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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. März 1992, Zl. Ge-50.518/5-1992/Pan/Neu, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1950 verantwortlicher Beauftragter für eine örtlich angeführte Zweigniederlassung eines näher bezeichneten Unternehmens eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung zu vertreten; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe ihn zu Unrecht als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 zur Verantwortung gezogen, zumal keine diesbezügliche, wirksame Bestellung vorgelegen sei; insbesondere existiere keine entsprechende Zustimmung des Beschwerdeführers aus der Zeit vor Begehung der Tat.
Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12.375/A) wirkt die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zwar erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird, und tritt erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen; der als Beschuldigter verfolgte, zur Vertretung nach außen Berufene kann sich aber dann auf einen an seiner Stelle verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt ist.
Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.). Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt es zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht, wenn ein solcher Zustimmungsnachweis erst durch eine im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage unter Beweis gestellt werden soll (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zlen. 92/18/0234, 0235).
Von daher gesehen war die am 21. Juni 1990 in einem anderen Strafverfahren abgegebene Zeugenaussage des Beschwerdeführers in Hinsicht auf seine Verantwortlichkeit von vornherein nicht geeignet, als ein entsprechendes Beweisergebnis im Sinne der obigen Rechtsprechung zu gelten. Das gleichzeitig vorgelegte Schreiben der Landesinnung der Baugewerbe für Oberösterreich vom 4. März 1959, betreffend die Kenntnisnahme der Anzeige der Namhaftmachung des Beschwerdeführers als "Filialleiter" im Grunde des § 40 Abs. 4 der Gewerbeordnung kann - entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift - zu der hier maßgeblichen Frage, ob der Beschwerdeführer seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten nachweislich zugestimmt hat, schon im Hinblick auf den Umstand, daß das Rechtsinstitut des "verantwortlichen Beauftragten" erst mit der VStG-Novelle BGBl. Nr. 176/1983 geschaffen wurde, nichts Entscheidendes beitragen.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, indem sie die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers von der Vorschrift des § 9 Abs. 2 und 4 VStG 1950 abgeleitet hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180145.X00Im RIS seit
09.07.1992