TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/29 91/12/0284

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Veröffentlicht am 29.07.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §56;
GehG 1956 §30a Abs1 Z2 idF 1972/214;
GehG 1956 §30a Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Dr. V in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. Oktober 1991, Zl. 213.865/3-7/91, betreffend Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 (Dienstklassenzulage), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Rat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist ein Landesinvalidenamt.

Dort war der Beschwerdeführer als Beamter der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse V, seit 1. April 1986 als Leiter einer Geschäftsabteilung und seit 10. April 1987 zusätzlich als Stellvertreter des Amtsleiters tätig.

Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1989 wurde der Beschwerdeführer in die Dienstklasse VI ernannt.

Bereits mit Antrag vom 11. Mai 1986 hatte der Beschwerdeführer eine Dienstklassenzulage ab 1. April 1986 begehrt.

Über diesen Antrag entschied die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 9. Oktober 1990 nur insoweit, als dem Beschwerdeführer AB 1. OKTOBER 1988 eine Dienstklassenzulage in der Höhe eines Vorrückungsbetrages seiner damaligen Dienstklasse V und ab 1. Juli 1989 in Höhe eines halben Vorrückungsbetrages seiner (seitherigen) Dienstklasse VI zuerkannt wurde. Ausdrücklich hieß es in diesem Bescheid, daß über die Zeit vor dem 1. Oktober 1988 gesondert entschieden werde, weil hiefür die Zustimmung von BKA und BMF noch nicht vorliege.

Da eine solche Entscheidung zunächst nicht erging, begehrte der Beschwerdeführer mit Devolutionsantrag vom 26. November 1990 den Übergang der Entscheidungspflicht. Gleichzeitig schränkte er sein Begehren auf die Zeit ab Bestellung zum Amtsleiter-Stellvertreter (10. April 1987) ein.

Am 9. Juli 1991 machte der Beschwerdeführer schließlich beim Verwaltungsgerichtshof Verletzung der Entscheidungspflicht geltend. Das unter Zl. 91/12/0169 protokollierte Verfahren wurde am 18. November 1991 wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt.

Dieser (- der nunmehr angefochtene Bescheid -) erging nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens, im Zuge dessen der Beschwerdeführer zweimal im Rahmen des Parteiengehörs schriftlich Stellung nahm. In der Sache wurde der Anspruch des Beschwerdeführers auf die von ihm begehrte Dienstklassenzulage für die Zeit vom 10. April 1987 bis 30. September 1988 verneint, weil der vom Beschwerdeführer in dieser Zeit verrichtete Dienst nicht regelmäßig nur von Beamten einer höheren als der Dienstklasse des Beschwerdeführers habe erwartet werden können.

In der eingehenden Begründung des angefochtenen Bescheides legt die belangte Behörde im wesentlichen dar, welche nach ihrer Aufgabenstellung vergleichbaren Beamten sich zum Zeitpunkt der Übertragung dieser Aufgaben in welcher Dienstklasse befunden hätten und gelangt daraus vorerst zum Ergebnis, lediglich ein Drittel der sechs namentlich genannten vergleichbaren Beamten habe sich im Zeitpunkt der Funktionsbetrauung in einer höheren Dienstklasse als der Beschwerdeführer befunden. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs dagegen erhobenen Einwendungen (kein Vergleich mit Vertragsbediensteten und mit Beamten, die erst nach dem für den Anfall der Dienstklassenzulage maßgebenden Zeitpunkt betraut worden seien) führt die belangte Behörde dann in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, selbst wenn man der Beurteilung nur jene Vergleichsbeamten zugrunde lege, die während des Zeitraumes vom 10. April 1987 bis 30. September 1988 eine gleichartige Funktion wie der Beschwerdeführer wahrgenommen hätten, würde sich kein anderes Ergebnis zeigen. Zu den vorher genannten Vergleichsbeamten, abgesehen von zwei namentlich genannten Bediensteten, die beide erst nach dem 30. September 1988 mit einer vergleichbaren Funktion betraut worden seien, kämen noch vier namentlich genannte Beamte hinzu, die sich alle im Zeitpunkt der Funktionsübertragung in der Dienstklasse VII befunden hätten.

Ausgehend davon hätten sich somit nur 75 v.H. der vergleichbaren Beamten im Zeitpunkt ihrer Betrauung mit dieser Funktion in einer höheren Dienstklasse als der Beschwerdeführer befunden. Bei einer Häufigkeit der Betrauung von Beamten höherer Dienstklassen im Umfang von bloß 75 v.H. liege aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch keine "Regelmäßigkeit" vor.

Der Einwand der mangelnden Vergleichbarkeit der Funktionen wegen der unterschiedlichen Größe der Ämter wird in der Begründung des angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Zielsetzung der Dienstklassenzulage (Abgeltung eines höheren Wissenstandes und der praktischen Erfahrung), die also nicht auf die Größe und die Zahl der unterstellten Bediensteten abstelle, als unzutreffend bezeichnet.

Die belangte Behörde setzt sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides dann noch mit dem Einwand des Beschwerdeführers auseinander, auf welcher Rechtsgrundlage ihm ab 1. Oktober 1988 bei im wesentlichen gleichem Sachverhalt die Dienstklassenzulage zuerkannt worden sei, und nennt als Grund hiefür eine "günstigere Verwaltungspraxis". Weiters wird unter Heranziehung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der "Dienstpostenbewertung" als für den Anspruch auf Dienstklassenzulage unbeachtlich bezeichnet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und kostenpflichtige Aufhebung begehrt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm unter Berücksichtigung des Abs. 2 der genannten Bestimmung, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Er bringt als inhaltliche Rechtswidrigkeit vor, die belangte Behörde irre in der Frage, welche Vergleichsbeamten zeitbezogen in Frage kämen. Mit der Begründung, daß der Verwaltungsgerichtshof nichts Gegenteiliges ausgesprochen habe, beziehe sie in ihre primäre Vergleichsdarstellung nur Beamte mit aktueller Verwendung als Stellvertreter des Leiters eines Landesinvalidenamtes und als Abteilungs- bzw. Gruppenleiter ein. Die belangte Behörde verkenne hiebei, daß ab Beginn der entsprechenden Verwendung der Anspruch auf Dienstklassenzulage unmittelbar auf Grund des Gesetzes bestehe und der über diesen Anspruch zu erlassende Bescheid nur den Charakter einer Bemessungsentscheidung habe. Es sei daher undenkbar, daß die Beurteilung der maßgeblichen Frage der Dienstklassenzuordnung auf einen späteren Zeitpunkt abgestellt werde. Richtigerweise könnten daher nur jene Beamten die Vergleichsbasis bilden, die zum Zeitpunkt der Bestellung des Beschwerdeführers zum stellvertretenden Amtsleiter schon eine entsprechende Position inne gehabt hätten - allenfalls könnten noch Beamte einbezogen werden, die gleichzeitig mit dem Beschwerdeführer mit einer vergleichbaren Funktion betraut worden seien.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.

Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung BGBl. Nr. 214/1972, gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd einen Dienst verrichtet, der regelmäßig nur von Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden kann.

Mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 24. Oktober 1974, Slg. N.F. Nr. 8691/A, hat der Verwaltungsgerichtshof zu der gesetzlichen Regelung über die Verwendungszulage ausgesprochen: wenn im Gesetz nicht nur die Voraussetzungen, unter denen eine Leistung mittels Bescheid zuzuerkennen ist oder zuerkannt werden kann, umschrieben werden, sondern der Gesetzgeber den Anspruch unmittelbar durch das Gesetz begründet, so geht er davon aus, daß der Anspruch auf die Leistung dem Grunde und der Höhe nach durch das Gesetz feststeht. Der vorgesehene Bemessungsvorgang hat somit nur rechtsfeststellende, aber keine rechtserzeugende Bedeutung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine Dienstklassenzulage gebührt, in erster Linie entscheidend, ob zu dem Dienst, den er dauernd verrichtet, IN DER REGEL nur Beamte einer höheren Dienstklasse herangezogen werden oder nicht (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1974, Slg. N.F. Nr. 8660/A). "In der Regel" bzw. "regelmäßig" bedeutet so häufig vorkommend, daß Ausnahmen verhältnismäßig selten sind (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1974, Zl. 1438/73). Mit Erkenntnis vom 7. Mai 1985, Zl. 84/12/0183, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß bei einer Häufigkeit der Betrauung von Beamten höherer Dienstklasse im Umfang von 75 v.H. der Vergleichsbeamten "doch noch keine Regelmäßigkeit" gegeben ist.

Von den von der belangten Behörde herangezogenen Vergleichsbeamten (insgesamt zehn Bediensteten) sind - wie sich in Verbindung mit den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt - vier Bedienstete erst nach der Funktionsbetrauung des Beschwerdeführers mit im Grunde vergleichbaren Tätigkeiten betraut worden. Diese vier Bediensteten (Mag. L, Dr. S, Dr. N und K) hätten daher nicht berücksichtigt werden dürfen, weil - bezogen auf den bereits auf Grund des Gesetzes ab Mai 1987 bestehenden (oder nicht bestehenden) Anspruch - nicht gesagt werden kann, daß später erfolgte Funktionsübertragungen seinerzeit bereits Behördenpraxis und Erfahrungsgut des Dienstgebers dargestellt und daher bereits für den früher auf Grund des Gesetzes entstandenen Anspruches hätten maßgebend sein können. Werden aber diese vier Bediensteten nicht berücksichtigt, so zeigt sich, daß von den verbliebenen sechs Vergleichsbeamten im Zeitpunkt der Funktionsbetrauung fünf in einer höheren Dienstklasse, davon drei in der Dienstklasse VII gewesen sind. Bei einem solchen Verhältnis kann aber im Sinne der Rechtsprechung (vgl. insbesondere das vorher genannten Erkenntnis vom 5. Mai 1985) die Regelmäßigkeit im Sinne des § 30a Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 nicht mehr verneint werden.

Jedes andere Ergebnis würde sich im übrigen in einem Spannungsverhältnis zu dem Umstand befinden, daß dem Beschwerdeführer für die Zeit ab 1. Oktober 1988 bei gleichgebliebener Verwendung eine Dienstklassenzulage bemessen worden ist.

Aus den vorher dargelegten Gründen mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120284.X00

Im RIS seit

16.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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