TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/2 92/04/0104

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.1992
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §73 Abs2;
AVG §73 Abs6;
GewO 1973 §339 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der I Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 24. Februar 1992, Zl. 314.868/1-III/5/92, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der Sprucheinleitung des Bescheides vom 24. Februar 1992 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über das von der Beschwerdeführerin gemäß § 73 AVG gestellte, am 2. Dezember 1991 beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingelangte Verlangen auf Übergang der Zuständigkeit über das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Genehmigung der Bestellung des B zum Geschäftsführer für die Ausübung des der I-Gesellschaft m.b.H. im Standort W, O-Gasse 26, zustehenden Reisebürogewerbes gemäß § 208 Abs. 1 GewO 1973 als Pächter an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten dahin, daß das Verlangen gemäß § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit der am 27. Mai 1991 beim Amt der Wiener Landesregierung eingelangten Eingabe habe die Beschwerdeführerin das vorbezeichnete Ansuchen um Genehmigung der Bestellung des B zum Geschäftsführer eingebracht. Diesem Ansuchen seien die Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familienname der als Geschäftsführer namhaft gemachten Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienten, nicht angeschlossen gewesen. Diese Unterlagen seien bis jetzt nicht vorgelegt worden. Des weiteren wurde unter Bezugnahme auf § 73 Abs. 1 und 2 AVG ausgeführt, da das Ansuchen am 27. Mai 1991 bei der zuständigen Behörde eingebracht worden sei, sei die Sechsmonatefrist am 2. Dezember 1991, dem Tag der Einbringung des Verlangens gemäß § 73 AVG, bereits abgelaufen gewesen. Gemäß § 341 Abs. 3 GewO 1973 sei das Ansuchen um Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers (§ 39 Abs. 5) bei der für die Erteilung der Konzession zuständigen Behörde einzubringen. Diesem Ansuchen seien die im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 leg. cit. angeführten Belege betreffend die Person des Geschäftsführers anzuschließen. Das Fehlen von Beilagen, deren Beschaffung der Partei aus Eigeninitiative möglich sei, sei ein nach § 13 Abs. 3 AVG zu behebendes Formgebrechen. Bei den im § 339 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. angeführten Belegen - den oben genannten Urkunden - handle es sich um derartige Beilagen. Das Ansuchen vom 27. Mai 1991 sei daher mit einem Formgebrechen gemäß § 13 AVG behaftet. Ob in der Unterlassung eines Auftrages nach § 13 AVG zur Behebung eines Formgebrechens - nach der Aktenlage liege ein solcher Auftrag nicht vor - ein Verschulden der Behörde zu erblicken sei, könne dahingestellt bleiben, da es gemäß § 73 Abs. 2 AVG allein auf die Frage ankomme, ob die Verzögerung der Erledigung ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Davon könne jedoch "trotz eines Bejahens des ausschließlichen Verschuldens seitens des Amtes der Wiener Landesregierung" nicht gesprochen werden, weil der Erlassung des Bescheides innerhalb der im § 73 Abs. 1 AVG bezeichneten Frist der Umstand entgegenstehe, daß das von der Partei eingebrachte Ansuchen mit einem Formgebrechen behaftet sei. Die Verzögerung der Entscheidung sei daher nicht auf ein ausschließliches Verschulden der Behörde zurückzuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Sachentscheidung durch die belangte Behörde (§ 73 Abs. 2 AVG) verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, sie habe am 27. Mai 1991 die Genehmigung der Bestellung des B zum Geschäftsführer für die Ausübung des von ihr gepachteten Reisebürogewerbes beantragt. Diesem Ansuchen seien die § 13-Erklärung und die Beschäftigungs-Erklärung (Form MA 63-SD 49) angeschlossen worden, sonst aber keine weiteren Belege (§ 341 Abs. 3 GewO 1973) zur Person des Geschäftsführers, weil dieser auch Geschäftsführer (§ 39 GewO 1973) der Konzessionsinhaberin sei, sodaß die im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 GewO 1973 angeführten Tatsachen bei der Konzessionsbehörde bereits aktenkundig gewesen seien. Da dieses Ansuchen keine weitere Erledigung erfahren habe, habe sie nach Ablauf der Frist des § 73 AVG am 2. Dezember 1991 den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde schon zur pflichtgemäßen Abwendung ihrer daraus allenfalls drohenden Nachteile gestellt. Der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, da die Anordnung des § 341 Abs. 3 GewO 1973, daß "diesem Ansuchen die im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 angeführten Belege betreffend die Person des Geschäftsführers ... anzuschließen" seien, nämlich (nur) der Feststellung des für die Erledigung der Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) diene, deren es nicht bedürfe, soweit der Sachverhalt von vornherein klar sei. Dieser habe im vorliegenden Fall allein in den im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 GewO 1973 angeführten Tatsachen bestanden; darüber hinaus sei von der belangten Behörde zur Person des Geschäftsführers (§ 341 Abs. 3 GewO 1973) nicht weiter zu ermitteln und daher von der Beschwerdeführerin auch nicht zu belegen gewesen. Denn Tatsachen, die bei der Behörde selbst offenkundig seien, bedürften keines Beweises (§ 45 Abs. 1 AVG) und damit auch keiner Mitwirkung zu deren Ermittlung. Die Angabe von Aktenzahl der angerufenen Behörde und Registerzahl des Konzessionsdekretes schon auf dem Rubrum der Eingabe vom 27. Mai 1991 sei als ausreichend anzusehen. Der Nichtanschluß der Belege zur Person des Geschäftsführers (§ 341 Abs. 3 GewO 1973) sei daher bei richtiger - insbesondere verwaltungsökonomischer - Gesetzesauslegung kein Formgebrechen (§ 13 Abs. 3 AVG). Das "Amt der Wiener Landesregierung" habe zu Recht auch keinen Auftrag zur Behebung eines solchen erlassen, denn die zur Entscheidung über das Ansuchen notwendigen Voraussetzungen seien im Umfang der Belege nach § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 GewO 1973 bereits mit der Antragstellung offenkundig und der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt damit von vornherein klar gewesen. Das Fehlen dieser Belege sei sohin im vorliegenden Fall kein der Bescheiderlassung im Wege stehendes Formgebrechen und es seien auch sonst "überwindliche Hindernisse" nicht hervorgekommen. Das von der belangten Behörde ohnedies zutreffend bejahte "ausschließliche Verschulden seitens des Amtes der Wiener Landesregierung" sei daher auch ausschließlich für die Verzögerung der Entscheidung ursächlich gewesen, weshalb die belangte Behörde anstelle der untätigen Unterbehörde zu entscheiden gehabt hätte.

Das Vorbringen der Beschwerde ist nicht geeignet, diese zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Nach Abs. 2 geht, wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wird, auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die Verzögerung der Entscheidung im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde. Wenn einem Ansuchen die vom Gesetz verlangten Unterlagen nicht angeschlossen wurden, so bedeutet dies, daß das Gesuch nicht ordnungsgemäß belegt war. Auch dann, wenn die Behörde keinen Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG erteilt hat, kann in einem solchen Fall von einem Alleinverschulden der Behörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG nicht ausgegangen werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. 91/04/0125, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).

Entsprechend der Anordnung des § 341 Abs. 3 GewO 1973 ist das Ansuchen um Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers (§ 39 Abs. 5 und § 40 Abs. 4) oder der Übertragung der Ausübung der Gewerbes an einen Pächter (§ 40 Abs. 2) bei der für die Erteilung der Konzession zuständigen Behörde einzubringen. Diesen Ansuchen sind die im § 339 Abs. 3 Z. 1 und 2 angeführten Belege betreffend die Person des Geschäftsführers oder des Pächters anzuschließen.

Bei den im § 339 Abs. 3 Z. 1 GewO 1973 genannten Urkunden handelt es sich um solche, die dem Nachweis über Vor- und Familienname der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienen, während in Z. 2 dieser Gesetzesstelle angeordnet wird, daß, falls ein Befähigungsnachweis für das betreffende Gewerbe vorgeschrieben ist, die entsprechenden Belege oder der Bescheid über die erteilte Nachsicht (§ 28) anzuschließen ist.

Ausgehend vom eindeutigen und zu keinem Zweifel Anlaß gebenden Wortlaut des § 341 Abs. 3 GewO 1973 vermag der Verwaltungsgerichtshof keine rechtswidrige Gesetzesanwendung der belangten Behörde in dem Umstand zu erblicken, daß diese im Beschwerdefall vom Erfordernis des Anschlusses der Urkunden im Sinn der vorzitierten Gesetzesstelle ausging (vgl. hiezu im übrigen auch sinngemäß die Darlegungen in dem gleichfalls die Beschwerdeführerin betreffenden hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1992).

Unter weiterer Bedachtnahme auf die nicht im Widerspruch zur vordargestellten Rechtslage stehenden Annahme der belangten Behörde über die Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 AVG für einen Übergang der Entscheidungspflicht erweist sich daher die vorliegende Beschwerde im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verhältnis zu §73 Abs2 letzter Satz AVG Verschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040104.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten