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L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;Norm
AVG §66 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):90/17/0334Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde
1) der Mag. I N in Y, 2) des Ing. H K in Z und 3) der A K in Y, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Y, gegen die Bescheide der Kärntner Landesregierung vom 23. März 1990, Zlen. 3-Gem-301/1/90 und 3-Gem-301/2/90, betreffend Müllabfuhrgebühr (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt),
Spruch
1) den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses erstangeführten Bescheid richtet.
Die Beschwerde der Erst- und Drittbeschwerdeführerin wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses zweitangeführten Bescheid richtet;
2) zu Recht erkannt:
Der im Spruch dieses Erkenntnisses erstangeführte Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses zweitangeführten Bescheid erhobene Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
3) Das Bundesland Kärnten hat der Erst- und Drittbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. September 1988 wurde der Drittbeschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die §§ 1 bis 6 der Müllabfuhrgebührenverordnung der Stadt Klagenfurt vom 13. Dezember 1980, Zl. 21097, idgF "die Müllabfuhrgebühr für die Liegenschaft Y, X-Straße ab 1988 und bis auf weiteres auch für die Folgejahre für 2 Normalmüllbehälter und 52 Abfuhrterm. a S 18,00 mit jährl. S 1.872,00 festgesetzt". In diesem Betrag sei Umsatzsteuer enthalten.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beantragte die Drittbeschwerdeführerin unter Hinweis darauf, daß andernfalls die in den Müllabfuhrgebühren enthaltene Umsatzsteuer von der Miteigentümergemeinschaft nicht als Vorsteuer abgesetzt werden könne, die Müllabfuhrgebührenfestsetzung gegenüber allen Miteigentümern der Liegenschaft vorzunehmen.
Gegen die darauf ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Drittbeschwerdeführerin rechtzeitig den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz; die Erstbeschwerdeführerin schloß sich bei dieser Gelegenheit dem Berufungsantrag der Drittbeschwerdeführerin an.
Aus einem Aktenvermerk betreffend ein mit der Erstbeschwerdeführerin am 24. Oktober 1989 geführtes Telefongespräch geht hervor, daß diese einen "Wechsel des Bescheidadressaten" zu ihren Lasten für zulässig, allenfalls sogar für geboten hielt.
Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. November 1989 wurde der Berufung der Drittbeschwerdeführerin keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Bescheidadressat von der Drittbeschwerdeführerin auf die Erstbeschwerdeführerin geändert wurde.
Gegen diesen Bescheid erhoben sämtliche nunmehrigen Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie die Aufhebung des bekämpften Bescheides und in der Folge die Erlassung eines gegen sie alle gerichteten Abgabenbescheides beantragten.
Mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses erstangeführten Bescheid wurde die Vorstellung der Erst- und Drittbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses zweitangeführten Bescheid wurde die Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung des erstangefochtenen Bescheides heißt es im wesentlichen, bei einem abgabenrechtlichen Gesamtschuldverhältnis - ein solches liege zwischen den Beschwerdeführern als Miteigentümern der Liegenschaft gemäß § 5 der Klagenfurter Müllabfuhrengebührenverordnung vom 13. Dezember 1980 vor - liege es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob sie das Leistungsgebot nur an einen, an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richte. Durch die alleinige Inanspruchnahme der Erstbeschwerdeführerin seien die Vorstellungswerber nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden.
In der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides heißt es im wesentlichen, daß der Zweitbeschwerdeführer im gemeindebehördlichen Abgabenverfahren nicht mittels Abgabenbescheides in Anspruch genommen worden sei. Da er weder der Berufung im gemeindebehördlichen Abgabenverfahren beigetreten sei noch auch ein Beitritt im Vorstellungsverfahren zulässig sei, sei seine Vorstellung nicht zulässig.
Mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 599, 600/90-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sie sich durch die Müllabfuhrgebührenfestsetzung in ihren Rechten verletzt, wobei sie ins Treffen führen, daß sie zu Unrecht nicht allesamt als Gesamtschuldner bescheidmäßig herangezogen worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren nur hinsichtlich der Beschwerde der Erst- und Drittbeschwerdeführerin gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses erstangeführten Bescheid eingeleitet. In der Berichterverfügung wurden die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, ob der eben genannte Bescheid nicht deswegen inhaltlich rechtswidrig sei, weil er den (unzulässigen) Wechsel in der Person des in Anspruch genommenen Gesamtschuldners im Verfahren vor den Gemeindeabgabenbehörden erster und zweiter Instanz nicht aufgegriffen habe.
In den von der belangten Behörde unter Anschluß der Verwaltungsakten sowie in der von der mitbeteiligten Stadtgemeinde erstatteten Gegenschrift wurde hiezu im wesentlichen ausgeführt, daß der Wechsel des Bescheidadressaten im gemeindebehördlichen Abgabenverfahren dem Wunsch der Erstbeschwerdeführerin entsprochen habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Bescheidbeschwerde wegen Fehlens der Beschwerdeberechtigung dann zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. z.B. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 13. Juli 1956, VwSlg. Nr. 4127/A).
Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide ist in folgendem Umfang auszuschließen:
Der Zweitbeschwerdeführer kann durch den im Spruch dieses Erkenntnisses ERSTANGEFÜHRTEN Bescheid schon deswegen nicht in seinen Rechten verletzt sein, weil dieser Bescheid eine nicht ihn belastende Abgabenfestsetzung der obersten Gemeindeabgabenbehörde betrifft und der Beschwerdeführer der vorangegangenen Berufung im gemeindebehördlichen Abgabenverfahren nicht beigetreten ist. Einen Beitritt zum Vorstellungsverfahren sieht die Kärntner Gemeindeordnung nicht vor. Damit im Einklang steht, daß der erstangefochtene Bescheid nicht an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet worden ist.
Die Rechtssphäre der Erst- und Drittbeschwerdeführerin kann durch den im Spruch dieses Erkenntnisses ZWEITANGEFÜHRTEN Bescheid schon deswegen nicht berührt worden sein, weil mit diesem Bescheid lediglich die Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfang waren daher die Beschwerden gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Im übrigen wurden die Beschwerden von den Beschwerdeführern zulässigerweise erhoben, wobei hinsichtlich der von der Drittbeschwerdeführerin gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde zu bemerken ist, daß sich die Beschwerdelegitimation aus ihrem unbestrittenermaßen erfolgten Beitritt zur Berufung der Erstbeschwerdeführerin iVm dem Umstand ergibt, daß dieser Bescheid auch der Drittbeschwerdeführerin gegenüber erlassen worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Erst- und Drittbeschwerdeführerin gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses erstangeführten Bescheid und über die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses zweitangeführten Bescheid erwogen:
ZUR BESCHWERDE GEGEN DEN ERSTANGEFOCHTENEN BESCHEID:
Die mit § 289 BAO inhaltsgleiche Bestimmung des § 212 Kärntner Landesabgabenordnung 1983 (LAO 1983), LGBl. Nr. 36, ermächtigt zwar die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde bezieht sich aber nur auf die "Sache", also auf die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des mit Berufung bekämpften Bescheides gebildet hat. "Sache" im Sinne der zitierten Gesetzesstellen ist die Erfassung eines BESTIMMTEN Abgabenschuldverhältnisses. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz darf sohin in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht oder in der von der Rechtsmittelentscheidung in Aussicht genommenen rechtlichen Art nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides gewesen war, nicht einen Sachbescheid (im Ergebnis erstmals) erlassen. Sie darf beispielsweise nicht eine Partei erstmals in eine Schuldnerposition verweisen (vgl. hiezu beispielsweise das zu § 213 Stmk. LAO ergangene, auf § 289 BAO bezugnehmende hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1991, Zl. 88/17/0016, und die dort zitierten Vorerkenntnisse).
Im Hinblick darauf war der Wechsel des Bescheidadressaten im Verlauf des gemeindebehördlichen Abgabenverfahrens nicht zulässig, und zwar ungeachtet des von der Erstbeschwerdeführerin im Abgabenverfahren geäußerten Wunsches auf Wechsel des Bescheidadressaten, weil dieser Umstand an der Verletzung der sachlichen Zuständigkeit durch die Berufungsbehörde nichts ändert.
Dadurch aber, daß die belangte Behörde diesen Zuständigkeitsmangel des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde nicht wahrgenommen hat, hat sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; dies deswegen, weil - anders als die mitbeteiligte Stadtgemeinde in ihrer Äußerung vom 15. Juli 1992 meint - die in Rede stehende Rechtswidrigkeit auch vom Beschwerdepunkt umfaßt ist, wird doch der belangten Behörde in der Beschwerde zu Recht vorgeworfen, sie habe den mit Vorstellung bekämpften Bescheid aufzuheben unterlassen. Die Beschwerdebehauptung, diese Rechtswidrigkeit ergebe sich aus dem Umstand, daß nicht sämtliche Gesamtschuldner bescheidmäßig herangezogen worden seien, stellt lediglich eine Begründung für den Vorwurf der behaupteten Rechtsverletzung dar.
Der erstangefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
ZUR BESCHWERDE GEGEN DEN ZWEITANGEFOCHTENEN BESCHEID:
Die Zurückweisung der Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers ist schon im Hinblick darauf nicht rechtswidrig, daß die mit Vorstellung bekämpfte Berufungsentscheidung kein abgabenrechtliches Leistungsgebot gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer enthält und dieser mangels eines Beitrittes zur Berufung der Drittbeschwerdeführerin auch deren Rechte nicht weiter verfolgen kann, zumal, wie bereits erwähnt, die Kärntner Gemeindeordnung einen Beitritt zu der von einem anderen erhobenen Vorstellung nicht kennt.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Zweitbeschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung durch den zweitangefochtenen Bescheid nicht vorliegt, war die Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Für das fortzusetzende Berufungsverfahren sei noch folgendes bemerkt:
Wie auch aus § 147 Kärntner LAO hervorgeht, kann die Abgabenbehörde, wenn mehrere Personen zur Entrichtung einer Abgabe als Gesamtschuldner verpflichtet sind, entscheiden, wen sie in Anspruch nimmt, ob sie also das abgabenrechtliche Leistungsgebot an einen bestimmten, an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richtet. Es handelt sich hiebei um eine Ermessensentscheidung, die entsprechend zu begründen ist.
Im vorliegenden Fall wird daher, falls dem Anliegen der Beschwerdeführer nicht entsprochen werden sollte, auch zu begründen sein, warum nicht alle Gesamtschuldner zur Abgabenleistung herangezogen werden, obwohl nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer nur dadurch abgabenrechtliche Nachteile bei der Umsatzsteuer für die Miteigentümergemeinschaft vermieden würden; daß das abgabenrechtliche Leistungsgebot an die (zivilrechtlich nicht rechtsfähige) Miteigentümergemeinschaft ALS SOLCHE gerichtet werden möge, haben die Beschwerdeführer niemals beantragt. Der Hinweis der mitbeteiligten Stadtgemeinde in ihrer schon erwähnten Äußerung vom 15. Juli 1992, daß dies unzulässig wäre, geht daher ins Leere.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz betrifft ausschließlich den im Spruch dieses Erkenntnisses erstangeführten Bescheid und stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Zulässigkeit der Vorstellung Parteistellung und Rechtsansprüche der Parteien (außer der Gemeinde) im VorstellungsverfahrenBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990170333.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009