Index
L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
AnkündigungsabgabeG Wr 1983 §3 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des Vereines "XY" in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. Oktober 1989, Zl. MDR - T 11/89, betreffend Befreiung von der Ankündigungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der beschwerdeführende Verein hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In dem vom Obmann des beschwerdeführenden Vereins mit dem Beisatz "Leitung des Theaters" unterfertigten Schreiben vom 21. August 1988 an den Magistrat der Stadt Wien heißt es:
"Da das Theater XY ein uneigennütziger Verein ist ersuchen wir um Befreiung von der Plakatabgabe"
Mit Schreiben vom 4. Oktober 1988 lud der Magistrat der Stadt Wien den Einschreiter ein, binnen zwei Wochen den Inhalt der Ankündigungen (allenfalls den Text derselben), für die die Abgabenbefreiung beantragt werde, bekanntzugeben.
Weiters befindet sich in den Akten des Verwaltungsverfahrens die Ablichtung eines Plakates betreffend eine Veranstaltung mit dem Titel "Cafe Noir - wirklich künstlich".
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 4, vom 30. Mai 1989 wurde das "Ansuchen des Theaters XY" vom 21. August 1988 um Befreiung von der Ankündigungsabgabe für die Plakatwerbung betreffend die Theaterveranstaltung "Cafe Noir - wirklich künstlich" "gemäß § 3 Abs. 2 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien vom 23. Mai 1985, Nr. 21," abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt diesen Bescheid unter Abweisung der dagegen erhobenen Berufung dahin ab, daß der Bescheidadressat richtig "Verein XY" zu lauten habe; dies im wesentlichen unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1964, Zl. 154/64 (Slg. Nr. 3075/F), wonach jedes Theater seinem Wesen nach dem Zweck diene, dem Zuschauer einen ästhetischen Genuß oder eine Unterhaltung zu bieten. Der Hinweis auf Art. 17a "B-VG" (gemeint: Art. 17a des Staatsgrundgesetzes, RGBl. Nr. 142/1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, i.d.F. des Bundesverfassungsgesetzes vom 12. Mai 1982, BGBl. Nr. 262) sei nicht geeignet, an dieser Beurteilung etwas zu ändern, weil dadurch nicht ausgeschlossen werde, die im Zusammenhang mit künstlerischen Tätigkeiten stehenden Aktivitäten steuerlich zu erfassen. Weiters enthalte die Ankündigung auch einen Verweis auf ein namentlich genanntes "Klavierhaus", sodaß die Voraussetzung der mangelnden Erwerbsabsicht fehle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der beschwerdeführende Verein in seinem Recht auf Befreiung von der Ankündigungsabgabe verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der beschwerdeführende Verein erstattete hiezu eine weitere Äußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 19, i.d.F. LGBl. Nr. 29/1985, wird die Gemeinde, soweit keine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß § 7 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, für Abgaben von Ankündigungen vorliegt, ermächtigt, von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebietes der Stadt Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Abgabe auszuschreiben. Von dieser Ermächtigung hat der Wiener Gemeinderat mit Beschluß vom 26. April 1985, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21 vom 23. Mai 1985, Seite 35, Gebrauch gemacht.
Gemäß dem mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes übereinstimmenden § 3 Abs. 2 der Verordnung sind Ankündigungen, die ausschließlich oder vorwiegend und ohne Erwerbsabsichten wissenschaftlichen, gemeinnützigen oder Bildungszwecken dienen, über Ansuchen von der Abgabe zu befreien.
Aus der Sachverhaltsdarstellung in der vorliegenden Beschwerde, wonach der beschwerdeführende Verein um Befreiung von der Ankündigungsabgabe für die Plakatwerbung hinsichtlich der Theaterveranstaltung "Cafe Noir" ersucht habe, geht zunächst hervor, daß sich der genannte Antrag vom 21. August 1988 tatsächlich nur auf diese eine Ankündigung bezog.
Der beschwerdeführende Verein bringt im wesentlichen vor, es sei sein ausschließliches oder doch zumindest überwiegendes Anliegen, bildungspolitisch tätig zu sein. Seine Veranstaltungen dienten jedenfalls nicht nur in erster Linie der Unterhaltung des Publikums, sie verfolgten vielmehr bildungspolitische Ziele, insbesondere im Bereich der politischen Bildung, wobei die bisweilen satirische "Verpackung" der Inhalte der Veranstaltungen und Theaterstücke bloß als Vehikel diene, die vom beschwerdeführenden Verein vertretenen Aussagen "über die Rampe" zu bringen. Diesen Zwecken habe auch das Theaterstück "Cafe Noir" gedient. Der Verein verfolge keine Gewinnabsichten. Gehe man davon aus, sei die Voraussetzung, daß die Ankündigung ausschließlich oder vorwiegend Bildungszwecken diene, erfüllt. Gerade im Zusammenhang mit der Kunstform des satirischen Kabaretts dürfe bei richtiger Auslegung nicht übersehen werden, daß die "mitgelieferte" Unterhaltung selbst wiederum Bildungszwecke verfolge, weil die kabarettistische, künstlerische Darbietung den Transport der bildungspolitischen Aussagen des beschwerdeführenden Vereins zum Publikum ermögliche und damit gleichermaßen Bildungszwecken diene.
Dem ist das bereits von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1964, Slg. Nr. 3075/F, betreffend die Ankündigungen eines "Wiener Studententheaters" entgegenzuhalten. Dort hat der Gerichtshof dargetan, daß jedes Theater schon seinem Wesen nach dem Zweck, dem Zuschauer einen ästhetischen Genuß oder eine Unterhaltung zu bieten, diene. Bei gewissen Theatern wird der Unterhaltungszweck allein, bei anderen Theatern der Unterhaltungszweck und der ästhetische Genuß bestimmend sein, bei anderen Theatern wiederum wird neben den genannten Zwecken auch die Bildung, die dem Zuschauer durch die Aufführung vermittelt wird, Bedeutung haben. In dem genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiters ausgesprochen, es möge zutreffen, daß das genannte Theater durch die Wahl der Stücke und der Autoren dem Bildungszweck in erhöhtem Maße diene, keinesfalls seien aber die Darlegungen des damaligen Beschwerdeführers imstande, darzutun, daß dieser Bildungszweck ein ausschließlicher oder überwiegender sei. Denn das Vorbringen, es würden vornehmlich Stücke gespielt, die Berufsbühnen selten oder gar nicht aufführten, es würde vor allem die Förderung studentischer Autoren und die Würdigung österreichischer Werke unternommen und die Studenten würden das Theater deshalb aufsuchen, um sich in der neuesten Dramatik fortzubilden, schloß nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, daß neben dem Bildungszweck auch der dem Theater, wie erwähnt, vornehmlich eigene Unterhaltungszweck und der Zweck der Darbietung eines ästhetischen Genusses im erheblichen Maße gegeben sei.
Die Umstände des vorliegenden Falles bilden zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Insbesondere kann entgegen der vom beschwerdeführenden Verein vertretenen Auffassung auch für ein politisches Kabarett nichts anderes gelten, kommt es doch - wie gesagt - darauf an, daß die Ankündigung vorwiegend oder ausschließend Bildungszwecken dient.
Wenn der beschwerdeführende Verein hiezu auf die von ihm beabsichtigte "politische Bildung" verweist, so ist dem zu entgegnen, daß unter politischer Bildung die Gesamtheit aller Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen, -pläne und -absichten verstanden wird, durch die auf der Grundlage einer wissenschaftlich pädagogischen Theorie, mit Hilfe einer wissenschaftlich begründeten Didaktik und unter Verwendung der Erkenntnisse der Politikwissenschaft und anderer Sozialwissenschaften vor allem Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen die politische Kultur des eigenen Staates, aber auch anderer Staaten vermittelt wird (vgl. hiezu Beck, Sachwörterbuch der Politik, Stuttgart 1977, Seite 664). Daß politisches Kabarett nicht unter diese Begriffsbestimmung subsumiert werden kann, bedarf wohl keiner weiteren Begründung (vgl. hiezu insgesamt auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 89/17/0088).
Auf die Frage, ob die gegenständliche Ankündigung von Erwerbsabsicht getragen war oder nicht, kommt es daher nicht mehr an.
In seiner Replik vom 28. Mai 1991 bringt der beschwerdeführende Verein noch vor, im Hinblick auf die Gleichstellung von Kunst und Wissenschaft durch Einführung der Kunstfreiheit in Art. 17a StGG erscheine es gleichheitswidrig, wissenschaftliche, gemeinnützige und Bildungszwecke ohne Einbeziehung der Kunst zu privilegieren. Die Unterprivilegierung des Kunstbereiches in der gegenständlichen Vorschrift mache diese nach Auffassung des beschwerdeführenden Vereins verfassungswidrig.
Beim Verwaltungsgerichtshof sind jedoch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalls Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Rechtsvorschriften nicht entstanden. Der Umstand, daß nach dem genannten Art. 17a StGG i.d.F. des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 262/1082 (auch) das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre frei sind, so wie dies nach Art. 17 leg. cit. schon bisher für die Wissenschaft und ihre Lehre zutraf, nötigt den Gesetzgeber noch nicht, im Sinne des Gleichheitssatzes (Art. 7 B-VG) Wissenschaft und Kunst stets gleichartiger Förderungsmaßnahmen teilhaftig werden zu lassen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, an den Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung des § 3 Abs. 2 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983 bzw. des § 3 Abs. 2 der oben genannten Verordnung zu stellen. Nur am Rande sei hiezu noch bemerkt, daß mit einer solchen Aufhebung jede - wenn auch nur vermeintliche - Rechtsgrundlage für die vom beschwerdeführenden Verein angestrebte Befreiung wegfiele.
Fehl geht schließlich auch die Verfahrensrüge. Die vom beschwerdeführenden Verein vermißten Feststellungen über den Vereinszweck, die Absichten seiner Theatergruppe und die Finanzierung seiner Arbeit wären für vorliegende Entscheidung ohne rechtliche Bedeutung, weil es sich bei der wiederholt genannten Gesetzes- bzw. Verordnungsstelle um eine sachliche Befreiungsvorschrift und nicht um eine persönliche Begünstigungsvorschrift handelt. Es ist daher nicht erforderlich, aber auch nicht entscheidend, daß der Ankündigende selbst die Voraussetzungen etwa für eine Gemeinnützigkeit im Sinne der §§ 32 f WAO erfüllt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1967, Slg. Nr. 3617/F, und vom 23. November 1990, Zl. 87/17/0359). Ebensowenig kam es, wie bereits dargelegt, auf das "Anliegen" des Theaterstückes "Cafe Noir" oder auf das Vorliegen einer Erwerbsabsicht an.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989170268.X00Im RIS seit
18.05.2001