TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/9 92/18/0094

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Veröffentlicht am 09.07.1992
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Index

TR-20 Privatrecht allgemein Türkei;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/09 Internationales Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BGB-Türkei 1926 Art21;
FrPolG 1954 §14 Abs1;
FrPolG 1954 §2 Abs1;
IPRG §18 Abs1;
IPRG §6;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der P in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 26. Juni 1991, Zl. III-4033/90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 26. Juni 1991 wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, schuldig erkannt, "sich als Fremde im Zeitraum vom 22.2.1989 bis 19.9.1989 an der Anschrift L-Weg 27, F, aufgehalten (zu haben), ohne im Besitze eines gültigen Sichtvermerkes zu sein", und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes begangen zu haben. Über die Beschwerdeführerin wurde deshalb gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 42 Stunden) verhängt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab (Beschluß vom 25. November 1991, B 1009/91-3) und trat sie antragsgemäß mit Beschluß vom 10. März 1992, B 1009/91-5, dem Verwaltungsgerichtshof ab. In ihrer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde ("Beschwerdeverbesserung") erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bestraft zu werden", und in dem "Recht, nicht ohne Rechtswidrigkeitsbewußtsein bzw. ohne Verschulden bestraft zu werden", verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des bekämpften Bescheides.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung die Beschwerdeführerin ihre "menschenrechtlichen Beschwerdevorbringen" wiederholt, wird sie daran erinnert, daß es dem Verwaltungsgerichtshof insoweit an einer Prüfungszuständigkeit mangelt (Art. 133 Z. 1 iVm Art. 144 Abs. 1 B-VG). Ebenso fehlt es ihm an der Zuständigkeit, gesetzliche Regelungen wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben. Zu einer entsprechenden Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof - sollte die Beschwerdeanregung so zu verstehen sein - sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf den Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 25. November 1991, B 1009/91-3, und die dort enthaltene Begründung nicht veranlaßt.

2.1. Unter dem Titel "einfachgesetzliche Bedenken" gegen den angefochtenen Bescheid bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe die Problematik ihres Aufenthaltes in Österreich mit ihrem Rechtsfreund erörtert, und es habe sie dieser auf die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 17. Oktober 1985, Zl. III-4033/85, verwiesen, die nach Kenntnis ihres Rechtsfreundes die aktuell geltende Spruchpraxis der belangten Behörde darstelle. Selbst wenn die vorzitierte - vom Beschwerdevertreter für richtig gehaltene - Entscheidung unzutreffend sein sollte, habe die Beschwerdeführerin im Vertrauen auf diese sowie die darauf beruhende Auskunft ihres Rechtsfreundes "und damit nicht rechtswidrig bzw. schuldhaft gehandelt".

2.2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die behauptetermaßen erteilte Rechtsauskunft des Beschwerdevertreters (der die Beschwerdeführerin von Beginn des Verwaltungsstrafverfahrens an vertrat) sich auf die Schuldfrage in der Form auszuwirken vermochte, daß die Beschwerdeführerin als Empfängerin der Auskunft hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens in einen das Verschulden und damit die Bestrafung ausschließenden Irrtum geführt wurde. Denn die Behauptung, die besagte, allenfalls zur Nichtvorwerfbarkeit ihres rechtswidrigen Verhaltens führende Rechtsauskunft von ihrem Vertreter erhalten zu haben, wird von der Beschwerdeführerin erstmals in der Beschwerde aufgestellt. Dieses Vorbringen unterliegt somit dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) und kann schon deshalb der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß die in der Beschwerde ins Treffen geführte (und dem Gerichtshof vorgelegte) Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 17. Oktober 1985, Zl. III-4033/85, die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, sie könne für das ihr angelastete Verhalten nicht verantwortlich gemacht werden, nicht zu stützen geeignet ist, lag jener doch ein in bezug auf die relevante Frage der Vorwerfbarkeit der Tat wesentlich anderer Sachverhalt zugrunde. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht, auch wenn nach türkischem Zivilrecht der Ehegatte den Wohnsitz seiner Ehegattin festlegen könne, bleibe die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin (für ihren Aufenthalt im Bundesgebiet vom 22. Februar 1989 bis 19. September 1989, ohne im Besitz eines hiefür erforderlichen Sichtvermerkes zu sein) davon unberührt, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen.

3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180094.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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