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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BäckAG 1955 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. März 1992, Zl. Ge-50.686/5-1992/Kut/Kai, betreffend Übertretungen des Bäckereiarbeitergesetzes (mitbeteiligte Partei: H in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (Spruchpunkt II) wurde von der Fortführung des gegen die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wegen Verdachtes von Übertretungen des "§ 11 Abs. 3" des Bäckereiarbeitergesetzes (im folgenden: BäckAG), begangen dadurch, daß sie mehrere namentlich genannte Arbeitnehmer an näher angeführten Sonn- bzw. Feiertagen jeweils länger als drei Stunden und über 12 Uhr Mittag hinaus beschäftigt habe, eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen und gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 die Einstellung verfügt.
Die dagegen vom Arbeitsinspektorat erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 1992 als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Erstbehörde habe das Verwaltungsstrafverfahren im wesentlichen deshalb eingestellt, weil die als Zeugen einvernommenen Dienstnehmer sich nicht mehr genau erinnern hätten können, welche Tätigkeiten von ihnen an den betreffenden Sonn- und Feiertagen tatsächlich verrichtet worden seien. Auch im Berufungsverfahren habe nicht mehr verifiziert werden können, welche Arbeiten von den Dienstnehmern tatsächlich ausgeführt worden seien. Weiters habe nicht geklärt werden können, ob die drei als Zeugen einvernommenen Arbeitnehmer "unabhängig von dem von ihnen unterfertigten Kollektivvertrag" dem Gastgewerbebetrieb oder der Konditorei der Mitbeteiligten zuzuordnen seien. Da in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Arbeitsinspektorates eine "Mischbeschäftigung" der in Rede stehenden Arbeitnehmer nicht auszuschließen sei, habe die Erstbehörde mit Recht von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens Abstand genommen und dieses eingestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 9 Abs. 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 BäckAG gelten die Vorschriften dieses Bundesgesetzes für Dienstnehmer einschließlich der Lehrlinge, die in Backwaren-Erzeugungsbetrieben beschäftigt und bei der Erzeugung von Backwaren verwendet werden, und zwar auch dann, wenn sie nebenbei zu anderen Arbeiten herangezogen werden. Als Backwaren-Erzeugungsbetriebe sind Betriebe anzusehen, in denen Brot und sonstige für den menschlichen Genuß bestimmte Backwaren einschließlich der Zuckerbackwaren für den Verkauf oder den Verbrauch im Betrieb erzeugt werden.
Nach § 1 Abs. 3 leg. cit. (in der Fassung der Novelle 1975, BGBl. Nr. 348) gelten die Vorschriften dieses Bundesgesetzes nicht für die Erzeugung von Backwaren in privaten Haushalten, soweit die Backwaren ausschließlich für den Eigenverbrauch bestimmt sind; sie gelten ferner nicht in Betrieben des Gastgewerbes, in denen Backwaren ausschließlich für den Eigenverbrauch oder zur Verabreichung an Gäste erzeugt werden.
Was den Hinweis der belangten Behörde auf die "Mischbeschäftigung" der in Rede stehenden Dienstnehmer anlangt, so hatte die belangte Behörde offenbar vor Augen, daß diese Dienstnehmer in einem Betrieb beschäftigt sind, der nicht nur zur Ausübung des Konditorgewerbes, sondern auch des Gastgewerbes dient. Welche rechtlichen Folgen dies nach sich zieht, ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dargestellt. Sollte die belangte Behörde damit die erwähnte Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 3 zweiter Halbsatz BäckAG als anwendbar erachtet haben, so könnte ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht beipflichten. Dies deshalb, weil nach einer systematischen Auslegung des § 1 Abs. 3 zweiter Halbsatz BäckAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. nur solche Betriebe gemeint sind, in denen allein das Gastgewerbe betrieben wird. Von daher gesehen bietet sich daher kein Anhaltspunkt für die Unanwendbarkeit des BäckAG im Beschwerdefall. Die von der Mitbeteiligten in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen.
Gemäß § 11 Abs. 1 BäckAG dürfen in Backwaren-Erzeugungsbetrieben Dienstnehmer an Sonntagen und an den im Feiertagsruhegesetz angeführten Feiertagen mit der Erzeugung von Backwaren nicht beschäftigt werden, sofern im folgenden nicht anderes bestimmt wird.
Nach der Aktenlage war es der belangten Behörde ohne nähere Begründung hiefür verwehrt, davon auszugehen, daß zur Tatzeit keine solche Tätigkeit entfaltet wurde; vielmehr ergibt sich etwa aus den von der belangten Behörde erwähnten Zeugenaussagen das Gegenteil.
Allerdings hatte die belangte Behörde offenbar (auch) die "Ausnahme-Bestimmung" des § 11 Abs. 3 BäckAG vor Augen. Danach gilt die Bestimmung des Abs. 1 ferner (neben Abs. 2) nicht für die Beschäftigung von Dienstnehmern zur Herstellung leicht verderblicher Zuckerbackwaren in Zuckerbäckereibetrieben, jedoch darf die Arbeit nicht länger als drei Stunden dauern und sich nicht über 12 Uhr Mittag hinaus erstrecken.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides läßt sich aber nicht entnehmen, ob die belangte Behörde das Strafverfahren gegen die Mitbeteiligte etwa deshalb eingestellt hat, weil ein Verstoß gegen das Verbot gegen § 11 Abs. 1 BäckAG im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 11 Abs. 3 leg. cit. nach Ansicht der belangten Behörde nicht vorgelegen sei. Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, daß § 11 Abs. 3 BäckAG - als Ausnahmebestimmung von der Verbotsvorschrift des § 11 Abs. 1 leg. cit. - für sich allein nicht als übertretene Vorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 in Betracht kommt.
Daß im Beschwerdefall eine andere Vorschrift die Anwendbarkeit des Beschäftigungsverbotes nach § 11 Abs. 1 BäckAG ausgeschlossen habe, wird von der belangten Behörde gleichfalls nicht dargelegt, obwohl ihr dies zutreffendenfalls unter Darstellung des dort zu subsumierenden, von ihr festgestellten Sachverhaltes oblegen wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen der aufgezeigten, wesentlichen Begründungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180163.X00Im RIS seit
11.07.2001