TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/30 89/17/0067

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Veröffentlicht am 30.07.1992
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Index

L34005 Abgabenordnung Salzburg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
BAO §12;
BAO §250 Abs1;
BAO §289 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §289;
BAO §93 Abs2;
LAO Slbg 1963 §10;
LAO Slbg 1963 §208 Abs1;
LAO Slbg 1963 §208 Abs2;
LAO Slbg 1963 §208;
LAO Slbg 1963 §67 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):89/17/0068

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des KS in B, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Salzburger Landesregierung 1.) vom 28. November 1988, Zl. 8/01-46.785/20-1988, betreffend Kurtaxe für den Zeitraum Oktober 1985 bis Mai 1987, und 2.) vom 30. November 1988, Zl. 8/01-46.785/21-1988, betreffend Kurtaxe, Forschungsinstitutsbeitrag und Pflichtbeiträge zum Fremdenverkehrsförderungsfonds jeweils für den Zeitraum Juni bis September 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.124,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu HRA nn (G) des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg ist die Firma der "Hotel X B RS & Co." im Firmenbuch eingetragen. Laut Eintragung vom 7. März 1980 handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, wobei der Beschwerdeführer KS Komplementär, der bisherige persönlich haftende Gesellschafter RS Kommanditist ist.

Mit dem an "Hotel X RS & Co. B" gerichteten Bescheid vom 26. Juni 1987, Zl. R4/1987, stellte die Kurkommission Badgastein fest, daß die Kurtaxe vom Oktober 1985 bis einschließlich Mai 1987 in der Höhe von S 204.606,-- abzuführen sei.

Die dagegen erhobene Berufung trägt den Briefkopf "HOTEL

X B. BES. KS" und ist mit "Hotel X B" sowie einer unleserlichen Unterschrift gezeichnet, die - wie aus der im vorliegenden Verfahren vorgelegten Vollmachtsurkunde hervorgeht - offenkundig vom Beschwerdeführer stammt.

Diese Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr erstangefochtenen Bescheid vom 28. November 1988 erledigt. Darin heißt es:

"Über die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn KS, Hotel X, B, gegen den Bescheid der Kurkommission Badgastein vom 26.6.1987, R4/1987, ergeht von der Salzburger Landesregierung folgender

SPRUCH:

Der Berufung gegen o.a. Bescheid wird gem. §§ 2, 3 und 4 Abs. 1 lit. a) in Verbindung mit § 9 Salzburger Kurtaxengesetz 1957, i.d.g.F., und § 157 Abs. 1 und Abs. 6 Salzburger Landesabgabenordnung teilweise stattgegeben und die Kurtaxe für den Zeitraum von Oktober 1985 bis Mai 1987 mit S 192.132,- neu festgesetzt."

Die Zustellverfügung dieses Bescheides lautet:

"ERGEHT AN:

1) Herrn

KS

Hotel X

B ..."

In gleicher Weise erging seitens der Kurkommission Badgastein am 30. Oktober 1987 je ein weiterer Bescheid betreffend Kurtaxe, Forschungsinstitutsbeitrag und besondere "Pflichtbeiträge des Fremdenverkehrsförderungsfond" jeweils für den Zeitraum vom Juni 1987 bis September 1987. In allen diesen Bescheiden ist als Bescheidadressat gleichfalls "Hotel X RS & Co." genannt.

Gegen diese Bescheide wurde jeweils am 12. Februar 1988 auf gleiche Weise wie oben dargestellt Berufung erhoben.

In dem diese Berufungen abweisenden (einheitlichen), nunmehr zweitangefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 30. November 1988 heißt es abermals, dieser Bescheid sei über die fristgerecht eingebrachten "Berufungen des Herrn KS, Hotel X, B", gegen die Bescheide der Kurkommission Badgastein vom 30. Oktober 1987 ergangen. Auch die Zustellverfügung lautet wie oben dargestellt.

Die beiden genannten Bescheide vom 28. und 30. November 1988 bekämpfte der Beschwerdeführer KS zunächst mit (einheitlicher) Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 28. Februar 1989, B 166,167/89-5, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens in seinem Recht verletzt, daß ihm gegenüber Kurtaxe, Forschungsinstitutsbeitrag und Pflichtbeiträge zum Salzburger Fremdenverkehrsförderungsfonds für die genannten Zeiträume nicht festgesetzt werden. Er beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beiden angefochtenen Bescheide erweisen sich bereits aus einem vom Beschwerdeführer nicht geltendgemachten Grund als rechtswidrig.

Gemäß § 67 Abs. 2 der Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963 (LAO), ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 10 leg. cit. idF. LGBl. Nr. 54/1983 haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Gemäß § 208 Abs. 1 erster Satz leg. cit. hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht gemäß § 203 zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle (ebenso wie im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO und der entsprechenden Bestimmungen anderer Landesabgabenordnungen) ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz darf sohin in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht oder in der von der Rechtsmittelentscheidung in Aussicht genommenen rechtlichen Art nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, nicht einen Sachbescheid (im Ergebnis erstmals) erlassen. Sie darf beispielsweise nicht erstmals eine Abgabe überhaupt oder eine andere Abgabe als die von den Abgabebehörden erster Instanz festgesetzte Abgabe vorschreiben, EINE PARTEI ERSTMALS IN EINE SCHULDNERPOSITION VERWEISEN etc. (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 88/17/0013, sowie die dort angeführte Lehre und weitere Rechtsprechung).

Wie aus dem oben wiedergegebenen Sachverhalt hervorgeht, sind die Abgabenbescheide erster Instanz sämtlich an "Hotel X RS & Co." ergangen. Ungeachtet des Umstandes, daß in dieser Bezeichnung des Bescheidadressaten das Wort "B" nicht nach dem Wort "X", sondern im Rahmen der dort angegebenen Anschrift aufscheint, kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß Bescheidadressat die zu HRA nn (G) des Firmenbuches des Landesals Handelsgerichtes Salzburg registrierte Kommanditgesellschaft war.

Hingegen sprechen die beiden angefochtenen Bescheide zweiter Instanz von einer "Berufung des Herrn KS"; als Bescheidadressat ist dort in beiden Fällen der Beschwerdeführer genannt. Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 28. November 1988 hat hiebei die belangte Behörde der Berufung teilweise stattgegeben und die Kurtaxe für den Zeitraum vom Oktober 1985 bis Mai 1987 mit S 192.132,-- neu festgesetzt. Diese Festsetzung richtete sich jedoch nicht gegen die in erster Instanz als Abgabenschuldnerin herangezogene Kommanditgesellschaft, sondern gegen den Beschwerdeführer KS als physische Person. Dasselbe gilt für den zweitangefochtenen Bescheid vom 30. November 1988, mit dem die dort genannten Berufungen als unbegründet abgewiesen wurden. Auch in diesem Fall war dieser Ausspruch inhaltlich so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem Bescheid der unteren Instanz im Spruch - ausgenommen den Bescheidadressaten - übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte, der fortan an die Stelle des angefochtenen Bescheides trat (vgl. Stoll, BAO Handbuch, Seite 684 f). Auch in diesem Fall ist also der Bescheidadressat gegenüber den erstinstanzlichen Bescheiden ausgewechselt worden.

Eine allfällige Deutung der Absprüche der angefochtenen Bescheide als bloßes Vergreifen im Ausdruck (Abweisung statt Zurückweisung) - eine solche käme dann in Frage, wenn man die Berufungen dem Beschwerdeführer zurechnen wollte - verbietet sich wegen des eindeutig materiell-rechtlichen Inhaltes dieser Absprüche. Es spielt also in einem Fall wie dem vorliegenden auch keine Rolle, wem die Berufungen auf Grund ihrer Formulierung und ihres Erscheinungsbildes zuzurechnen waren (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11 625/A - verstärkter Senat -, und vom 30. Jänner 1992, Zlen. 91/17/0101, 0102).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, daß die "Personsumschreibung" einen notwendigen Bestandteil des Spruches des Abgabenbescheides bildet. Eine UMDEUTUNG des Bescheidadressaten kommt nicht in Betracht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Mai 1992, Zl. 91/15/0085, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Der vorliegende Fall ist auch nicht etwa so gelagert, daß wie im Fall des zuletzt zitierten Erkenntnisses eines verstärkten Senates eine Auslegung des Spruches mit Hilfe seiner Begründung erforderlich wäre, zumal die erstinstanzlichen Bescheide keinerlei Hinweis darauf enthalten, daß als Bescheidadressat in Wahrheit etwa der Beschwerdeführer als physische Person gemeint gewesen sei.

Insbesondere ist den Akten auch kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß etwa eine Vollbeendigung der Kommanditgesellschaft (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 26. Jänner 1989, Zl. 88/16/0203, und vom 24. Mai 1991, Zl. 91/16/0014) vorläge, weshalb der Beschwerdeführer als allfälliger Alleininhaber der prot. Fa. "Hotel X B RS & Co."

zur Abgabenentrichtung herangezogen werden sollte.

Auch § 10 LAO war nicht anzuwenden; denn auf die Gesellschafter von Personengesellschaften des Handelsrechtes wie etwa einer Kommanditgesellschaft kann für Abgaben, die die Gesellschaft schuldet, nur im Haftungswege nach § 10 leg. cit. gegriffen werden (vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 12 BAO abermals Stoll, a.a.O., Seite 32).

Eine solche Auswechslung des Bescheidadressaten fiel nicht in die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsbehörde; der genannte Verstoß belastete die angefochtenen Berufungsbescheide mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 19. September 1986, Zl. 84/17/0151, und die dort wiedergegebene weitere Rechtsprechung). Sie waren daher aus diesem Grunde aufzuheben.

Auf das weitere Vorbringen der Streitteile mußte daher nicht mehr eingegangen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenBescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle ErfordernisseInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Inhalt des Spruches Anführung des BescheidadressatenBeschränkungen der Änderungen im Personenkreis der Verfahrensbeteiligten (siehe auch Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Person des Bescheidadressaten)sachliche ZuständigkeitBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Person des Bescheidadressaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989170067.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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