TE Vwgh Beschluss 1992/7/16 91/06/0237

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Veröffentlicht am 16.07.1992
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Index

L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §29 Abs3;
ROG Stmk 1974 §29 Abs6;
ROG Stmk 1974 §29 Abs7;
ROG Stmk 1974 §29 Abs8;
ROG Stmk 1974 §29 Abs9;
ROG Stmk 1974 §31 Abs1;
ROG Stmk 1974 §31 Abs3;
VwGG §27;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/06/0238

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, in der Beschwerdesache 1.) des KB und 2.) des FK, beide in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen

1.) die Steiermärkische Landesregierung und 2.) den Gemeinderat der Marktgemeinde A wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer hat der Gemeinderat der Marktgemeinde A eine Flächenwidmungsplanänderung 2.01 für diese Marktgemeinde beschlossen, wobei nach dem Beschwerdevorbringen eine Reihe von Gesetzwidrigkeiten unterlaufen sein sollen. Dabei haben 98 Bewohner der genannten Gemeinde, darunter die Beschwerdeführer, Einwendungen gegen die geplante Flächenwidmungsplanänderung erhoben. Dem Beschwerdeführervertreter, der diese Personen vertreten hatte, wurde mitgeteilt, daß den Einwendungen nicht Folge gegeben worden sei, dies mit einer zusammenfassenden Begründung des Gemeinderates. Eine weiter Übermittlung von "Entscheidungen" ist aber nicht erfolgt. Daraus schlossen die Beschwerdeführer, daß eine Entscheidung über die Einwendungen nicht erfolgt sein könne, weil die Gemeinderatssitzungen vom 23. März und 19. April 1991 "nichtig" seien. Die daraus resultierenden Beschlüsse seien daher absolut kraft Gesetzes nichtig und könnten nicht als tatsächliche Entscheidungen gewertet werden. Es sei daher eine ordnungsgemäß gesetzeskonforme Entscheidung über die Einwendungen nicht erfolgt.

In der Folge wurde der Akt ohne "Behebung der nichtigen Gemeinderatsbeschlüsse" der erstbelangten Behörde vorgelegt, um eine Genehmigung nach § 29 ROG zu erwirken. Obwohl der Raumordnungsbeirat den Beschluß faßte, die Versagung der Flächenwidmungsplanänderung zu empfehlen, erging kein Versagungsbescheid, sodaß der geänderte Flächenwidmungsplan am 3. November 1991 kundgemacht wurde.

Daraus leiten die Beschwerdeführer wegen der "nichtigen" Gemeinderatsbeschlüsse eine Säumnis des Gemeinderates und wegen des Nichtergehens eines Versagungsbescheides eine Säumnis der Steiermärkischen Landesregierung ab, wobei sie überdies gegen §§ 29 und 34 des Stmk. Raumordnungsgesetzes verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.

Die Beschwerde ist aus mehreren Gründen unzulässig.

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren ALS PARTEI zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Schon dies trifft nach der eindeutigen Gesetzeslage nicht zu.

Gemäß § 29 Abs. 3 des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974 (ROG), LGBl. Nr. 127 in der Fassung zuletzt der Novelle LGBl. Nr. 15/1989, ist der vom Gemeinderat beschlossene Entwurf des Flächenwidmungsplanes mindestens acht Wochen im Gemeindeamt während der Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Dabei können innerhalb der Auflagefrist Einwendungen schriftlich und begründet beim Gemeindeamt bekanntgegeben werden. Gemäß Abs. 6 der zitierten Bestimmung sind nach erfolgter Beschlußfassung diejenigen, die Einwendungen vorgebracht haben, schriftlich zu BENACHRICHTIGEN, ob ihre Einwendungen berücksichtigt wurden oder nicht; erfolgt keine Berücksichtigung, so ist dies zu begründen. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. gelten diese Bestimmungen auch für das Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes.

Es kann also keine Rede davon sein, daß jene Grundeigentümer, die gegen den kundgemachten Entwurf Einwendungen erhoben haben, Parteien im Sinne des § 8 AVG im Verfahren zur Beschlußfassung des Flächenwidmungsplanes sind. Die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, stellt lediglich ein besonders ausgeformtes Anhörungsrecht dar; die Benachrichtigung, inwieweit die Einwendungen berücksichtigt wurden, hat keinerlei Bescheidcharakter. Da es sich bei den Flächenwidmungsplänen, daher auch den abgeänderten, entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht um individuelle, sondern um generelle Verwaltungsakte, nämlich Verordnungen, handelt, bestehen gegen diese gesetzlichen Regelungen auch keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken. Eine Verpflichtung der Behörde, im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung von Flächenwidmungsplänen über Einwendungen der betroffenen Grundeigentümer bescheidmäßig abzusprechen, (und eine solche Verpflichtung wäre Voraussetzung dafür, daß eine Säumnis der Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 AVG und deren Geltendmachung im Beschwerdeverfahren nach § 27 VwGG überhaupt in Betracht käme), sieht das Steiermärkische Raumordnungsgesetz nicht vor.

Völlig an der Rechtslage vorbei geht aber auch die Annahme der Beschwerdeführer, sie hätten Ansprüche gegen die Landesregierung als Aufsichtsbehörde auf Versagung der Genehmigung; betrifft das Genehmigungsverfahren doch ausschließlich das Verhältnis zwischen Gemeinde und Aufsichtsbehörde. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß dem Verwaltungsgerichtshof kein Widerspruch zwischen der Pflicht der Aufsichtsbehörde zur Prüfung und allfälligen Versagung des Flächenwidmungsplanes und jener Bestimmung erkennbar ist, wonach als gesetzliche Fiktion die Genehmigung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Wochen von dem Tag, an dem die Änderung beim Amt der Landesregierung eingelangt ist, mit Bescheid versagt wird (§ 31 Abs. 3 ROG). Ähnliche Bestimmungen über die Rechtsfolgen der Untätigkeit der Aufsichtsbehörde finden sich auch in anderen Raumordnungsgesetzen.

Im übrigen sind die von den Beschwerdeführern erhobenen Bedenken gegen den beschlossenen Flächenwidmungsplan für die Entscheidung des Gerichtshofes, der zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde zu prüfen hatte, nicht präjudiziell. Die Gesetzwidrigkeit des als genehmigt anzusehenden kundgemachten Flächenwidmungsplanes kann, sofern nicht eine Individualbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt, lediglich aus Anlaß einer Beschwerde gegen einen in einem Bauverfahren erlassenen Bescheid geprüft werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 VwGG mangels der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Parteistellung Parteienantrag Verschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991060237.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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