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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 1954 §13a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Februar 1992, Zl. Fr-2302/91, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 und Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 sowie des Abs. 3 FPG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 zu verschaffen.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Die belangte Behörde hat zur Begründung dafür, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG zu verantworten hat, im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 5. Februar 1990 bei der Erstbehörde um die Erteilung eines Wiedereinreisesichtvermerkes für die Dauer eines Jahres angesucht und dabei erklärt, er wolle in diesem Jahr mit Unterbrechungen längere Zeit als Tourist in Österreich verbringen. Keinesfalls habe er vor, hier eine Arbeit zu suchen, da er in Jugoslawien ein Gasthaus betreibe. Laut Mitteilung des Arbeitsamtes sei jedoch für den Beschwerdeführer eine vom 23. April 1990 bis 2. November 1990 gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt worden. Auf Grund des Umstandes, daß sich der Beschwerdeführer so kurze Zeit nach seiner Einreise um eine Beschäftigung bemüht habe, wobei ihm in der Folge auch tatsächlich eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei und er eine Beschäftigung ausgeübt habe, sei als erwiesen anzunehmen, daß der Beschwerdeführer von vornherein die Absicht gehabt habe, in Österreich zu bleiben und hier zu arbeiten. Wenn der Beschwerdeführer ausführe, daß ihm infolge der derzeit unsicheren Lage in seiner Heimat eine Rückkehr nicht möglich sei, er habe, um den Unterhalt seiner Familie und eine Kreditrückzahlung gewährleisten zu können, in Österreich eine Beschäftigung annehmen müssen, so sei dem entgegenzuhalten, daß zum Zeitpunkt der Erteilung der ersten Beschäftigungsbewilligung in Jugoslawien noch keine "unsichere Lage" geherrscht habe und auch seine Frau und seine drei Kinder bereits im September 1991 nach Jugoslawien zurückgekehrt seien.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe anläßlich der Stellung seines Sichtvermerksantrages am 5. Februar 1990 unrichtige Angaben über den Zweck und die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht und damit den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Damit aber war - entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers - auch die Annahme gerechtfertigt, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider (vgl. etwa das hg. Erkenntis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0231).
In Hinsicht auf die im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorzunehmende Interessenabwägung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Gattin und die Kinder des Beschwerdeführers hielten sich in Jugoslawien auf, lediglich die Brüder befänden sich in Österreich. Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, es sei jedoch den maßgebenden öffentlichen Interessen wesentlich größeres Gewicht beizumessen, als den privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich. Dem Einwand des Beschwerdeführers, das Aufenthaltsverbot würde sein berufliches und persönliches Fortkommen schwer beeinträchtigen, sei entgegenzuhalten, daß er bisher in Österreich keine qualifizierte Tätigkeit ausgeübt habe (er sei als Metallarbeiter, Fleischwarenarbeiter und Bauarbeiter tätig gewesen) und es daher nicht einsichtig sei, warum er diese Tätigkeiten nur in Österreich ausüben könne.
Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen: Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, derzeit befinde sich seine Familie bei ihm in Österreich, so steht einer Erörterung das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen. Die Tatsache einer Beschäftigungsbewilligung fällt zugunsten des Beschwerdeführers nicht ins Gewicht; auch kommt die Berücksichtigung öffentlichen Interessen im Rahmen des § 3 Abs. 3 FPG immer nur zu Ungunsten des Betroffenen in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1992, Zl. 92/18/0092). Auch steht der Hinweis der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten seien auch in anderen Ländern möglich, im Einklang mit der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. März 1992, Zl. 91/19/0364), wobei zu vermerken ist, daß die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens ohnedies von vornherein nicht zu berücksichtigen ist, wenn die Tatsachen, aus welchen die diesbezüglichen Interessen des Fremden abgeleitet werden sollen, entgegen den den Aufenthalt im Bundesgebiet regelnden Vorschriften geschaffen wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 90/19/0320). Was aber die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "bürgerkriegsähnlichen" Verhältnisse in seinem Heimatland anlangt, so fallen sie im Verhältnis zu den von der belangten Behörde aufgezeigten öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegenüber dem Beschwerdeführer im Zusammenhang damit, daß bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zu untersuchen ist, in welchen Staat der Fremde allenfalls abgeschoben werden kann, nicht maßgeblich ins Gewicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0343).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180142.X00Im RIS seit
09.07.1992