Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ApG 1907 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Mag. EK in R, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 4. September 1989, Zl. 562.045/1-VI/15-1989, betreffend Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (mitbeteiligte Partei: Dr. HG in E, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in N), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 9.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 31. Jänner 1985 erteilte der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz dem mitbeteiligten praktischen Arzt die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in E.
Mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 7. März 1985 wurde der Beschwerdeführerin die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in A erteilt.
Die Ordination und damit die ärztliche Hausapotheke des Mitbeteiligten befanden sich im Zeitpunkt der Konzessionserteilung im Haus En1 in einer Entfernung zur künftigen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke in Ax1 von weniger als vier Straßenkilometern. Vor Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke in A am 21. November 1985 verlegte der Mitbeteiligte im Mai 1985 seine Ordination in das Haus En2, das 5240 m von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke von A entfernt ist.
Am 20. September 1985 gab die Beschwerdeführerin der Bezirkshauptmannschaft den Zeitpunkt der Inbetriebnahme ihrer Apotheke bekannt und beantragte am 27. September 1985 bei der Bezirkshauptmannschaft die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung des Mitbeteiligten gemäß § 29 Abs. 4 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG).
Nachdem die Bezirkshauptmannschaft über diesen Rücknahmeantrag nicht entschieden hatte, brachte die Beschwerdeführerin am 2. September 1986 beim Landeshauptmann einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG ein.
1.2. Mit Bescheid vom 31. Juli 1987 wies der im Devolutionsweg zuständige gewordene Landeshauptmann den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung gemäß § 29 Abs. 4 ApG ab.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und führte darin im wesentlichen aus, der Mitbeteiligte habe nach Erteilung der Apothekenkonzession an die Beschwerdeführerin im Mai 1985 seine Ordination samt Hausapotheke von der ursprünglichen Adresse En1, die weniger als vier Straßenkilometer von der Apothekenbetriebsstätte in Ax1 entfernt sei, nach En2 (5240 m entfernt) und im Dezember 1985 in sein neues Haus in E (4200 m entfernt) verlegt. Bei der Prüfung der Voraussetzung, ob eine ärztliche Hausapotheke wegen zu geringen Abstandes zur neu errichteten öffentlichen Apotheke zurückzunehmen sei, komme es auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Konzessionserteilung und nicht auf den der Eröffnung der Apotheke an. Auch habe die Behörde gemäß § 29 Abs. 4 von Amts wegen vorzugehen. Die ärztliche Hausapotheke sei nur für die im Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides bestehende Ordinationsstätte genehmigt worden.
1.3. Mit Bescheid vom 15. Jänner 1988 wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst diese Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurück, da er den Instanzenzug als bereits erschöpft betrachtete.
1.4. Diesen Zurückweisungsbescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. April 1988, Zl. 88/08/0074 = ZfVB 1988/5/1741, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Der Bundesminister sei zur meritorischen Entscheidung über die Berufung zuständig.
1.5. Mit Bescheid vom 4. September 1989 (nachgeholter Bescheid in der Säumnisbeschwerdesache zur hg. Zl. 89/08/0058) wies der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst die Berufung gemäß § 29 Abs. 4 und 5 ApG als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes vom 31. Juli 1987, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung des Mitbeteiligten bzw. auf Erklärung, daß diese Bewilligung erloschen sei, abgewiesen worden war.
Nach der Begründung dieses Bescheides seien die Entfernungen zwischen der ärztlichen Hausapotheke in E und der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke in A sowie die Tatsache und der Zeitpunkt der Verlegung der ärztlichen Hausapotheke unbestritten.
Das Ziel der Regelung des § 29 Abs. 4 und 5 ApG sei es, eine kontinuierliche Heilmittelversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies solle damit erreicht werden, daß die ärztliche Hausapotheke ihren Betrieb erst unmittelbar vor Eröffnung der öffentlichen Apotheke schließen müsse. Demnach sei der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke maßgeblich für die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung. Dieser Zeitpunkt sei vom Konzessionsinhaber der Bezirkshauptmannschaft rechtzeitig bekannt zu geben. Der Zeitpunkt der Eröffnung (Inbetriebnahme) der öffentlichen Apotheke sei für die Beurteilung der Zurücknahmevoraussetzungen maßgebend. Notwendigerweise fielen der Zeitpunkt der Konzessionserteilung und der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke auseinander. Mitunter liege auch mehr als ein Jahr dazwischen.
Im vorliegenden Fall sei im Zeitpunkt der Eröffnung der öffentlichen Apotheke die Entfernung zwischen dem Berufssitz des Arztes und der Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke nicht geringer als vier Straßenkilometer gewesen.
Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1989, Zl. 88/08/0188 = ZfVB 1989/5/1402, ergebe sich, daß die Verlegung der ärztlichen Hausapotheke durch den Mitbeteiligten habe bewilligungsfrei erfolgen dürfen, zumal die gesetzmäßige Entfernung von der öffentlichen Apotheke nicht unterschritten worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof habe unter anderem in seinem Erkenntnis vom 19. November 1987, Zl. 83/08/0024, ausgesprochen, daß bei der Bedarfsprüfung auf bestehende ärztliche Hausapotheken Bedacht zu nehmen sei, soferne sie im Falle der Errichtung der geplanten öffentlichen Apotheke nicht zurückzunehmen wären. Der Konzessionswerber könne andererseits hinsichtlich jener Hausapotheken, die voraussichtlich in Wegfall geraten würden, damit rechnen, daß er diese Bevölkerungskreise zu versorgen haben werde. Nach Ansicht des Bundesminister bestehe jedoch zwischen dem Konzessionsbescheid und dem Bescheid über die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung kein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang, es handle sich um zwei getrennte Entscheidungen. Es bestehe kein derartiger rechtlicher Zusammenhang zwischen diesen Bescheiden, daß der Zurücknahmebescheid "ohne Rücksicht auf den Sachverhalt im Zeitpunkt des Zurücknahmebescheides davon ausgehen kann, daß eine Hausapotheke zurückzunehmen ist, die im Zeitpunkt der Erlassung des Konzessionsbescheides weniger als vier Straßenkilometer von der Apothekenbetriebsstätte entfernt war, im Zeitpunkt der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft jedoch bereits in eine größere Entfernung verlegt war."
Die Voraussetzung nach § 29 Abs. 4 ApG für die Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke des Mitbeteiligten sei somit nicht gegeben.
1.6. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke des Mitbeteiligten verletzt. Nach der Beschwerdebegründung sei unter "Neuerrichtung" einer öffentlichen Apotheke gemäß § 29 Abs. 4 ApG zum Unterschied von deren "Inbetriebnahme" die Rechtskraft des Bescheides über die Neuerrichtungskonzession zu verstehen. Zu den Personen, die innerhalb des 4 km-Umkreises zu versorgen sein würden, zählten auch die am Sitz einer ärztlichen Hausapotheke wohnhaften Personen, da diese Hausapotheke gemäß § 29 Abs. 4 ApG zu schließen sei. Es komme auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Konzessionsbescheides an. Andernfalls wäre es den von der Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung betroffenen Ärzten möglich, bis zur Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke ihre Ordinationen samt Hausapotheken in eine Entfernung von mehr als vier Straßenkilometern von der neuen öffentlichen Apotheke zu verlegen. Damit könnten die diesbezüglichen Prognosevoraussetzungen für die Bedarfsbeurteilung der öffentlichen Apotheke nachträglich in Wegfall gebracht werden.
Unter "Ortschaft" im Sinne des § 29 Abs. 3 ApG sei nicht die Gemeinde zu verstehen, sondern ein durch die Verbauung als Einheit charakterisiertes Gebiet. Bei Einräumung des Parteiengehörs im Verwaltungsverfahren wäre es der Beschwerdeführerin möglich gewesen, den Nachweis zu erbringen, daß der Mitbeteiligte anläßlich der ersten Verlegung seiner Ordination aus der Ortschaft E im vorstehend definierten Sinne "herausgesprungen" sei und damit die Voraussetzungen für einen Weiterbetrieb seiner Hausapotheke nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1989, Zl. 88/08/0188, weggefallen seien. Der Mitbeteiligte hätte für den neuen Ordinationssitz um Erteilung einer neuen Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke ansuchen müssen. Da er dies nicht getan habe, hätte die belangte Behörde im Rahmen der Erledigung des Antrages der Beschwerdeführerin zwar nicht mehr die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung aussprechen, sondern einen Feststellungsbescheid erlassen müssen, in dem das Erlöschen der Hausapothekenbewilligung des Mitbeteiligten auszusprechen gewesen wäre.
1.7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Sie erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 29 Abs. 3, 4 und 5 ApG lauten:
"(3) Verlegt ein praktischer Arzt seinen Berufssitz in eine andere Ortschaft, so erlischt die für den vorherigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.
(4) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet.
(5) Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke (Abs. 4) ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen. Die Behörde hat die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen, daß die Einstellung des Hausapothekenbetriebes mit dem Tag der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke erfolgt. Gegen einen Bescheid, mit welchem die Hausapothekenbewilligung zurückgenommen wird, ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig."
In Streit steht die Frage, auf welchen Zeitpunkt es beim Rücknahmetatbestand nach diesen Bestimmungen ankommt, was die Unterschreitung der Entfernung von vier Straßenkilometern zwischen Ordination des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke anlangt.
Dabei ist zu prüfen, ob das Gesetz auf den in einem bestimmten Zeitpunkt verwirklichten Sachverhalt abstellt oder ob in Ermangelung einer solchen ausdrücklichen Regel die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des Rücknahmebescheides maßgebend ist.
2.2.1. Der Zeitpunkt des Anhängigwerdens des Verfahrens betreffend eine Neuerrichtungskonzession einer öffentlichen Apotheke ist hiefür mangels einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung jedenfalls unmaßgeblich. Das Apothekengesetz enthält keine Regelung des Inhaltes, daß die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Erteilung einer Konzession für eine neue öffentliche Apotheke die - in derselben Ortschaft bewiligungsfreie (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1989, Zl. 88/08/0188 = ZfVB 1989/5/1402) - Verlegung einer bestehenden ärztlichen Hausapotheke unzulässig machen würde.
2.2.2. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin kommt es darauf an, ob sich die ärztliche Hausapotheke im Zeitpunkt der Erlassung des rechtskräftigen Apothekenkonzessionsbescheides innerhalb der 4 km-Zone befindet. Eine solche ärztliche Hausapotheke sei zwingend zurückzunehmen, auch wenn sie mittlerweile vor Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke in den außerhalb der 4 km-Zone liegenden Bereich verlegt worden sei; allenfalls sei festzustellen, daß die Hausapothekenbewilligung erloschen sei.
Diese Rechtsauffassung ist verfehlt. Es ist vielmehr bis zur Erlassung des Rücknahmebescheides vom aufrechten Bestand und von der vollen Wirksamkeit des Bescheides über die Hausapothekenbewilligung auszugehen. Das Gesetz läßt auch für die Zeit nach Erlassung des rechtskräftigen Apothekenkonzessionsbescheides keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, daß die Wirkungen (Gebote, Verbote und Erlaubnisse) des Hausapothekenbewilligungsbescheides vor seiner bescheidmäßigen Zurücknahme gemindert wären. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß dem hausapothekenführenden Arzt ab dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Apothekenkonzessionsverfahrens eines seiner Rechte, nämlich die Befugnis zur Verlegung der Hausapotheke nach § 29 Abs. 3 ApG, mangle, findet im Apothekengesetz keine Deckung. Der Bescheid über die Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist der contrarius actus zur rechts- und pflichtenbegründenden (primär konstitutiven) Bewilligung; als solcher ist er vom Gesetz in gleicher Weise nicht in erster Linie feststellend, sondern als rechts-und pflichtenbeendend (primär konstitutiv) konzipiert.
2.2.3. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Rechtsmeinung unter anderem auf eine terminologische Erwägung, nämlich die, daß im § 29 Abs. 4 und 5 ApG zwischen der "Neuerrichtung" und der "Inbetriebnahme" unterschieden werde und aus § 29 Abs. 4 ApG abzuleiten sei, daß die Behörde auf die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des Konzessionsbescheides abzustellen habe. Eine solche Anordnung trifft § 29 Abs. 4 ApG allerdings nicht. Die Worte "bei Neuerrichtung" finden sich nämlich im Hauptsatz (welcher lautet: "Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen") und nicht im Nebensatz (welcher lautet: "wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet"), wo diese Worte oder - noch deutlicher - die Worte "im Zeitpunkt der Erlassung des Konzessionsbescheides" stehen müßten, wenn das von der Beschwerdeführerin gedachte Ergebnis ausgedrückt hätte werden sollen. Eine solche Regelung wäre aber zweifellos insoweit unsachlich, als auch später in die Zone außerhalb von 6 km derselben Ortschaft verlegte Hausapotheken zurückgenommen werden müßten. Was der Beschwerdeführerin vorschwebt, wäre eine an § 29 Abs. 4 ApG angefügte Regelung, die etwa lautete, dies gelte auch für jene Hausapotheken, die nach rechtskräftiger Konzessionserteilung in die Zone zwischen 4 und 6 Straßenkilometern von der Apothekenbetriebsstätte hinausverlegt werden. Eine solche Regelung hat das Gesetz jedoch nicht getroffen.
Daß die Worte "bei Neuerrichtung" in § 29 Abs. 4 ApG im übrigen nicht als "gleichzeitig" mit dem Konzessionsbescheid, sondern als auslösendes Tatbestandsmoment "aus Anlaß" zu verstehen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/08/0101 = ZfVB 1987/2/419, ausgeführt. Die Bedeutung des Tatbestandselementes "bei Neuerrichtung" liegt vielmehr darin, daß es sich um eine NEUerrichtungskonzession handeln muß und die einem neuen Konzessionär erteilte Konzession zum Betrieb einer bereits BESTEHENDEN öffentlichen Apotheke oder die Wiederinbetriebnahme einer solchen Apotheke nach einer Betriebsunterbrechung nicht zur Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung führen kann.
Unter der "Errichtung" einer öffentlichen Apotheke kann nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, die rechtskräftige Konzessionserteilung verstanden werden, spricht doch z.B. § 10 Abs. 1 ApG von der "Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke", was es nahe legt, unter der Neuerrichtung keinen rechtlichen Akt, sondern eine Tatsache zu verstehen. Auch im § 29 Abs. 4 und 5 ApG ist unter der neu "errichteten" Apotheke nicht bloß die rechtskräftige Apothekenkonzession gemeint. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem schon zitierten Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/08/0101 = ZfVB 1987/2/419, den Begriff der "nächstgelegenen" öffentlichen Apotheke im Art. III Abs. 2 der Apothekengesetznovelle 1984 als "existente (in Betrieb genommene) Apotheke" verstanden. Wenn die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Auffassung, es komme auf den RECHTLICHEN Bestand und nicht auf den faktischen Betrieb an, auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 1959, Zl. 1792/56 (richtig: 1722/56), Bezug nimmt, dann ist ihr entgegenzuhalten, daß diese Entscheidung die Auslegung des Begriffes der "bestehenden" öffentlichen Apotheke im ehemaligen § 10 Abs. 3 ApG in Verbindung mit §§ 29 Abs. 1 und 48 Abs. 2 ApG in der Fassung vor der Novelle 1984 im Zusammenhang mit der Einspruchslegitimation wegen Existenzgefährdung zum Gegenstand hatte.
2.2.4. Aus dem Regelungszusammenhang der Absätze 4 und 5 des § 29 ApG und der ausdrücklichen Bezugnahme des § 29 Abs. 5 leg. cit. auf die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke für die (frühest möglichen) Wirkungen der Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke ergibt sich, daß als Zeitpunkt, in welchem die Unterschreitung der 4-km-Entfernung als Tatbestandselement der Hausapothekenzurücknahme verwirklicht sein muß, die Inbetriebnahme der neuen öffentlichen Apotheke zu gelten hat. Der vom Gesetzgeber grundsätzlich intendierte nahtlose Übergang der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln von der ärztlichen Hausapotheke auf die neue öffentliche Apotheke mit der Inbetriebnahme der letzteren erstreckt sich auch auf die in diesem Zeitpunkt gegebene Entfernung der Betriebsstätten voneinander. Die entscheidende Zäsur nach dem Regelungsinhalt des § 29 Abs. 5 ApG soll die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke sein. Darauf (und nicht auf den Zeitpunkt der Erlassung des Zurücknahmebescheides) muß auch das Tatbestandselement der 4-km-Entfernung bezogen werden. Auch eine nach diesem Zeitpunkt aus der 4-km-Zone herausverlegte ärztliche Hausapotheke ist somit zurückzunehmen. Bei diesem Auslegungsergebnis ist es der Behörde bzw. manipulativen Zufälligkeiten verwehrt, durch Verzögerung der Zurücknahme dem hausapothekenführenden Arzt auch noch nach Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke eine bewilligungsfreie Verlegung zu ermöglichen.
2.2.5. Die Beschwerdeführerin weist in ihrer Beschwerde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hin, daß in der Bedarfsprognose die innerhalb des 4 km-Bereiches um die neue öffentliche Apotheke wohnhaften Patienten von hausapothekenführenden Ärzten, deren Hausapotheken aus Anlaß der Errichtung der neuen öffentlichen Apotheke (voraussichtlich) im Wegfall geraten werden, dem Versorgungspotential der beantragten öffentlichen Apotheke zugerechnet werden, während dies für Kunden der bestehenbleibenden ärztlichen Hausapotheken, also jener außerhalb der 4 km-Zone nicht gelte. Die erstere Prognose werde sich daher durch eine Herausverlegung der ärztlichen Hausapotheke aus dem 4 km-Bereich nach Erteilung der auf die geschilderte Bedarfsbeurteilung gestützten Konzession nachträglich als unzutreffend herausstellen.
Es ist richtig, daß es hier allenfalls schon bald nach Erstellung der Prognose zu einer Verringerung des erwarteten Kundenpotentials kommen kann. Der Gesetzgeber hat aber auf diesen Umstand nicht besonders Bedacht genommen, sondern diese Vorgänge nicht anders behandelt als alle anderen Veränderungen der Bedarfsituation, die sich nach Rechtskraft der Apothekenkonzession ereignen.
2.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. März 1989, Zl. 88/08/0188 = ZfVB 1989/5/1402, ausgesprochen hat, folgt aus § 29 Abs. 3 ApG e contrario, daß die Ärzte ihren Ordinationssitz und damit die Betriebsstätte ihrer Hausapotheke innerhalb derselben Ortschaft bewilligungsfrei verlegen können, soferne sie die für sie konkret in Betracht kommende Entfernung von vier bzw. sechs Straßenkilometern von der nächsten öffentlichen Apotheke nicht unterschreiten.
Zum Begriff der Ortschaft verweist der Verwaltungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/10/0020-0024 = ZfVB 1991/4/1335.
Der Beschwerdeeinwand, die Beschwerdeführerin hätte bei ordnungsgemäßer Gewährung des Parteiengehörs den Beweis erbringen können, daß sich der Mitbeteiligte bei Verlegung seiner Ordination in das Haus En2 im Mai 1985 nicht innerhalb der Ortschaft gehalten habe, ist nicht zielführend. Dieser Sachverhalt war ja bereits Gegenstand der Sachverhaltsfeststellungen des erstinstanzlichen Bescheides. Die Beschwerdeführerin hätte in der Berufung Gelegenheit gehabt, zur Frage der rechtswirksamen Verlegung der Ordination des Mitbeteiligten und seiner Hausapotheke innerhalb der Ortschaft bzw. verneinendenfalls zum Erlöschen der Hausapothekenbewilligung gemäß § 29 Abs. 3 ApG Stellung zu nehmen. Eine Behauptung, das Haus En2 liege außerhalb der Ortschaft, in der sich der ursprüngliche Ordinationssitz befunden hatte, wurde nicht aufgestellt. Sie erscheint daher als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung. Im übrigen kommt es nach dem zitierten hg. Erkenntnis vom 22. März 1991 und dem dort zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1978, Slg. Nr. 8283, nicht, wie die Beschwerdeführerin vermeint, auf den Beginn und das Ende des verbauten Gebietes an; vielmehr werden darunter herkömmlicherweise die regelmäßig aus einem verbauten Ortskern und aus den um diesen gelagerten, auch aus unverbauten Grundstücken bestehenden Flächen verstanden, die in ihrer Gesamtheit das Gemeindegebiet bilden und deren Grenzen, auch wenn sie rechtlich nicht verankert sein sollten, auf Grund der historischen Gegebenheiten objektiv ermittelbar sind. So ist die fortlaufende Hausnumerierung (E) ein Indiz dafür, daß es sich um ein und dieselbe Ortschaft handelt.
Es ist daher davon auszugehen, daß der Mitbeteiligte die Verlegung seines Berufsitzes (Ordinationsitzes) samt Hausapotheke bei aufrechtem Bestand seiner Hausapothekenbewilligung vorgenommen und sich dabei im Rahmen seiner ihm durch § 29 Abs. 3 ApG bewilligungsfrei eingeräumten Befugnis gehalten hat. Diese Verlegung erfolgte unbestritten vor Inbetriebnahme der neuen öffentlichen Apotheke der Beschwerdeführerin.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Ersatz des Schriftsatzaufwandes war dem Mitbeteiligten nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen; da er in seiner Gegenschrift vom 2. Jänner 1990 den Pauschalsatz der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 206/1989 nicht ausgeschöpft hat, kam auch Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991 nicht zur Anwendung.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990100031.X00Im RIS seit
25.04.2001Zuletzt aktualisiert am
03.12.2010