TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/9 92/18/0171

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Veröffentlicht am 09.07.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV §70 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des G in V, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 19. März 1992, Zl. 14-SV-3090/4/92, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 15. April 1991, Zl. 90/19/0590, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 6. November 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde, verwiesen.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Villach vom 26. Juli 1990 neuerlich ab, wobei sie die verhängten Strafen herabsetzte.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Behörde gehe auf Grund der zeugenschaftlichen Aussagen davon aus, daß die in Rede stehenden Arbeitnehmer zur Tatzeit Verputzarbeiten und sonstige Maurerarbeiten durchgeführt hätten. Der Sachverständige Dipl. Ing. H. habe in seinem (im fortgesetzten Verfahren eingeholten) Gutachten dargelegt, welche speziellen Gefahren bei Verputzarbeiten gegeben seien und welchen Schutz ein zweckentsprechendes Schuhwerk bieten müsse, nämlich einen solchen gegen Quetschungen (insbesondere der Zehen), Rutsch- und Sturzgefahr sowie Durchnässung und chemische Gefahren (hervorgerufen durch das Verputzmaterial). Arbeitsschuhwerk, das diesen Anforderungen entspreche, gebe es derzeit in normierter Ausführung nicht; der Sachverständige komme daher zum Schluß, daß die Verputzarbeiten die Verwendung von Sicherheitsschuhen erforderlich machen würden. Den Einwendungen des Beschwerdeführers, wonach auf der konkreten Baustelle Verputzmörtel zentral gemischt, mittels Pumpschlauch direkt zur Einbaustelle befördert und dort ohne weiteren "Umschlag" unmittelbar aus der Förderanlage aufgebracht worden sei, seien die Ausführungen des Sachverständigen in seiner Ergänzung zum Gutachten entgegenzuhalten, wonach gerade durch den Maschineneinsatz ein Herumspritzen des Materials viel eher eintrete, als bei herkömmlicher Handarbeit. Weiters komme der Sachverständige zum Schluß, daß bei allen Bauarbeiten die Möglichkeit der Gefährdung, vor allem des Vorfußes, durch herabfallende Gegenstände, insbesondere von Baumaterial oder Verschalungsmaterial, unter Umständen auch durch Werkzeuge, in erhöhtem Maße gegeben sei. Beim Einsatz von Maschinen, insbesondere Fördereinrichtungen, sei darüber hinaus eine Quetschgefahr nicht auszuschließen. Mit der Behauptung des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde weiter -, das Gutachten sei als tendenziös und einseitig zu qualifizieren, weshalb der Sachverständige wegen Befangenheit abgelehnt werde, würden keine Umstände glaubhaft gemacht, die die Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel stellen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und hiefür bestraft zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was zunächst die Rüge des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die notwendigen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so vermag er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, hat er doch im Verwaltungsverfahren selbst eingeräumt (vgl. die Schriftsätze vom 21. Jänner und 6. März 1992), daß zur Tatzeit von den betroffenen Arbeitern (jedenfalls) Verputzarbeiten durchgeführt wurden. Damit war auch die vom Beschwerdeführer vermißte Einvernahme des zuständigen Poliers entbehrlich, weil sich die belangte Behörde in Hinsicht auf die Frage, ob für diese Tätigkeit zur Gefahrenabwehr mit Arbeitsschuhen nicht das Auslagen gefunden werden kann, sondern hiefür Sicherheitsschuhe erforderlich sind, auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. samt Ergänzungsgutachten stützen konnte. Darin wurde die Erforderlichkeit von Sicherheitsschuhen unter anderem bei Verputzarbeiten schlüssig begründet, indem dieser Sachverständige auf die erhöhte Durchnässungsgefahr und die Gefahr eines direkten Hautkontaktes mit dem Mörtel hinwies, wodurch mechanische aber auch ätzende bis stark ätzende Einwirkungen auf die Haut möglich seien, sodaß das Schuhwerk so ausgeführt sein müsse, daß diese Gefährdungen mit Sicherheit hintangehalten werden würden.

Auch kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß Gründe für die Befangenheit dieses Sachverständigen zu Tage getreten seien. Insbesondere war dies nicht davon ableitbar, daß der Sachverständige die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers in Hinsicht auf die Feststellung des Sachverhaltes wegen Unterlassung der Vorlage des "Bautagebuches" erwähnte.

Was schließlich den (neuerlichen) Beschwerdeeinwand in Hinsicht auf die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Grunde des § 66 Abs. 2 AVG 1950 anlangt (vgl. dazu das im ersten Rechtsgang ergangene hg. Erkenntnis vom 15. April 1991), so vermag der Beschwerdeführer eine Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht darzutun, insbesondere war diese Verhandlung im Hinblick auf die obigen Darlegungen für die Feststellung des Sachverhaltes nicht erforderlich.

Die belangte Behörde konnte daher zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ausgehen. Aber auch die Verschuldensfrage hat sie richtig gelöst: Was zunächst den Einwand des Beschwerdeführers betrifft, der Polier sei als "Beauftragter" (Bevollmächtigter) zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen bestellt gewesen, so genügt der Hinweis auf das denselben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 11. November 1991, Zl. 91/19/0279; insbesondere kann auch im vorliegenden Beschwerdefall von der Darlegung eines diesbezüglichen Kontrollsystems keine Rede sein. Es bedurfte daher auch nicht der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vermißten Zeugeneinvernahme.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich für sein mangelndes Verschulden auf das im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführte "Handelskammerrundschreiben" verweist, wonach bei Verputzarbeiten Arbeitsschuhe generell als ausreichend anzusehen seien, so vermag er auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil er nicht einmal behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht hat, daß ihm dieses Rundschreiben schon vor dem inkriminierten Tatzeitpunkt mitgeteilt worden sei (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 91/19/0214).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweismittel Urkunden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180171.X00

Im RIS seit

09.07.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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