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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des NN in X, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung, vom 15. November 1990, Zl. 120.725/III-33/90, betreffend die Zurückweisung einer Berufung in Personalvertretungsangelegenheiten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Beamter der Post- und Telegraphendirektion X.
Nach dem Beschwerdevorbringen gehört er dem Vertrauensmännerausschuß der Post- und Telegraphendirektion X (VMA) an. Seine Mitgliedschaft zum VMA und die ihm in diesem Zusammenhang zustehenden Personalvertretungsrechte seien ihm durch den ihm von der belangten Behörde ausgestellten Ausweis Nr. 150 vom 20. Jänner 1988 gewährleistet. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1988, ihm am 4. Jänner 1989 zur Kenntnis gebracht, habe die Post- und Telegraphendirektion X angeordnet, daß er mit sofortiger Wirkung im VMA bei der Postdirektion ausscheide, und angeordnet, daß der VMA-Ausweis Nr. nn1 ungültig und ehestens an die do. Abteilung 1S auszufolgen sei. Gegen diesen Bescheid habe er mit Schriftsatz vom 18. Jänner 1989 Berufung an die belangte Behörde erhoben. Die Berufung des Beschwerdeführers sei mit Schreiben der Post- und Telegraphendirektion X vom 30. Jänner 1989, GZ. 8328-1S/89, beantwortet und ihm mitgeteilt worden, daß eine Entscheidung über die Berufung nicht möglich sei. Dieses Schreiben, welches inhaltlich eine Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers bedeute, habe er ebenfalls mit Berufung vom 15. Februar 1989 bekämpft. Da die belangte Behörde vorerst keine der beiden Berufungen bescheidmäßig erledigt habe, habe der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben (welches Verfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides durch die belangte Behörde mit Beschluß vom 10. Dezember 1990 eingestellt wurde).
Mit dem nachgeholten, nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen vom 18. Jänner 1989 und 15. Februar 1989 als unzulässig zurück. In der Begründung dieser Entscheidung wird ausgeführt, nach dem Erlaß des Bundeskanzleramtes vom 17. Juli 1946, Zl. 47538-3/46, seien bei der Regelung von Personalangelegenheiten die gewerkschaftlich bestellten provisorischen Personalausschüsse zu einer entsprechenden Mitwirkung heranzuziehen. Wahlen zu diesen Personalvertretungskörpern erfolgten jeweils auf Beschluß des Vorstandes der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten. Mit diesem Beschluß werde jeweils auch die Wahlordnung erlassen. Für den streitgegenständlichen Zeitraum sei der Beschluß zur Durchführung der Personalvertretungswahlen vom 10. bis 12. November 1986 am 21. Februar 1986 gefaßt worden.
Zufolge Punkt 1) Abs. 3 dieser Wahlordnung würden die Personalvertretungskörper durch Wahl der von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten genehmigten wahlwerbenden Gruppen, die Bedienstete aller Sparten vertreten, in der Weise neu gebildet, daß die wahlwerbenden Gruppen nach Durchführung der Wahlen im Verhältnis der auf sie entfallenden Stimmen die auf Grund der Wahlwerbung genannten Vertreter in der im Punkt
4) festgesetzten Anzahl entsenden. Nach der Wahl hätten sich die Personalvertretungskörper zu konstituieren (Punkt 28 der Wahlordnung).
Die erfolgte Konstituierung der neu gewählten Personalvertretungskörper werde den Post- und Telegraphendirektionen/dem Inspektorat bzw. der Generalpostdirektion bekanntgegeben. Es nehme somit weder die Post- und Telegraphendirektion X noch eine sonstige Organisationseinheit der Post- und Telegraphenverwaltung Einfluß darauf, wer einem Personalvertretungskörper angehöre, noch hätten sie die rechtliche Möglichkeit dazu. Es komme den Post- und Telegraphendirektionen bzw. dem Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung in diesem Zusammenhang keine hoheitliche Gewalt zu. Es sei ihnen daher gar nicht möglich, diesbezügliche Akte mit normativem Gehalt zu setzen und deren Durchführung zu erzwingen. Die Post- und Telegraphendirektionen bzw. die Generalpostdirektion stellten den Personalvertretern nach deren Nominierung durch die wahlwerbenden Gruppen lediglich Ausweise aus, damit sie sich in allen Dienststellen ihres Betreuungsbereiches als Mitglied eines Personalvertretungskörpers Zutritt verschaffen könnten. Die den konkreten Zeitraum betreffende Anweisung zur Ausstellung von Ausweisen für die gewählten Personalvertreter sei mit Dienstanweisung der Generalpostdirektion vom 19. Jänner 1987 ergangen. Ein solcher Personalvertretungsausweis sei weder ein Akt, der das Recht Personalvertreter zu sein, verleihe, noch sonst eine Beurkundung einer durch einen vorangegangenen behördlichen Akt verliehenen Berechtigung. Er sei lediglich eine Mitteilung bzw. Aufforderung an die Dienststellenleiter, dem Ausweisinhaber auch das Aufsuchen von Amtsräumen zu gestatten, die dienstfremde Bedienstete sonst nicht betreten dürften. Die Personalvertreterfunktion als solche sei von der Innehabung eines solchen Ausweises nicht berührt.
Die Post- und Telegraphendirektion X habe demnach ein Ausscheiden des Beschwerdeführers aus dem VMA rechtlich gar nicht verfügen können. Sie habe mit der nicht an eine bestimmte Person gerichteten Erledigung vom 22. Dezember 1988 bloß auf die von der wahlwerbenden Gruppe ausgesprochene Enthebung reagiert und das seinerzeit ausgestellte Ausweisdokument zurückverlangt. Damit seien aber Rechte des Beschwerdeführers als Personalvertreter nicht berührt worden, fehle den Erledigungen der Post- und Telegraphendirektion X vom 18. Dezember 1988 und 30. Jänner 1989 doch die Bescheidqualität. Die dagegen eingebrachten Berufungen seien daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 10. Juni 1991, B 2/91, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Mit der Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und verwies im übrigen zur inhaltlichen Begründung seiner Beschwerde auf seine Ausführungen zur Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Sachentscheidung über die gegen die Erledigung der Post- und Telegraphendirektion X vom 22. Dezember 1988 eingebrachte Berufung sowie in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Vertretung im VMA-Ausschuß der Post- und Telegraphendirektion X, insbesondere durch Wahrnehmung der ihm in dieser Funktion zustehenden Personalvertretungsrechte, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides kommt dem Beschwerdepunkt iSd § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Vom Beschwerdepunkt zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind die Beschwerdegründe des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG und die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG, an die keine Bindung des Verwaltungsgerichtshofes besteht (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, VwSlg. N.F. Nr. 11525/A und vom 10. April 1985, Zl. 85/09/0049).
Ausgehend von der Erklärung in der Beschwerde ist nur Punkt 1) des angefochtenen Bescheides, nicht aber auch die Entscheidung über die Erledigung der Post- und Telegraphendirektion X vom 30. Jänner 1989 Gegenstand der vorliegenden Beschwerde.
Dazu ist zunächst aus den vorliegenden Verwaltungsakten folgendes festzustellen:
Mit Schreiben vom 15. Dezember 1988 teilte der Personalausschuß für den Amtsbereich Y bei der Post- und Telegraphendirektion X der Abteilung 1S der Postdirektion X mit:
"BETREFF: Änderung im VMA bei der Postdirektion.
Im VMA bei der Postdirektion scheidet NN mit sofortiger Wirkung aus.
Die Nachnominierung wird zu einem späteren Zeitpunkt
erfolgen."
Daraufhin wurde mit Erlaß der Abteilung 1S vom 22. Dezember 1988 der Post- und Telegraphendirektion X die Abteilung 4 schriftlich folgendermaßen in Kenntnis gesetzt:
"Im VMA bei der Postdirektion scheidet NN mit sofortiger Wirksamkeit aus.
Der VMA-Ausweis Nr. nn1 ist somit ungültig und ehestens an die Abteilung 1S auszufolgen.
Die Nachnominierung wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen."
Eine an den Beschwerdeführer persönlich gerichtete Mitteilung mit diesem Datum ist nicht aktenkundig.
Frage im Beschwerdefall ist daher ausschließlich, ob der Erledigung der Post- und Telegraphendirektion X vom 22. Dezember 1988 Bescheidcharakter zukommt, die eine sachliche Erledigung durch die belangte Behörde erforderlich gemacht hätten.
Der mit "Inhalt und Form der Bescheide" überschriebene § 58 AVG 1950 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991, lautet:
"(1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.
(3) Im übrigen gelten auch für die Bescheide die Vorschriften des § 18 Abs. 4."
Nach ständiger, auf den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73, Slg. Nr. 9458/A, gestützter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dann, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut, sowie ihre sprachliche Gestaltung keine Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich. An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muß hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1988, Zl. 87/12/0103 und vom 25. September 1989, Zlen. 89/12/0122, 0123).
Entsprechend dieser Rechtslage kann aber die nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung der Post- und Telegraphendirektion X vom 22. Dezember 1988 nicht als Bescheid gewertet werden. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes konnte sich der Beschwerdeführer aus der behördeninternen Erledigung vom 22. Dezember 1988 in keinem subjektiven Recht beschwert erachten, weil der Inhalt dieser Erledigung ihn zwar betraf, nicht aber an ihn gerichtet war und ihr jeglicher normative Charakter mangelt, worauf bereits die Post- und Telegraphendirektion in ihrem Schreiben vom 30. Jänner 1989 hingewiesen hat.
Da aus den dargelegten Gründen durch die Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Erledigung der Post- und Telegraphendirektion X vom 22. Dezember 1988 in die Personalvertretungs- oder sonstigen subjektiven Rechte des Beschwerdeführers in normativer Weise nicht eingegriffen, sondern lediglich - als Folge des der Dienstbehörde vom Personalvertretungsgremium mitgeteilten Verlustes des Mandates des Beschwerdeführers - die Rückgabe des VMA-Ausweises verfügt wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid (im bekämpften Umfang) als mit der Rechtslage in Einklang stehend. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991120171.X00Im RIS seit
29.07.1992