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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AlVG 1977 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der G in A, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 27. November 1991, Zl. IVc 7022 B, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin bezog u.a. in der Zeit vom 19. August 1981 bis 26. März 1982 Karenzurlaubsgeld und ab 20. Juli 1983 Sondernotstandshilfe bzw. Notstandshilfe. Mit Schreiben vom 12. Juli 1991 ersuchte sie beim Arbeitsamt Liezen (im folgenden erstinstanzliche Behörde) um Nachzahlung der Notstandshilfe für die Zeit vom 23. Juni 1982 bis 23. Juni 1983. Sie verwies darauf, daß sie zwar in diesem Zeitraum nicht österreichische Staatsbürgerin gewesen sei, sie sich jedoch seit ihrer Geburt ununterbrochen in Österreich aufgehalten habe. Die Schweizer Staatsbürgerschaft habe sie als Folge ihrer Eheschließung mit einem Schweizer Staatsbürger erlangt. Sie habe sich im bezogenen Zeitraum in einem extremen Notstand befunden. Vor Ablauf der Bezugsberechtigung für Karenzurlaubsgeld habe sie bei der erstinstanzlichen Behörde vorgesprochen und um Gewährung der Notstandshilfe (Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter) ersucht. Es sei ihr jedoch vom zuständigen Sachbearbeiter der erstinstanzlichen Behörde H die (unrichtige) dezidierte Auskunft erteilt worden, sie habe als Schweizer Staatsbürgerin in Österreich keinen Anspruch auf Notstandshilfe. Einzig und allein aufgrund dieser Auskunft habe sich die Beschwerdeführerin davon abhalten lassen, den formellen schriftlichen Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe zu stellen. Erst im Jahre 1991 sei sie in Kenntnis der tatsächlichen Rechtslage gelangt.
Mit Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 21. Oktober 1991 wurde dem Ansuchen der Beschwerdeführerin teilweise, nämlich hinsichtlich des Zeitraumes vom 31. Mai 1983 bis 23. Juni 1983, Folge gegeben; im übrigen wurde der Antrag aber abgewiesen.
Gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin Berufung, im wesentlichen mit der Begründung, daß sie nach Ablauf des Karenzjahres bei der erstinstanzlichen Behörde einen Antrag auf Bezahlung einer Notstandshilfe habe stellen wollen. Der namentlich genannte Referent habe bei ihrer Vorsprache sinngemäß gesagt, daß sie als Schweizer Staatsbürgerin keinen Anspruch auf Notstandshilfe habe. Dieser Vorhalt könne vermutlich auch von einem anderen namentlich genannten Beamten bestätigt werden. In Unkenntnis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen habe sie daher keinen schriftlichen Antrag auf Notstandshilfe eingebracht.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Begründend wurde ausgeführt, es sei laut Bericht der erstinstanzlichen Behörde dem von der Beschwerdeführerin angeführten Sachbearbeiter nach mehr als neun Jahren weder in Erinnerung, daß sich der von ihr geschilderte Sachverhalt zugetragen habe, noch könne er angeben, daß er sich nicht zugetragen habe. Auch der von der Beschwerdeführerin genannte weitere Beamte könne sich nicht an Einzelfälle erinnern. Unbestritten sei, daß die Beschwerdeführerin keinen schriftlichen, auf dem bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformular gefertigten Antrag auf Notstandshilfe oder Sondernotstandshilfe beim zuständigen Arbeitsamt eingebracht habe. Eine derartige Antragstellung, die vom Gesetzgeber zwingend verlangt werde, liege somit nicht vor und erfülle die Beschwerdeführerin daher die formelle Leistungsvoraussetzung für die Zuerkennung der Notstandshilfe nicht. Da kein Antrag vorgelegen sei, habe die erstinstanzliche Behörde vom maßgeblichen Sachverhalt erst durch das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 12. Juli 1991 Kenntnis erlangt. Im übrigen legte die belangte Behörde näher dar, warum sie es für unwahrscheinlich erachte, daß die Beschwerdeführerin eine Auskunft mit dem von ihr angeführten Inhalt erhalten und deshalb eine dem Gesetz entsprechende Antragstellung unterlassen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Als mangelhaft rügt die Beschwerdeführerin, daß sich die belangte Behörde mit dem Bericht der erstinstanzlichen Behörde über die mangelhafte Erinnerung des damaligen Sachbearbeiters begnügt, der Beschwerdeführerin aber dazu kein Parteiengehör gewährt habe. Wäre sie dieser verfahrensrechtlichen Verpflichtung nachgekommen, so hätte die Beschwerdeführerin glaubhaft bekunden können, daß es allein die negative Auskunft des damaligen Sachbearbeiters der erstinstanzlichen Behörde gewesen sei, die sie veranlaßt habe, keinen schriftlichen Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe zu stellen. Unabhängig davon hätte aber die belangte Behörde auf Grund der in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Stellungnahme des damaligen Sachbearbeiters von der Richtigkeit der Behauptung der Beschwerdeführerin ausgehen müssen. Damit erscheine aber auch klargestellt, daß die Beschwerdeführerin durch ein rechtswidriges Verhalten der erstinstanzlichen Behörde (unrichtige Auskunftserteilung) davon abgehalten worden sei, im Jahre 1982 den Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe (Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter) für die maßgebliche Zeit zu stellen. Deshalb sei der angefochtene Bescheid auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Beurteilung der zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittigen Frage, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf Notstandshilfe bzw. Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter für den Zeitraum vom 23. Juni 1982 bis 30. Mai 1983 hat, ist, weil es sich bei diesem Anspruch um einen zeitraumbezogenen Anspruch im Sinne des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, handelt und Sonderbestimmungen über die maßgebende Rechtslage fehlen, das AlVG in der in diesem Zeitraum geltenden Fassung anzuwenden.
Gemäß den §§ 39 Abs. 3 und 38 AlVG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 leg. cit. gebührt die Notstandshilfe bzw. Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter, sofern sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind und der Anspruch nicht gemäß § 16 ruht, ab dem Tag der Geltendmachung. Gemäß § 59 in Verbindung mit § 46 Abs. 1 AlVG ist der Anspruch auf Notstandshilfe bzw. Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter vom Arbeitslosen persönlich bei dem nach seinem Wohnort zuständigen Arbeitsamt geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der vom Arbeitsamt festgesetzten Frist beim Arbeitsamt persönlich abgegeben wurde. Hat der Arbeitslose die vom Arbeitsamt festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrages ohne triftigen Grund versäumt, so ist der Anspruch erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag beim Arbeitsamt abgegeben wurde. Über die Abgabe des Antrages ist dem Antragsteller eine Bestätigung auszustellen.
Nach dem klaren Wortlaut des § 46 Abs. 1 AlVG kommt es also für die Qualifizierung eines Sachgeschehens als "Geltendmachung des Anspruches", an die das Gesetz den Beginn des Bezuges von Leistungen nach dem AlVG knüpft, auf die persönliche Abgabe des Antrages beim zuständigen Arbeitsamt unter Verwendung des hiefür bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars innerhalb der im § 46 Abs. 1 zweiter und dritter Satz genannten Frist an (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 27. Oktober 1983, Zl. 1196/80, vom 8. März 1984, Zl. 82/08/0243, und vom 19. März 1987, Zl. 86/08/0142). Die dem Beschwerdevorbringen letztlich zugrunde liegende Rechtsauffassung, daß die auf einer unrichtigen Rechtsauskunft des zuständigen Sachbearbeiters beruhende Unterlassung einer dem § 46 Abs. 1 AlVG entsprechenden Antragstellung einer Geltendmachung im Sinne dieser Bestimmung mit der Rechtswirkung des § 17 Abs. 1 leg. cit. gleichzuhalten sei, findet in den genannten Bestimmungen keine Deckung; dies unabhängig davon, ob ein derartiges Verhalten einen Amtshaftungsanspruch nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes begründet. Der angefochtene Bescheid ist daher - entgegen den Beschwerdeausführungen - weder inhaltlich rechtswidrig noch mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet, weil die belangte Behörde auch dann, wenn die Beschwerdeführerin, wie sie behauptet, durch eine unrichtige Rechtsauskunft des zuständigen Sachbearbeites von einer dem § 46 Abs. 1 AlVG entsprechenden Antragstellung abgehalten worden sein sollte, zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.
Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992080097.X00Im RIS seit
18.02.2002