinden unter dem Gesichtspunkt des Baurechtes zu ermächtigen, bei der Normierung von Bauverboten und Baubeschränkungen auch auf Projekte oder Planungen Bedacht zu nehmen, die Bundesstraßen betreffen. Gleiches gilt für Eisenbahnanlagen. Die Ausweisung als Verkehrsfläche gemäß § 13 Abs. 2 ROG bedeutet somit nur, daß die Gemeinde im Flächenwidmungsplan auf vom Bund geplante oder errichtet Projekte Bedacht genommen hat und die so ausgewiesenen Verkehrsflächen von anderen, als im § 13 Abs. 2 ROG genannten Anlagen und Nebenanlagen, frei zu halten sind.

Sachverhaltsbezogen war daher zu prüfen, ob die Tankstelle eine Nebenanlage der Eisenbahn ist. Aus der Formulierung "Eisenbahnen samt IHRER" (richtig wohl: ihren) Nebenanlagen ist zu schließen, daß es sich hier (unmittelbar) um Nebenanlagen von Eisenbahnen handeln muß, und nicht nur um Einrichtungen, die allenfalls in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Personen- und Güterbeförderung stehen. Die Beschwerdeführerin hat nicht behauptet, daß ihre Tankstelle mit dem Betrieb der Österreichischen Bundesbahnen in Verbindung stehe. Die nach Ansicht der Beschwerdeführerin unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Funktion wesentliche und unverzichtbare Kombination mit dem Straßenverkehr macht eine bahnfremde Tankstelle zu keiner Nebenanlage einer Eisenbahn. Die Frage der sinnvollen Kombination von Eisenbahn und Straßenverkehr und im Zusammenhang damit, der Zweckmäßigkeit der Errichtung einer Tankstelle in Bahnhofsnähe wäre allenfalls im Verfahren gemäß § 19 Abs. 3 ROG zu prüfen; dieses Verfahren wurde, wie unbestritten blieb, rechtskräftig mit der Abweisung eines diesbezüglichen Antrages der Österreichischen Bundesbahn abgeschlossen.

Tankstellen sind - als Betriebe, die der Lagerung und der Abgabe von Treibstoffen für Kraftfahrzeuge dienen - gemäß § 12 Abs. 3 ROG vielmehr in reinen Wohngebieten (§ 12 Abs. 1 Z. 1 ROG), erweiterten Wohngebieten (§ 12 Abs. 1 Z. 2 ROG), Kerngebieten (§ 12 Abs. 1 Z. 3 ROG), Dorfgebieten (§ 12 Abs. 1 Z. 3a) und Zweitwohnungsgebieten (§ 12 Abs. 1 Z. 6 ROG) zulässig, wenn die Lagermenge 2500 Liter nicht überschreitet. Für größere Tankstellen kommen nur Gewerbe- und Industriegebiete, sowie Gebiete für Einkaufszentren in Betracht (§ 12 Abs. 1 Z. 4, 5 und 7 ROG). Aufgrund dieser - zu § 18 des NÖ ROG verschiedenen - Rechtslage geht auch der Versuch einer auf das Niederösterreichische Raumordnungsgesetz gestützten begrifflichen Ableitung des Begehrens der Beschwerdeführerin fehl.

Da somit schon aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid zu erkennen ist, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060107.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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