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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des Helmut P in S, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Februar 1992, Zl. SV-586/2-1991, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer Gendarmerieanzeige, zu welcher der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren zwei schriftliche Stellungnahmen abgegeben hat, erließ die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (BH) gegen den Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom 19. August 1991. Darin wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe im Zeitraum vom 2. Jänner 1990 bis zum 26. Jänner 1990 den Ausländer M.B. in seinem Firmengebäude in S beschäftigt, obwohl er für diese Person keine Beschäftigungsbewilligung besessen habe und auch M.B. nicht im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF. gemäß BGBl. Nr. 231/1988 (AuslBG), begangen. Es werde daher über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) verhängt, ferner habe der Beschwerdeführer S 700,-- an Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer neuerlich den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf. Im besonderen wendete er gegen die im Spruch der BH angeführte Tatzeit ein, er habe bis 7. Jänner 1990 Betriebsurlaub gehalten, im übrigen gehe die BH selbst davon aus, daß M.B. nur "gelegentlich" innerhalb des genannten Zeitraumes für den Beschwerdeführer gearbeitet habe. M.B. habe vom Beschwerdeführer kein Geld erhalten. Ferner habe der Beschwerdeführer rechtzeitig um eine Beschäftigungsbewilligung für M.B. angesucht. Zur Strafbemessung brachte der Beschwerdeführer vor, sein Unternehmen sei zwischenzeitig in Konkurs gegangen; auch lägen weitere, bisher nicht beachtete Milderungsgründe vor. Er beantrage daher die Behebung des Bescheides der BH, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf S 2.500,--.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine Stellungnahme des Landesarbeitsamtes ein, aus der hervorgeht, daß am 2. Jänner 1990 um Beschäftigungsbewilligung für M.B. angesucht wurde und diese Bewilligung am 24. Jänner 1990 mit Geltungsdauer bis 31. Dezember 1990 erteilt worden ist.
Hierauf gab die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte der Berufung des Beschwerdeführers mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Februar 1992 teilweise Folge. Der Beschwerdeführer habe dadurch, daß er als Betriebsinhaber den M.B. im Zeitraum vom 2. Jänner 1990 bis 26. Jänner 1990 gelegentlich in seinem Firmengelände beschäftigt habe, obwohl er für den Genannten keine Beschäftigungsbewilligung besessen habe und dieser auch nicht im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen sei, § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG "in Anwendung des § 20 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG)" verletzt; dafür werde ihm eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) und ein Kostenbeitrag von S 250,-- vorgeschrieben.
Die belangte Behörde nehme aus den im Bescheid der BH ausführlich dargetanen Gründen, insbesondere auf Grund der Aussage des M.B. als erwiesen an, daß dieser während des im Spruch angeführten Zeitraumes gelegentlich in der Firma des Beschwerdeführers gegen - wenn auch geringes - Entgelt tätig gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei jedoch zugute zu halten, daß er nicht einschlägig vorbestraft sei und schon am 2. Jänner 1990 um Beschäftigungsbewilligung für M.B. angesucht habe; diese sei ihm mit 24. Jänner 1990 auch erteilt worden. Obwohl er nicht berechtigt gewesen sei, den M.B. vor Erteilung der Bewilligung zu beschäftigen, zeige das Verhalten des Beschwerdeführers, daß er sich um die Einhaltung des AuslBG bemüht habe. Es sei daher mangels Vorliegens von Erschwerungsgründen die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes gemäß § 20 VStG vertretbar; dies auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht nach dem AuslBG bestraft zu werden, verletzt und beantragt die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, aber mit Rücksicht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1991, G 294/91, von der Einbringung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem oben genannten Erkenntnis ausgesprochen, daß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF. der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 verfassungswidrig war, und daß diese Vorschrift auch auf die derzeit (d.h. am 13. Dezember 1991, siehe dazu auch BGBl. Nr. 105/1992) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden sei. Die vorliegende Beschwerde ist erst im April 1992 beim Verwaltungsgerichtshof angefallen, der Beschwerdefall zählt daher nicht zu den "Anlaßfällen" gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, sondern ist noch auf Grund der alten Rechtslage zu entscheiden.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 231/1988 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.
Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, die belangte Behörde habe sich, ohne auf seine wiederholt vorgebrachten Einwendungen einzugehen, ausschließlich auf die zum Teil mißverstandenen Angaben des M.B. gegenüber der Gendarmerie am 26. Jänner 1990 gestützt. Hätte sich die belangte Behörde mit den umfangreichen Rechtfertigungsangaben des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, dann hätte sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und M.B. nicht feststellen können.
Schon mit diesen Behauptungen zum Vorliegen einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist der Beschwerdeführer im Recht, denn die im Beschwerdefall eingeschrittenen Verwaltungsstrafbehörden haben es tatsächlich in Verletzung des § 37 AVG unterlassen, die Rechtfertigung des Beschwerdeführers einer Überprüfung zu unterziehen, obwohl darin die den Beschwerdeführer belastenden Angaben des M.B. gemäß der Gendarmerieanzeige in einer nicht von vornherein unglaubwürdigen Weise bestritten worden sind.
Der angefochtene Bescheid ist aber darüber hinaus mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil er hinsichtlich der dem Beschwerdeführer angelasteten Tatzeit einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung enthält. Die belangte Behörde ist - auch insoweit ohne jede Bedachtnahme auf entgegenstehende Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers - von einer Tatzeit ausgegangen, die sie im Spruch mit "im Zeitraum vom 2.1.1990 bis 26.1.1990 gelegentlich" umschrieben hat. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht demgegenüber in Übereinstimmung mit der Aktenlage hervor, daß dem Beschwerdeführer bereits am 24. Jänner 1990 eine Beschäftigungsbewilligung für M.B. erteilt worden ist. War dies aber der Fall, dann hätte der Beschwerdeführer jedenfalls für die Tage 24. bis 26. Jänner 1990 keinesfalls mehr eine Übertretung gegen das AuslBG begangen, was umso schwerer wiegt, als ja überhaupt nur für den 26. Jänner 1990 konkrete Hinweise auf eine Beschäftigung des M.B. im Unternehmen des Beschwerdeführers aktenkundig sind.
Ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung macht einen Bescheid inhaltlich rechtswidrig (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 575 angeführte Judikatur). Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090121.X00Im RIS seit
16.07.1992