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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ArbVG §144 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 15. November 1990, Zl. 470.00/1-III 5/90, betreffend Errichtung einer Schlichtungsstelle (mitbeteiligte Partei: Betriebsrat der H Gesellschaft m.b.H., vertreten durch den Betriebsratsobmann, in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und durch die dem Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten belegten Beschwerdevorbringen zufolge hat der Betriebsrat der Beschwerdeführerin (mP) an den Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien (PASW) den Antrag auf Errichtung einer Schlichtungsstelle gemäß § 144 Abs. 3 ArbVG zum Zweck der Abänderung der bestehenden Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit gestellt. Mit Erledigung vom 17. Jänner 1990 brachte der PASW diesen Antrag der Beschwerdeführerin mit der Aufforderung zur Kenntnis, binnen zwei Wochen zwei Beisitzer namhaft zu machen, deren Zustimmungserklärungen anzuschließen und sich zum Vorschlag des Betriebsrates hinsichtlich des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle zu äußern.
Der gegen diese von der Beschwerdeführerin als Bescheid gewerteten Erledigung erhobenen Berufung gab der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien mit Bescheid vom 17. April 1990 keine Folge.
Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. November 1990 teilweise Folge, indem der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Berufung gegen die Erledigung des PASW vom 17. Jänner 1990 zurückgewiesen wurde.
Mit Erkenntnis vom 16. Juni 1992, B 1319/90, wies der Verfassungsgerichtshof die von der Beschwerdeführerin gegen den letztangeführten Bescheid erhobene Beschwerde ab und trat diese zur Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen (verfassungsmäßig nicht gewährleisteten) Recht verletzt worden sei, an den Verwaltungsgerichtshof ab. In den bereits in dem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschriftsatz enthaltenen, für den Fall der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Ausführungen macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist die Beantwortung der Frage von ausschlaggebender Bedeutung, ob es sich bei der Erledigung des PASW vom 17. Jänner 1990 um einen Bescheid oder lediglich um eine gesondert nicht anfechtbare Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG handelt. Die in der Beschwerde für den Bescheidcharakter dieser Erledigung ins Treffen geführten Argumente zielen darauf ab, ihr die Bedeutung eines rechtsbegründenden Aktes, mit dem - in teilweiser Erledigung des Antrages der mP - das Verfahren über diesen eingeleitet wird, beizumessen.
Entgegen dieser Auffassung kann in der Erledigung des PASW eine teilweise Erledigung des Antrages der mP nicht erblickt werden. Wie bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem angeführten Erkenntnis dargelegt hat - diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof geteilt -, hat die Information über den von der mP gestellten Antrag ebensowenig wie die Aufforderung, Beisitzer namhaft zu machen, angesichts der dem PASW offenstehenden Möglichkeit, von der Errichtung einer Schlichtungsstelle abzusehen, deren Errichtung zwingend zur Folge.
Da das ArbVG eine bescheidförmige Einleitung des Verfahrens betreffend die Errichtung einer Schlichtungsstelle nicht vorsieht, kann einer auf Grund eines diesbezüglichen Antrages einer Verfahrenspartei ergehenden Aufforderung an eine von diesem Antrag betroffene weitere Verfahrenspartei, hiezu Stellung zu nehmen, nicht die Bedeutung einer als Bescheid zu wertenden Verfahrenseinleitung beigemessen werden.
Soweit die Beschwerdeführerin die Zuständigkeit des PASW für die Errichtung der Schlichtungsstelle in Zweifel zieht, weil die Angelegenheit, zu deren Regelung die Schlichtungsstelle dienen solle, bereits kollektivvertraglich geregelt sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß selbst für den Fall des Zutreffens dieser Überlegungen die darin aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Verfahrens erst durch den dieses Verfahren abschließenden Bescheid rechtlich wirksam werden könnte. In einem gegen einen derartigen Bescheid angestrengten Rechtsmittelverfahren stünde dann der Beschwerdeführerin auch die Möglichkeit offen, die ihrer Ansicht nach vorliegende Unzuständigkeit der Behörde zur Durchführung eines Verfahrens über den Antrag der mP und somit auch zur Erlassung der Aufforderung vom 17. Jänner 1990 geltend zu machen.
Es ergibt sich somit, daß der Erledigung des PASW Bescheidcharakter nicht zukommt, sondern daß sie bzw. die Befolgung oder auch Nichtbefolgung der mit ihr ausgesprochenen Aufforderung rechtliche Wirkung erst durch die Errichtung der Schlichtungsstelle selbst entfalten kann. Daraus folgt, daß die belangte Behörde die Erledigung zu Recht als gemäß § 63 Abs. 2 AVG erst mit Berufung gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid bekämpfbare Verfahrensanordnung angesehen hat, sodaß die Zurückweisung der dagegen erhobenen Berufung der Gesetzeslage entspricht.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Verfahrensanordnungen Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Instanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrechtliche Bescheide Zurückweisung Kostenbescheide Ordnungs- und MutwillensstrafenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010609.X00Im RIS seit
25.01.2001