TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/29 91/12/0288

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Veröffentlicht am 29.07.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §38 Abs1;
BDG 1979 §40 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs1;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art130 Abs1 litb;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131a;
B-VG Art20 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner sowie die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 23. Juli 1991, Zl. 21/01/91 001-3, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betreffend organisatorische und personelle Änderungen im allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus B, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland Aufwendungen von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Burgenland. Seine Dienststelle ist das allgemeine öffentliche Landeskrankenhaus B.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland die vom Beschwerdeführer wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zusammenhang mit der Teilung der von ihm geleiteten Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe des allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhauses B in eine Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe unter Leitung eines neu zu bestellenden Abteilungsleiters und eine Abteilung für Gynäkologie bei geänderter räumlicher Situierung gemäß § 67c Abs. 1 und 3 AVG zurück. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 2. April 1991 davon in Kenntnis gesetzt worden, daß entsprechend dem Beschluß der burgenländischen Landesregierung vom 2. April 1991 die im allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus B bestehende selbständige Abteilung für Gynäkologie - deren Leiter der Beschwerdeführer war - in eine Abteilung für konservative Gynäkologie und eine Abteilung für operative Gynäkologie geteilt werden solle. Gleichzeitig sei die Abteilung für konservative Gynäkologie - auch zweite Abteilung für Gynäkologie genannt - unter die ärztliche Leitung des Beschwerdeführers gestellt worden. Weiters seien in diesem Schreiben nähere organisatorische Anordnungen enthalten; es werde auch ausgeführt, daß die Nichtbefolgung dieser als Dienstanweisung bezeichneten schriftlichen Erledigung dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Gegen dieses Schreiben sei vom Beschwerdeführer Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG erhoben und ausgeführt worden, daß es sich um keinen Bescheid, sondern um eine Maßnahme der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt handle. Der Unabhängige Verwaltungssenat gehe wie der Beschwerdeführer davon aus, daß das Schreiben vom 2. April 1991 kein Bescheid sei, zumal es nicht die äußere Form eines Bescheides aufweise und ausdrücklich als Dienstanweisung bezeichnet sei. Es sei daher zu untersuchen gewesen, ob es sich im Gegenstand um einen beim Verwaltungssenat bekämpfbaren Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handle. Dies sei zur verneinen, weil nach Lehre und Rechtsprechung Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt nur dann vorliege, wenn eindeutig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen werde. Ein derartiger Eingriff sei im allgemeinen nur dann gegeben, wenn physischer Zwang ausgeübt werde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls drohe. Im vorliegenden Fall sei weder physischer Zwang ausgeübt noch angedroht worden. Die Androhung einer Disziplinarstrafe stelle lediglich den Hinweis auf mögliche Rechtsfolgen dar, ohne daß dem normativer Charakter zukäme, zumal über eine Disziplinarstrafe in einem eigenen Verfahren, dessen Ergebnis bekämpft werden könne, entschieden werde. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 19. März 1990, Zl. 89/12/0036, die bloße Befürchtung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens als höchstens mittelbaren Zwang angesehen. Die Rechtsprechung gehe weiters davon aus, daß Akte, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens gesetzt werden, oder Akte, deren Rechtmäßigkeit im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu beurteilen sei, keine Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt seien. Dem Beschwerdeführer wäre es im vorliegenden Fall möglich gewesen, bei der Dienstbehörde einen Feststellungsbescheid darüber zu beantragen, ob eine Maßnahme gemäß § 40 BDG vorliegt. Auch aus diesem Grunde sei das Vorliegen einer faktischen Amtshandlung zu verneinen. Hinzu komme, daß es sich in concreto um eine Weisung gehandelt habe, der der Beschwerdeführer, der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land stehe, unterliege. Eine Weisung stelle jedoch gemäß Art. 20 Abs. 1 B-VG eine eigene Rechtsform dar, die im Innenverhältnis der Verwaltung ergehe und daher nicht als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der vorliegenden Beschwerde als unbegründet beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seiner Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat erachtete sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner ärztlichen Tätigkeit durch die Invollzugsetzung der Dienstanweisung vom 2. April 1991 wie folgt beschränkt:

Er dürfe nur mehr einen kleinen Teilbereich seines Faches ärztlich betreuen,

er dürfe keine operative Tätigkeit mehr ausführen, er habe keine Möglichkeit zur Behandlung von Schwangeren, er habe keine Möglichkeit zur Geburtshilfe,

er habe kein eigenes Personal,

die Anordnung der Mitverwendung von Turnusärzten der ersten Abteilung bringe es mit sich, daß ihm Turnusärzte meistens nicht zur Verfügung stünden,

er sei in seiner medizinischen Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt, da er nicht zu entscheiden habe, wer zu ihm in die Abteilung transferiert werde,

die ihm verbliebene technische Ausstattung sei unzureichend und beeinträchtige die Untersuchungsqualität erheblich,

die hygienischen Bedingungen des ihm zugewiesenen Ambulanzraumes seien unbrauchbar.

In diesem Umfang war nur die Frage Gegenstand des Verfahrens vor dem UVS, ob die am 2. April 1991 auf Grund des Schreibens des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom 2. April 1991 in B durchgeführte Maßnahme einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt. Daß die vom Beschwerdeführer bekämpften Maßnahmen über die Invollzugsetzung der Dienstanweisung vom 2. April 1991 hinausgegangen seien, behauptet er nicht. Grundlage der von ihm bekämpften "Maßnahmen" bildet also das als Dienstanweisung zu wertende Schreiben des Amtes der burgenländischen Landesregierung an den ärztlichen Leiter des allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhauses B. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ein behördliches Handeln dar, das sich bereits als solches im Bereich des Faktischen auswirkt (argumentum "unmittelbar"), ohne daß es hiezu weiterer Handlungen bedürfte. Diese Voraussetzung erfüllt ein Sachverhalt aber nur dann, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen (vgl. Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/04/0243, vom 30. September 1986, Zlen. 86/04/0144 bis 0149 mit weiteren Judikaturhinweisen und vom 19. März 1990, Zl. 89/12/0036). Die von der belangten Behörde verfügte organisatorische Änderung im allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus B (samt den damit verbundenen, ihnen dienenden Maßnahmen) schließt die Anwendung eines solchen unmittelbaren Zwanges nicht ein, weil der Zustand, auf den die Maßnahme der Behörde gerichtet war, erst dadurch hergestellt wird, daß der Beamte der behördlichen Verfügung Folge leistet. Bereits in der Vorentscheidung (hg. Beschluß vom 10. Juni 1991, Zl. 91/12/0101) wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß ihm die Möglichkeit offensteht, bei der zuständigen Dienstbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber zu beantragen, ob die Personalmaßnahme, durch die er sich nunmehr beschwert erachtet, ohne Einhaltung des Formerfordernisses des § 38 Abs. 5 BDG 1979 zulässig war.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich aber der angefochtene Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland als mit der Rechtslage in Einklang stehend, weshalb der Beschwerde nicht Folge gegeben werden konnte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120288.X00

Im RIS seit

05.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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