TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/9 91/16/0098

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.1992
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;
35/03 Taragesetz Wertzollgesetz;

Norm

BAO §119 Abs1;
FinStrG §17;
FinStrG §19;
FinStrG §35 Abs2;
FinStrG §89 Abs7;
WertZG 1980 §11 Abs1;
ZollG 1955 §52;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des H in F, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 11. Juni 1991, GZ. 3167-4/88, betreffend versuchte Hinterziehung von Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach umfangreichem Schrift- und Telefonverkehr bestellte der Beschwerdeführer am 21. April 1987 von der Fahrradmanufaktur LS in Darmstadt ein Fahrrad der Marke "Guylaine". Dem Beschwerdeführer waren Kataloge und Preislisten bekannt, er konnte sich problemlos den Kaufpreis des vom ihm gewünschten Fahrrades samt der in Auftrag gegebenen Sonderausstattung zusammenrechnen. Vereinbart wurde, daß das Fahrrad postlagernd und per Nachnahme nach Lindau/BRD zugestellt werde. Mit Rechnung vom 20. Mai 1987 gab der Lieferant den genauen - im Detail aufgelisteten - Kaufpreis mit DM 2.069,70 bekannt und übersandte eine Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke, auf welcher ebenfalls der Kaufpreis in Höhe von DM 2.069,70 (inklusive Umsatzsteuer) angeführt war. Am 25. Mai 1987 stellte sich der Beschwerdeführer mit dem gegenständlichen Fahrrad beim Zollamt Hörbranz, Zweigstelle Unterhochsteg, zur Eingangsabfertigung und beantragte die Abfertigung zum freien Verkehr durch Verzollung. Er wurde vom abfertigenden Beamten nach dem Wert der Ware befragt und stellte hierauf die Gegenfrage, nach welchem Wert die Eingangsabgaben bemessen werden würden. Er erhielt die Auskunft, daß der tatsächlich bezahlte Betrag maßgeblich sei. Der Beschwerdeführer legte schlußendlich einen Nachnahmebeleg über DM 255,67 vor und gab auf mehrmaliges Befragen an, daß dies jener Betrag sei, den er für das Fahrrad bezahlt habe. Eine anschließende Durchsuchung der Bekleidung des Beschwerdeführers in den Amtsräumen des Zollamtes förderte die an ihn übersandte Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke zutage, in welcher der oben genannte Preis des Fahrrades angeführt war. Das Formular hatte der Beschwerdeführer beim deutschen Zoll mit Amtssiegel vom 25. Mai 1987 bestätigen lassen, unmittelbar bevor er nach Österreich einreiste. Der Grund dafür, daß der Beschwerdeführer das Fahrrad beim Postamt Lindau für DM 255,67 ausgefolgt erhalten hatte, lag darin, daß von Seiten der Lieferfirma irrtümlich statt des vollen Rechnungsbetrages von DM 2069,70 nur der auf die Ware entfallende Umsatzsteuerbetrag von DM 254,17 "exklusive" der Nachnahmegebühr von DM 1,50 eingetragen wurde.

Das Zollamt Feldkirch als Finanzstrafbehörde erster Instanz erkannte aufgrund dieses Sachverhaltes den Beschwerdeführer für schuldig, er habe am 25. Mai 1987 anläßlich seiner Eingangsabfertigung beim Zollamt Hörbranz, Zweigstelle Unterhochsteg, ohne den Tatbestand eines Schmuggels zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch unrichtige Erklärung des wahren Wertes für das gegenständliche Fahrrad mit DM 255,67 statt mit richtig DM 2069,70 eine Verkürzung von Eingangsabgaben in Höhe von S 4386,-- zu bewirken versucht. Er habe hiedurch das Finanzvergehen der versuchten Hinterziehung von Eingangsabgaben gemäß § 35 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) begangen; es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt und auf Verfall des zur Erlangung der Freigabe des verfahrensgegenständlichen Fahrrades erlegten Geldbetrages von S 11.763,-- erkannt.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Folge. Der Beschuldigte habe vorsätzlich versucht, Eingangsabgaben zu hinterziehen, indem er trotz mehrfacher Befragung lediglich den Nachnahmebeleg als Bemessungsgrundlage vorlegte; er habe sich über die Höhe der Eingangsabgaben erkundigt und könne sich schon deshalb nicht auf einen Rechtsirrtum berufen. Auch untauglicher Versuch liege nicht vor, weil die (Ausführung der) Tat nicht denkunmöglich sei. Hinsichtlich des verfallenen Werterlages sah sich die Berufungsbehörde zu einer Herabsetzung im Sinne des § 19 Abs. 5 FinStrG nicht veranlaßt, weil immerhin Abgaben in Höhe von S 4.386,-- hinterzogen worden seien und der Täter Finanzbeamter sei, weshalb auch der ihn treffende Vorwurf nicht zu einer Herabsetzung führen könne.

Mit der vorliegenden Beschwerde wird sowohl der Schuld- als auch der Strafausspruch bekämpft und Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt.

Über diese Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 2 FinStrG macht sich der Hinterziehung von Eingangsabgaben schuldig, wer, ohne den Tatbestand des § 35 Abs. 1 zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben bewirkt. Gemäß § 119 Abs. 1 BAO (anwendbar gemäß § 47 Abs. 3 Zollgesetz) in Verbindung mit § 52 ZollG sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabevorschriften offenzulegen; die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Gemäß § 11 Abs. 1 Wertzollgesetz ist zur Ermittlung des Zollwertes eine Erklärung abzugeben.

Bei seinem Hinweis auf "Wortspielereien" anläßlich der Eingangsabfertigung verkennt der Beschwerdeführer offenbar SEINE Verpflichtung, der Abgabenbehörde ein richtiges, vollständiges und klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umstände zu verschaffen (Stoll BAO, 281). Wenn er vermeint, er hätte niemals DM 255,67 als Wert des Fahrrades angegeben, so ist dem zu erwidern, daß die erste Frage des Zollbeamten genau darauf gerichtet war, er aber die Beantwortung durch eine Gegenfrage zunächst verweigerte. Die weitere Frage, was er denn bezahlt habe, konnte und mußte er als durch seine Gegenfrage verursachte Aufklärung verstehen: Es wurde ihm erklärt, daß der "Wert" die von ihm erbrachte Gegenleistung sei. Die über mehrmaliges Befragen gegebene und durch eine Urkunde untermauerte Anwort, er habe DM 255,67 bezahlt, war daher im Hinblick auf die insgesamt gestellte Frage eindeutig unwahr. Zumindest hätte die schließlich gegebene Antwort, um die Verhältnisse offenzulegen, den Hinweis enthalten müssen, daß die bezahlten DM 255,67 nicht die gesamte Gegenleistung seien. Der Beschwerdeführer konnte die Erklärung, was der Wert sei, keinesfalls so verstehen, daß er nur eine Anzahlung oder eine Teilzahlung angeben müsse.

Der Beschwerdeführer hat daher durch das festgestellte Verhalten das Tatbestandsmerkmal "unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht" eindeutig erfüllt. Die ihn treffende Offenlegungs- und Wahrheitspflicht erfüllte er nicht durch die ständige Bereitschaft, den tatsächlichen Wert anzugeben, sondern wäre er dieser Verpflichtung nur durch eine entsprechende Angabe nachgekommen.

Auch in der Beschwerde wird eingeräumt, daß dem Beschwerdeführer klar war, der Betrag von DM 255,67 entspreche nicht dem endgültigen Kaufpreis. Der Beschwerdeführer vermeint jedoch, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, ansonsten hätte er ja das Fahrzeug über die grüne Grenze bringen können.

Damit verkennt er völlig, daß er nicht wegen Schmuggels (§ 35 Abs. 1 FinStrG) sondern wegen des Tatbestandes der versuchten Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs. 2 FinStrG belangt wurde.

Obwohl der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde in der Sachverhaltsdarstellung selbst angibt, daß er erklärt habe, er hätte das Fahrrad zu verzollen, vermeint er, ein "korrekter Verzollungs- bzw. Abgabenfestsetzungvorgang" sei noch gar nicht eingeleitet worden. Er läßt aber offen, worin die "korrekte" Einleitung bestanden hätte.

Seinen im Behördenverfahren erhobenen Einwand, der Versuch sei untauglich gewesen, hält der Beschwerdeführer offenbar nicht mehr aufrecht, wenn er unter diesem Titel wieder nur die grundsätzliche Verwirklichung des Tatbestandes bestreitet.

Hinsichtlich des Verfalls des gemäß § 89 Abs. 7 FinStrG erlegten Geldbetrages rügt der Beschwerdeführer die fehlerhafte Ermessensausübung gemäß § 19 VStG (gemeint wohl: § 19 FinStrG). Das Fahrrad sei ihm gestohlen worden, weshalb es unbillig sei, auf Verfall zu erkennen. Die übrigen Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Behörde die Nichtannahme der Mißverhältnisregel (§ 19 Abs. 5 FinStrG) und ihre Strafzumessung begründete, blieben unbekämpft.

Der spätere Diebstahl des Fahrzeuges steht in keinerlei Zusammenhang mit der begangenen Tat und kann daher auf die Strafbemessung nicht den geringsten Einfluß haben. Über Ersuchen des Beschwerdeführers (Seite 3 der Tatbeschreibung vom 25. Mai 1987) kam es zur Aufhebung der Beschlagnahme und zum Erlag des dem Wert entsprechenden Betrages, sodaß der Geldbetrag anstelle des Gegenstandes gemäß § 89 Abs. 7 FinStrG dem Verfall unterlag. Welches Schicksal den Gegenstand in der Folge ereilte, kann auf den Verfallsausspruch keinerlei Einfluß haben.

Da sich somit die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991160098.X00

Im RIS seit

14.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten