TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/9 92/18/0089

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Veröffentlicht am 09.07.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §45 Abs2;
FrPolG 1954 §10a Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der Y in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 11. Dezember 1990, Zl. FrB-4250/90, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Unter dem Datum 12. Oktober 1990 hatte die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin, einer türkischen Staatsangehörigen, einen Bescheid erlassen, dessen Spruch wie folgt lautet:

"I.  Gemäß § 10a Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl.

      Nr. 74/1954, i.d.F. BGBl. Nr. 451/1990, werden Sie aus

      der Republik Österreich ausgewiesen.

II.  Gemäß § 10a Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz kommt einer

      allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid keine

      aufschiebende Wirkung zu.

III. Gemäß § 10a Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz haben Sie das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen."

2. Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 11. Dezember 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Begründend führte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf § 10a des Fremdenpolizeigesetzes aus, daß die Beschwerdeführerin laut Paßeintragung am 30. August 1990 aus der Türkei ausgereist und in der Folge in Österreich eingereist sei, ohne daß in ihrem Paß ein gültiger österreichischer Sichtvermerk und ein Stempel einer österreichischen Grenzkontrollstelle eingetragen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei somit der für sichtvermerkspflichtige Fremde bestehenden Verpflichtung, dem Grenzkontrollorgan auf jeden Fall den Reisepaß vorzulegen und einen Grenzsichtvermerk zu beantragen, nicht nachgekommen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe nicht gewußt, wo die österreichische Grenze sei, und sie sei offenbar an der Grenze durchgewinkt worden, erscheine nicht glaubwürdig. Zum einen seien die Grenzkontrollstellen deutlich gekennzeichnet und als solche jedermann erkennbar, zum anderen bestehe eine Weisung des Bundesministers für Inneres, daß bei jeder Einreise von türkischen Staatsangehörigen durch die österreichischen Grenzkontrollstellen in den Reisepässen Grenzübertrittsstempel anzubringen seien. Die Angaben der Beschwerdeführerin seien daher als Schutzbehauptungen zu qualifizieren.

Die Einreise der Beschwerdeführerin sei nicht länger als vier Monate vor der Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz erfolgt. Die Beschwerdeführerin sei laut Auskunft des Meldeamtes der Stadt Hohenems am 7. September 1990 zur Anmeldung gelangt. Sie habe somit nicht zurückgeschoben werden können, da sie nicht binnen sieben Tagen nach der Einreise betreten worden sei. Da sohin die Voraussetzungen für die Ausweisung der Beschwerdeführerin gegeben gewesen seien, sei der Bescheid der Erstinstanz zu bestätigen gewesen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab (Beschluß vom 13. Dezember 1991, B 1363/90-15) und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab (Beschluß vom 10. März 1992, B 1363/90-17). In der dem Verwaltungsgerichtshof gegenüber erstatteten Beschwerdeergänzung macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorweg sei festgehalten, daß sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt sieht, die von der Beschwerdeführerin beim Verfassungsgerichtshof vorgetragenen, in der Beschwerdeergänzung "ausdrücklich aufrecht erhaltenen" und "ausdrücklich wiederholten" Normprüfungsanregungen aufzugreifen. Die Beschwerdeführerin wird diesbezüglich auf den die Behandlung ihrer Beschwerde ablehnenden Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1991, B 1363/90-15, verwiesen, in dessen Begründung dargetan wird, daß das Vorbringen der Beschwerde - soweit damit verfassungsrechtliche Fragen tatsächlich berührt würden - vor dem Hintergrund der Rechtsprechung dieses Gerichtshofes zu § 10a FrPolG u.a. auch die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, daß die Beschwerde unter diesem Blickwinkel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

2. Gemäß § 10a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 451/1990, (FrPolG) können Fremde, die unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und nicht zurückgeschoben werden dürfen, innerhalb eines Zeitraumes von vier Monaten nach der Einreise mit Bescheid ausgewiesen werden.

Zufolge § 10a Abs. 4 leg. cit. kommt einer Berufung gegen eine gemäß Abs. 1 (und 2) verfügte Ausweisung aufschiebende Wirkung nicht zu.

Nach § 10a Abs. 5 leg. cit. haben Fremde, deren Ausweisung verfügt worden ist, das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen.

3.1. Die Beschwerde vertritt unter Bezugnahme auf eine vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst dem Verfassungsgerichtshof gegenüber erstattete Äußerung vom 9. Juli 1991 die Ansicht, daß die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 10a Abs. 1 FrPolG nicht verwirklicht habe, weil der Gesetzgeber mit "Umgehung der Grenzkontrolle" qualifizierte Verletzungen des Grenzkontrollgesetzes (vor allem Übertritt über die "grüne Grenze") gemeint habe, nicht aber das "Durchgewinktwerden" an der Grenze. Da die Beschwerdeführerin nur an der Grenze "durchgewinkt" worden und somit nicht unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, fehle es an der Tatbestandsmäßigkeit, weshalb die Ausweisung der Beschwerdeführerin "von vornherein" rechtswidrig sei.

3.2. Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Beschwerdeführerin von dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt, wurde doch die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie sei an der Grenze durchgewinkt worden, von der belangten Behörde als unglaubwürdige Schutzbehauptung qualifiziert. Gegen die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch die belangte Behörde bestehen im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keine Bedenken, solche wurden auch von der Beschwerdeführerin nicht konkret vorgebracht.

Ausgehend von dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zugrundezulegenden Sachverhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof weder die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte noch eine von Amts wegen wahrzunehmende, dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit zu erkennen.

4. Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180089.X00

Im RIS seit

09.07.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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