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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art144 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des NN in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Juli 1991, Zl. 103.742/6-II/2/91, betreffend Mehrleistungszulage nach § 18 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich.
Mit Antrag vom 11. Jänner 1988 begehrte der Beschwerdeführer rückwirkend ab 1. Jänner 1982 die "Zuerkennung" einer Mehrleistungszulage nach § 18 des Gehaltsgesetzes 1956. In diesem Antrag führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, er sei seit 1981 mit der Durchführung aller Aktenerledigungen in Asylangelegenheiten betraut; seit 1982 sei er überdies in Fremden-, Staatsbürgerschafts- und Waffenangelegenheiten sowie als Referent in der Präsidial- und Personalabteilung in großem Umfang tätig. Gemeinsam mit diesem Antrag legte der Beschwerdeführer seine Arbeitsplatzbeschreibung vor, auf die er Bezug nahm und in der seine Tätigkeit wie folgt umschrieben ist:
"A) PRÄSIDIAL- UND PERSONALABTEILUNG:
Über Auftrag des Behördenleiters zu setzende
Maßnahmen in Personalangelegenheiten und Handhabung
des Dienst- und Besoldungsrechtes, im einzelnen:
Ausfertigung von dienst- und
besoldungsrechtlichen Bescheiden, insbesondere nach dem BDG und
dem Gehaltsgesetz,
Ausstellung von Dekreten und Besorgung des Schriftverkehrs;
Feststellung von Zulagen und Nebengebühren dem Grunde und der Höhe nach, ebenso auch deren
Einstellung oder Reduzierung.
fristgerechte Wahrnehmung von Beförderungen,
Ernennungen und Dienstjubiläen samt den
entsprechenden Antragstellungen,
Überprüfung der Monatsabrechnung (Überstunden,
Gefahrenzulage, Nachtdienstgeld, Journaldienste,
Computerblätter),
Erstellung des Jahrestätigkeitsberichtes,
Erstellung von Statistiken und laufende
Berichterstattungen an das BMI,
Verwahrung und Ausgabe von Dienstausweisen und Dienstabzeichen,
Kontrolle der ausgegebenen Amtssiegel,
Führung und Verwahrung der Kranken-, Urlaubs- und Geldblätter sowie der Personalakten,
Führung des Protokollbuches
Festsetzung des Urlaubsanspruches und Vorladung
zum Amtsarzt
Dekretausstellungen bei Pensionierungen, Setzung
von Maßnahmen im Disziplinarrecht und bei der Leistungsfeststellung,
Antragstellung für sichtbare Auszeichnungen,
Vorbereitung von Dienstzuteilungen und Ausstellung
von Dienstaufträgen,
Protokollierung einlangender Erlässe
Dienst- und Fachaufsicht betreffend die Kanzlei
(1 c, 1 VB) sowie der Amtsbibliothek (1 C)
B) ASYLWESEN:
Durchführung der Asylverfahren bis zu deren
Abschluß mit Feststellungsbescheid
bescheidmäßige Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft.
bescheidmäßige Aberkennung der dauernden
Aufenthaltsberechtigung
Schriftverkehr in Asylangelegenheiten mit dem Hochkommissär
Berichterstattung in Asylangelegenheiten
Vorbereitung der Auswanderung von Flüchtlingen
gesamter Parteienverkehr in Asylangelegenheiten
Berufungsvorlagen an das BMI
umfangreiche, ins Gebiet des Managements fallende Nebenerledigungen bei Bewältigung der zahlreichen, facettenreich auftretenden Probleme im Zusammenhang mit Flüchtlingen.
C) FREMDENPOLIZEI:
Alle über routinemäßige Erledigungen
hinausgehende Aufgaben, wie insbesondere bei der Abschiebung Fremder zur Koordinierung zwischen den Bezirkshauptmannschaften und den jeweiligen
ausländischen Vertretungsbehörden bzw. dem BMI,
Entscheidungen über die Ausdehnung der Schubhaft
auf 3 Monate und Vorbereitung entsprechender
Bescheide
Verständigung von Vertretungsbehörden bei
Verhaftung oder bei Unfällen Fremder
Berichterstattung an das BMI bei Verhaftung oder
Unfall Fremder
d)
Im Rahmen des Journaldienstes Vertretung des Behördenleiters und Aufsicht über die von der Sicherheitsdirektion ausgesandten Pressemitteilungen
E) GRENZANGELEGENHEITEN
Erledigungen administrativer Grenzangelegenheiten"
Die Anzahl seiner Aktenerledigungen listete der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 11. Jänner 1988 selbst wie folgt auf:
"1)
ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1981:
a) FrA - Akten ca. 2000
b) Fr - Akten ca. 100
2100
2) ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1982:
a) FrA - Akten ca. 6000
b) Stb - Akten ca. 50
c) Fr - Akten ca. 230
d) Wa - Akten ca. 20
e) P - Akten ca. 100
6400
3) ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1983:
a) FrA - Akten ca. 1800
b) StB - Akten ca. 50
c) Fr - Akten ca. 350
d) Wa - Akten ca. 40
e) P - Akten ca. 360
2600
4) ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1984:
a) FrA - Akten ca. 1170
b) Stb - Akten ca. 100
c) Fr - Akten ca. 500
d) Wa - Akten ca. 30
e) P - Akten ca. 400
2200
5) ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1985:
a) FrA - Akten ca. 1280
b) Stb - Akten ca. 520
c) Fr - Akten ca. 660
d) Wa - Akten ca. 40
e) P - Akten ca. 500
3000
6) ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1986:
a) FrA - Akten ca. 1600
b) Stb - Akten ca. 130
c) Fr - Akten ca. 640
d) Wa - Akten ca. 30
e) P - Akten ca. 500
2900
7) ANZAHL MEINER AKTENERLEDIGUNGEN IM JAHR 1987:
a) FrA - Akten ca. 1600
b) Fr - Akten ca. 1450
c) Wa - Akten ca. 250
d) P - Akten ca. 500
3800
8)
Für das Jahr 1988 liegen bereits ÜBER 1000 Asylakten
unerledigt zur Bearbeitung in meinem Büro."
Die Dienststelle des Beschwerdeführers erhob den im wesentlichen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers identen Sachverhalt und teilte auch im Ergebnis die Auffassung des Beschwerdeführers.
Da aber die zur Bemessung der Mehrleistungszulage erforderliche Zustimmung des Bundeskanzleramtes nicht erreichbar war, entschied die Behörde erster Instanz überhaupt nicht, weshalb der Beschwerdeführer Übergang der Entscheidungspflicht geltend machte.
Mit dem angefochtenen Bescheid verneinte die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf Mehrleistungszulage.
Zur Begründung wird nach zusammengefaßter Wiedergabe des Antrages des Beschwerdeführers, des Verfahrensablaufes, der Rechtslage und der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen weiter ausgeführt, die vom Beschwerdeführer in seiner Verwendung bei der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich erbrachten Leistungen seien äußerst differenziert und stellten sich aus einer Vielzahl von verschiedenartigsten Arbeitsschritten zusammen. So obliege dem Beschwerdeführer im Asylwesen die Bearbeitung des Aktes vom erstmaligen Einlangen des Geschäftsstückes bis hin zur endgültigen Ablage des Aktes. Der Beschwerdeführer habe weiters die Einleitung allfällig notwendiger fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu veranlassen. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer vertretungsweise mit Fremdenpolizei-, Staatsbürgerschafts- und Waffenangelegenheiten befaßt, wobei auch diese Gebiete äußerst differenzierte Aufgabenstellungen aufwiesen. Seine diesbezüglichen Tätigkeiten erstreckten sich von der Beantwortung telefonischer Anfragen über die Abwicklung des Parteienverkehrs bis hin zur Verfassung der verschiedenartigsten schriftlichen Erledigungen. Da sich die vom Beschwerdeführer in seiner Verwendung erbrachten Leistungen angesichts der im Einzelfall zu Tage tretenden Verschiedenheit und der bei der Erledigung anzuwendenden Arbeitsintensität einer sinnvollen Erfassung nach Maß und Zahl im Rahmen einer bestimmten Zeiteinheit entzögen, sei es in der Folge daher auch nicht möglich, eine Normalleistung festzustellen.
An dieser Feststellung könnten auch die Verweise des Beschwerdeführers auf die zwischenzeitig erfolgte Personalvermehrung bei der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich keine Änderung herbeiführen. Die Tatsache, daß im Falle des Beschwerdeführers eine Normalleistung nicht habe festgestellt werden können, bleibe davon unberührt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Mehrleistungszulage nach § 18 des Gehaltsgesetzes 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Gemäß § 18 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle BGBl. Nr. 214/1972, gebührt dem Beamten, der eine in fachlicher Hinsicht zumindest gute Leistung erbringt, die - bezogen auf eine Zeiteinheit - in mengenmäßiger Hinsicht erheblich über der Normalleistung liegt, eine Mehrleistungszulage. Bei ihrer Bemessung ist auf das Verhältnis der Mehrleistung zur Normalleistung Bedacht zu nehmen.
Aus dieser Vorschrift ergibt sich, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 17. März 1986, Zl. 85/12/0072), daß eine Mehrleistungszulage nur für Leistungen eines Beamten in Betracht kommen kann, die ihrer Art nach die Ermittlung einer mengenmäßigen Normalleistung zulassen. Eine solche Normalleistung wird insbesondere dann nicht ermittelt werden können, wenn die von einem Beamten erbrachten Leistungen vorwiegend geistiger Art sind. Besteht die Arbeit des Beamten aus ungleichen Dienstverrichtungen verschiedenen Schwierigkeitsgrades, so entzieht sie sich einer sinnvollen Erfassung nach Zahl und Maß im Rahmen einer bestimmten Zeiteinheit.
Die Auslegung des § 18 des Gehaltsgesetzes 1956, ein Mehrleistungsanspruch sei nur für Leistungen eines Beamten anzunehmen, die ihrer Art nach die Ermittlung einer mengenmäßigen "Normalleistung" zulassen (z.B. bei Tätigkeiten, für die in der Privatwirtschaft ein Akkordlohn üblich ist) und damit bei einem Beamten einen Mehrleistungszulagenanspruch auszuschließen, bei dem die "Normalleistung" überhaupt nicht (oder nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand) eruierbar ist, hat der Verfassungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes für unbedenklich erachtet (vgl. VfSlg. 11.193/1986).
Die belangte Behörde hat die Abweisung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruches damit begründet, daß die Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers auf Grund der Vielzahl verschiedener Dienstverrichtungen die Festsetzung einer Normalleistung nicht zulasse.
Diese Überlegung findet ihre sachverhaltsmäßige Deckung auch in der vom Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf Mehrleistungszulage vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung vom 21. Juli 1987. Demnach ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer neben den Angelegenheiten des Asylwesens und der Durchführung qualifizierter Amtshandlungen im Bereiche der Fremdenpolizei auch die Aufgaben des Präsidial- und Personalreferates und die Bearbeitung administrativer Grenzangelegenheiten zu besorgen hat.
Bereits diese Beschreibung der vom Beschwerdeführer zu besorgenden unterschiedlichen Tätigkeitsarten zeigt, daß die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht die Möglichkeit der Ermittlung einer Normalleistung auf Grund der Vielzahl der unterschiedlichen Dienstverrichtungen in verschiedenen Aufgabenbereichen mit durchaus geistig anspruchsvollen Anforderungen an die Dienstleistung des Beschwerdeführers verneint hat.
Dazu kommt noch, daß auch die vom Beschwerdeführer selbst in seinem Antrag genannten Aktenerledigungszahlen (vgl. die einleitende Sachverhaltsdarstellung) in dem von ihm geltend gemachten Zeitraum zwischen 6400 bis 2100 Akten insgesamt jährlich schwanken. Auch dieser Umstand einer stark schwankenden Arbeitsbelastung läßt die Festsetzung einer Normalleistung nicht zu (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 89/12/0072 mit weiteren Judikaturhinweisen).
Da diese den Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst beruhen und diesbezüglich mit den Erhebungen der Behörde erster Instanz übereinstimmen, kommt auch den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängeln keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu.
Wenn auch die besondere Arbeitsbelastung und die Dienstleistung des Beschwerdeführers von seiner Dienstbehörde anerkannt worden ist, so ist doch bereits unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen klar, daß der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch auf Mehrleistungszulage nicht gegeben ist.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991120224.X00Im RIS seit
16.11.2000