Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1973 §71a idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in D, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. Dezember 1991, Zl. 312.626/1-III/3/91, betreffend Vorschreibung einer Auflage gemäß § 79 GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, insofern über die Berufung des Beschwerdeführers abgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Villach vom 21. Juni 1988 wurde dem Beschwerdeführer "gemäß §§ 79 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit 74, 75, 77, 333 und 376 Zif. 11 Abs. 1 GewO 1973" für den Gastgewerbebetrieb "XY" in D, als zusätzliche Auflage die Vorverlegung der Sperrstunde auf 24.00 Uhr vorgeschrieben.
Über eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers erkannte der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 8. November 1990 dahin, daß die "zusätzlich vorgeschriebene Auflage" wie folgt zu lauten habe:
"Die Betriebszeit ist in den Monaten Mai, Juni und September auf 24.00 Uhr einzuschränken."
Einer auch dagegen erhobenen Berufung u.a. des Beschwerdeführers gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 10. Dezember 1991 keine Folge. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, mit Kundmachung vom 7. März 1988 habe der Bürgermeister von Villach im Verfahren gemäß § 79 GewO 1973, betreffend die Betriebsanlage (Gastgewerbebetrieb) des Beschwerdeführers im bezeichneten Standort eine mündliche Augenscheinsverhandlung angeordnet, wobei im darauffolgenden Verfahren die vorbezeichneten bescheidmäßigen Absprüche der Vorinstanzen ergangen seien. Unter Bezugnahme auf § 79 Abs. 1 GewO 1973 wurde ausgeführt, das Ermittlungsverfahren der Vorinstanzen habe ergeben, daß die nunmehr vorgeschriebene zusätzliche Auflage zur Hintanhaltung von Gesundheitsgefährdungen für die Nachbarn der Betriebsanlage erforderlich sei. Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend die Lärmimmissionen, ausgehend vom Betriebsparkplatz, hätten sich auf die Häuser der Nachbarn S, A und T bezogen. Der von der Behörde erster Instanz beigezogene gewerbetechnische Amtssachverständige habe hiezu schlüssig ausgeführt, daß technische Maßnahmen zur Verminderung der Lärmimmissionen für die Nachbarn A jedenfalls nicht möglich seien. Der Beschwerdeführer bringe nunmehr in seiner Berufung vor, daß sich die Behörde nicht mit der Frage der Errichtung einer Schallschutzmauer zur Abschirmung des Nachbarhauses T von der Betriebsanlage auseinandergesetzt habe. Diesem Vorbringen sei entgegenzuhalten, daß im gegenständlichen Fall die Vorschreibung einer Schallschutzmauer nur dann in Betracht gezogen werden könne, wenn dadurch für sämtliche Nachbarn gesundheitsgefährdende Lärmimmissionen ausgeschlossen werden könnten. Da derartige Maßnahmen jedoch hinsichtlich der Nachbarn A jedenfalls keine Wirkung zeigen würden, sei deren Vorschreibung auch nicht zu erwägen gewesen. Weiters werde festgehalten, daß eine - entsprechend den einleitenden Begründungsdarlegungen des erstbehördlichen Bescheides mit dem dort bezeichneten Bescheid bereits erfolgte - Vorschreibung, nach der ein "Parkwächter" für die ordnungsgemäße Abwicklung des Verkehrs am Betriebsparkplatz sowie für die Vermeidung ungebührlicher Lärmerregung durch Gäste zu sorgen habe, jedenfalls nicht als taugliches Mittel angesehen werden könne, um nicht gewünschte Lärmimmissionen zu vermeiden. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß ein "Parkwächter" zwar durch vorausblickende und umsichtige Anweisungen Stauungen und ein unnötiges Verweilen von Kraftfahrzeugen auf dem Betriebsparkplatz möglicherweise verringern könne, auf das Gästeverhalten am Betriebsparkplatz könne er jedoch nicht wirksam Einfluß nehmen. Insbesondere fehle ihm jegliche behördliche Durchsetzungsmöglichkeit, die Gäste anzuhalten, ihre Unterhaltung am Betriebsparkplatz hinsichtlich der Dauer und der Lautstärke in einer bestimmten Art und Weise zu gestalten. Auch das Zuschlagen von Autotüren, das Anstarten und Wegfahren könne durch ihn nicht verhindert werden. Zum Berufungsvorbringen, wonach die gegenständliche Auflage einen Eingriff in die wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers bedeute, werde bemerkt, daß die Behörde bei der Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 GewO 1973 deren Verhältnismäßigkeit im Sinne dieser Bestimmung zu prüfen habe. Da die genannte Auflage zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn vorgeschrieben worden sei, sei ihre Verhältnismäßigkeit im Sinne der genannten Bestimmung jedenfalls anzunehmen. Die Vorschreibung der Durchführung technischer Maßnahmen sei im vorliegenden Fall nicht in Betracht gekommen, weshalb auch weniger einschneidende Maßnahmen zur Erreichung des gewünschten Schutzzweckes nicht hätten vorgeschrieben werden können. Entgegen den Berufungsausführungen werde weiters festgehalten, daß die in Rede stehende Auflage nicht ausschließlich dem Schutz von Sommergästen sondern auch der Nachbarn selbst diene. Die von den Vorinstanzen eingeholten Sachverständigengutachten habe der Beschwerdeführer nicht entkräften können, zumal er ihnen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei. Schließlich werde darauf hingewiesen, daß die Sachverständigen die betriebskausalen Lärmimmissionen erhoben und sehr wohl vom Umgebungsgeräuschniveau unterschieden hätten. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz sei auch das Verhältnis der Häufigkeit der betriebsspezifischen Lärmimmissionen zu jenen des Umgebungslärmes berücksichtigt worden. In dem Umstand, daß der Beschwerdeführer den von der Erstbehörde vorgenommenen Lärmmessungen nicht beigezogen worden sei, könne kein Verfahrensmangel erblickt werden. Eine Unschlüssigkeit des von der Behörde erster Instanz eingeholten gewerbetechnischen Gutachtens könne daraus nicht abgeleitet werden, zumal von einem entsprechenden Sachverständigen durchaus erwartet werden könne, daß er Kundenfahrzeuge von jenen der übrigen Verkehrsbenützer unterscheide. Die Beiziehung der Nachbarn sei in diesem Zusammenhang schon deswegen erforderlich, um dem Sachverständigen die Möglichkeit zu geben, seine Meßgeräte auf den Nachbargrundstücken aufzustellen. Jedenfalls hätten sich im gegenständlichen Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben, wonach dem Beschwerdeführer nicht sämtliche Verfahrensergebnisse gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden seien. Eine Verpflichtung der Berufungsbehörde, im gegenständlichen Verfahren eine mündliche Augenscheinsverhandlung durchzuführen, bestehe nicht. Zusammenfassend könne gesagt werden, daß die Ergebnisse des von der Behörde erster und zweiter Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens durch den Beschwerdeführer nicht hätten entkräftet werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtvorschreibung der in Rede stehenden Betriebszeitenbeschränkung verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der angefochtene Bescheid setze sich mit seinen Ausführungen in der Berufung gegen den zweitbehördlichen Bescheid nicht ausreichend auseinander und komme deshalb zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Vorab sei festzustellen, daß es keinen Nachbarn "A" gebe, sodaß bereits auf Grund der diesbezüglichen Bescheidbegründung eine Rechtswidrigkeit vorliege. Darüber hinaus verkenne jedoch der angefochtene Bescheid, daß nach § 79 GewO 1973 nachträgliche Auflagen nur vorzuschreiben seien, wenn die gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt seien. Tatsächlich sei in diesem Bescheid ein "Parkwächter" vorgeschrieben, der für eine Verkehrsberuhigung und einen geordneten Ablauf auf dem Parkplatz Sorge zu tragen habe. Bei sämtlichen Meßergebnissen sei der "Parkwächter" nicht anwesend gewesen; es wäre daher vorerst erforderlich gewesen, die bestehende Auflage zu erzwingen, und erst nach Einhaltung dieser Auflagen zu klären, ob dann noch weitere nachträgliche Auflagen im Sinne des § 79 GewO 1973 vorzuschreiben gewesen wären. Wenn im angefochtenen Bescheid das diesbezügliche Berufungsvorbringen dahingehend abgetan werde, daß ein "Parkwächter" grundsätzlich nicht in der Lage sei, eine Lärmentwicklung hintanzuhalten, so handle es sich dabei um eine reine spekulative Vermutung, die jedoch durch Beweisergebnisse im Verfahren nicht gedeckt sei. Darüber hinaus wäre die seinerzeit erlassene Auflage, einen "Parkwächter" zu beschäftigen, nicht verständlich, wenn man davon ausginge, daß dieser ohnehin zur Verhinderung einer Lärmentwicklung keinen Beitrag leisten könne. Weiters sei die belangte Behörde insofern zu einer unrichtigen Beurteilung gekommen, weil übersehen werde, daß der im Berufungsverfahren beigezogene medizinische Sachverständige sämtliche Überlegungen nur auf die Messungen bei der Liegenschaft "T" bezogen habe. Eine verläßliche Schlußfolgerung des medizinischen Sachverständigen im Berufungsverfahren, ob es bei den übrigen Nachbarn zu gesundheitsbeeinträchtigenden Lärmeinwirkungen ausgehend vom Betrieb des Beschwerdeführers gekommen sei, sei nicht getroffen worden. Darüber hinaus dürften Gebäude nach den Bestimmungen der Bauordnung nur in Übereinstimmung mit der jeweiligen Raumwidmung laut Baubewilligungsbescheiden genutzt werden. Da es sich bei den Anrainerliegenschaften in der Gesamtheit um Fremdenverkehrsbetriebe handle, seien diese auch in dieser Widmungsform zu verwenden. Aus den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen im Berufungsverfahren vor der Zweitbehörde gehe hervor, daß eine vorübergehende Lärmbeeinträchtigung bis zu einem Zeitraum von zwei Monaten keine gesundheitlichen Nachteile mit sich bringe und jederzeit kompensiert werden könne. Da die vorliegenden Objekte nur von Fremdengästen entsprechend der Raumwidmung genützt werden dürften und keinerlei Anhaltspunkte für einen längeren Aufenthalt als zwei Monate durch Sommergäste vorlägen, sei auch aus diesem Grund eine Sperrstundenvorverlegung wegen Gesundheitsgefährdung nicht gerechtfertigt. Schließlich gebe es keinerlei konkrete Meßergebnisse, welche Schallpegel in welcher Häufigkeit von der Bundesstraße und von der Gemeindestraße auf die betroffenen Anrainer ausgingen, und ob nicht durch die damit verbundenen Lärmspitzen eine Ausgangssituation in der Form vorliege, daß ein allfälliger Betriebslärm aus seinem Betrieb für die Verminderung der Schlaftiefe überhaupt nicht kausal sei. Letztlich seien Auflagen im Sinne des § 79 GewO 1973 grundsätzlich so vorzuschreiben, daß sie dem Betriebsinhaber wirtschaftlich zumutbar seien, wobei lediglich im Fall von Auflagen zur Vermeidung der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit auf den wirtschaftlichen Faktor nicht einzugehen sei. Im konkreten Fall erweise sich die Sperrstundenvorverlegung als die härteste Auflage, da ein Tanzlokal der bestehenden Art praktisch erst ab 23.00 Uhr frequentiert werde und somit bei einer Sperrstunde von 24.00 Uhr ein Offenhalten wirtschaftlich unmöglich gemacht werde. Aus der Verhältnismäßigkeit der Auflagen hätte daher die Errichtung technischer Schallschutzeinrichtungen, allenfalls unter Berücksichtigung einer Verlegung der Betriebsausfahrt vom Parkplatz in die öffentliche Straße vorgenommen werden müssen. Gemäß § 66 AVG könne die Berufungsbehörde Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführen lassen oder selbst vornehmen. Bei einer neuerlichen Verhandlung habe die berufungswerbende Partei einen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung, sofern dies zur Erörterung der im Spiel stehenden Interessen geboten scheine. Im vorliegenden Fall sei zwar eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt worden, die Ausführungen im Schallschutzgutachten und im medizinischen Gutachten seien ihm jedoch nur schriftlich zur Kenntnis gebracht worden, sodaß er keinerlei Möglichkeit mehr gehabt habe, das Ergebnis mit den Sachverständigen zu erörtern und diese zu befragen, welche Schallschutzmaßnahmen technischer Art als ausreichend erachtet würden.
In ihrer Gegenschrift führte die belangte Behörde u.a. aus, dem Beschwerdevorbringen betreffend die Effektivität eines "Parkwächters" werde entgegengehalten, daß ein solcher jedenfalls im vorliegenden Fall nicht als Garantie für die erforderliche Vermeidung gesundheitsgefährdender Lärmimmissionen angesehen werden könne, weshalb die Vorschreibung eines "Parkwächters" anstelle der Einschränkung der Betriebszeit eine nicht effektive und unbestimmte Auflage bedeuten würde. Weiters sei entgegen dem Beschwerdevorbringen keineswegs übersehen worden, daß sich der ärztliche Amtssachverständige der Gewerbebehörde zweiter Instanz in seinem Gutachten auf die Meßergebnisse betreffend die Nachbarn T bezogen habe; da jedoch die Nachbarn "B" - bei der Anführung der Nachbarn "A" handle es sich um einen Schreibfehler im angefochtenen Bescheid, wobei eine andere Deutung trotz dieses Schreibfehlers auf Grund der Bescheidbegründung sowie des Akteninhaltes ohnedies nicht denkbar wäre - in gleicher Weise von den betriebsspezifischen Lärmimmissionen betroffen seien wie die Nachbarn T, müßten seine gutächtlichen Äußerungen für diese in gleicher Weise gelten. Technische Maßnahmen zur erforderlichen Verminderung der Lärmimmissionen seien jedoch hinsichtlich der Nachbarn B eben nicht möglich. Dies habe - wie bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt - schon das Ermittlungsverfahren der Erstbehörde ergeben. Unzutreffend seien auch die Beschwerdeausführungen, wonach die Nachbarn "S", B und T nicht berechtigt wären, in ihren Häusern zu wohnen. Es sei daher im Ermittlungsverfahren insbesondere deren Gesundheitsgefährdung zu beurteilen gewesen und nicht bloß jene von Pensionsgästen. Im übrigen sei dieses Vorbringen - ebenso wie jenes betreffend die behauptete Unvollständigkeit des ärztlichen Gutachtens der Behörde zweiter Instanz - erstmals im Beschwerdeverfahren erhoben worden. Allerdings sei bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt worden, daß die vorgeschriebene Auflage des Bescheides zweiter Instanz nicht nur dem Schutz der Gesundheit von Sommergästen, sondern auch dem der Nachbarn diene. Gleichfalls sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß die Sachverständigen - wie auch im angefochtenen Bescheid dargelegt worden sei - sehr wohl die betriebskausalen Lärmimmissionen erhoben und vom Umgebungsgeräuschniveau unterschieden hätten, und daß auch das Verhältnis der Häufigkeit der betriebsspezifischen Lärmimmissionen zu jener des Umgebungslärms im Ermittlungsverfahren berücksichtigt worden sei. Das den in den Verfahrensakten enthaltenen Gutachten entgegenstehende Vorbringen beinhalte lediglich nicht begründete Behauptungen. Im angefochtenen Bescheid sei weiters klargelegt worden, daß die vom Beschwerdeführer bekämpfte Auflage als einzige bestimmte und geeignete Auflage zum Schutz der Nachbarn vor Gesundheitsgefährdungen angesehen werden könne und weniger einschneidende Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes eben nicht zur Verfügung gestanden seien.
Hiezu ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und im Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Auflage angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technische Besonderheit der Anlage zu berücksichtigen.
Eine "Auflage" im Sinne des § 79 wie im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1973 kann jede bestimmte, der Vermeidung von Immissionen dienende und zur Erfüllung dieses Zweckes geeignete und behördlich erzwingbare Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0238, und die dort zitierte weitere
hg. Rechtsprechung).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1989, Zl. 89/04/0140, dargetan hat, wenn das Ziel einer Auflage dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dient, der mit der Erfüllung der Auflage verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen kann.
Ungeachtet dieses nach dem Gesetz für die Auflagenvorschreibung vorgegebenen Rahmens hat die Behörde allerdings im Einzelfall auch zu prüfen, mit welcher am wenigsten einschneidenden Vorkehrung das Auslangen gefunden werden kann (vgl. hiezu u.a. sinngemäß die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 19. März 1982, Zl. 81/04/0111). Sie kann hiebei Vorschläge, die dazu vom Inhaber der Betriebsanlage selbst gemacht werden, also ein von ihm in diesem Sinn vorgelegtes Projekt, ihrer Entscheidung zugrundezulegen, wenn dessen Verwirklichung den angestrebten Schutz gewährleistet, sie ist aber an diese Vorschläge nicht gebunden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1987, Zl. 86/04/0123).
Ausgehend von dieser, auch für den Beschwerdefall relevanten Rechtslage oblag es daher der belangten Behörde, als Grundlage für ihre rechtliche Beurteilung nach entsprechenden Beweisdurchführungen die nach den hier in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmalen erforderlichen Feststellungen zu treffen und diese entsprechend der Anordnung des § 60 AVG im Bescheid in einer der Schlüssigkeitsprüfung zugänglichen Weise darzulegen.
Sofern die Beschwerde in diesem Zusammenhang Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend macht, kommt ihr Berechtigung zu:
So weist die belangte Behörde selbst in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß der von der Zweitbehörde beigezogene ärztliche Amtssachverständige sich in seinem Gutachten lediglich auf die Meßergebnisse betreffend die Nachbarn T bezogen habe, ein Umstand, den aber der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufungsschrift gegen den zweitbehördlichen Bescheid geltend gemacht hatte. Wenn dem die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - wie auch nunmehr in der Gegenschrift - entgegenhält, daß sich die Sachverhaltsfeststellungen betreffend die Lärmimmissionen, ausgehend vom Betriebsparkplatz auf die Häuser der Nachbarn S, A (richtig: B) und T bezogen hätten, weshalb auch die Durchführung technischer Lärmschutzmaßnahmen nicht in Betracht gekommen sei, so ermöglichen diese Begründungsdarlegungen mangels konkreter sachverhaltsbezogener Feststellungen und Beweiserörterungen dem Verwaltungsgerichtshof nicht, den angefochtenen Bescheid in Ansehung des dem Abspruch nach der behördlichen Annahme zugrundeliegenden Sachverhaltes auf seine Schlüssigkeit und somit in weiterer Folge auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Der bloß allgemeine Hinweis auf nicht näher dargelegte Ermittlungsergebnisse in vorinstanzlichen Bescheiden - so insbesondere auch auf ein ergänzend eingeholtes Gutachten im zweitbehördlichen Bescheid - sind in diesem Zusammenhang nicht als ausreichend anzusehen, da daraus nicht eindeutig zu entnehmen ist, von welchen entscheidungserheblichen Sachverhaltsumständen die belangte Behörde bei ihrer rechtlichen Beurteilung ausging.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG in dem im Spruch bezeichneten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne daß eine Erörterung der weiteren Beschwerdeeinwendungen stattzufinden hatte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den angesprochenen nicht erforderlichen Stempelgebührenmehraufwand.
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040056.X00Im RIS seit
11.07.2001