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55 Wirtschaftslenkung;Norm
ViehWG §13 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde
1. der EW in U, 2. des AW jun., ebendort, beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Dezember 1988, Zl. 13.365/4571-IC7b/88, betreffend Haltungsbewilligung für Legehennen nach § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 10. August 1988 bewilligte der Landeshauptmann von Steiermark den beschwerdeführenden Parteien auf Grund ihres Antrages vom 16. Dezember 1987 gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621 in der Fassung BGBl. Nr. 325/1987 (im folgenden: ViehWG 1983) in Verbindung mit Art. IV Abs. 2 der ViehWG-Novelle 1987, BGBl. Nr. 325, die Haltung nachfolgender Tierbestände nach Maßgabe der zum Stichtag vorhandenen Standplätze: 12.000 Legehennen für den gewerblich geführten Betrieb der Erstbeschwerdeführerin (bereits bewilligt mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Februar 1981) und 5.500 Legehennen für den landwirtschaftlich geführten Betrieb des Zweitbeschwerdeführers an derselben Adresse, zusammen somit
17.500 Legehennen; ferner 5.000 Junghennen für den landwirtschaftlich geführten Betrieb des Zweitbeschwerdeführers, somit insgesamt 5.000 Junghennen.
Nach der Begründung dieses Bescheides hätten die Antragsteller um Wahrung von insgesamt 27.500 Legehennen und 6.000 Junghennen angesucht, wobei im gewerblichen Betrieb der Erstbeschwerdeführerin Standplätze für 22.000 Legehennen und im landwirtschaftlichen Betrieb des Zweitbeschwerdeführers Standplätze für 5.500 Legehennen und für 5.000 Junghennen vorhanden seien. Für den Betrieb der Erstbeschwerdeführerin existiere eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. Februar 1981 für 12.000 Legehennen. Dazu habe die Erstbeschwerdeführerin ausgeführt, daß sie seinerzeit lediglich für 12.000 Legehennen angesucht und diese auch bewilligt erhalten habe, da sie der Ansicht gewesen sei, daß zusätzlich dazu 100 vH an Legehennen (= 10.000 Stück) ohnedies bewilligungsfrei seien. Sie sei zwischenzeitig auf diesen ihr im Jahr 1980 unterlaufenen Irrtum aufmerksam geworden und ersuche um die Bewilligung dieser zusätzlichen 10.000 Legehennen.
Nach den Feststellungen des Landeshauptmannes werde der Gewerbebetrieb der Erstbeschwerdeführerin seit 1979 als solcher geführt. Dazu gehöre ein Stall für 10.080 Legehennen und ein weiterer für 12.160 Legehennen. Der erwähnte landwirtschaftliche Betrieb stehe im Hälfteeigentum der Erstbeschwerdeführerin und ihres Ehegatten; Pächter dieses Betriebes sei der Zweitbeschwerdeführer. Zum Betrieb gehörten ein Legehennenstall mit 5.500 Plätzen und ein Junghennenstall mit 5.000 Plätzen. Die Stallungen des Landwirtschaftsbetriebes und des Gewerbebetriebes seien räumlich völlig getrennt und jeweils mit den erforderlichen Einrichtungen, die der Tierhaltung dienten, ausgestattet. Im Wohnhaus führten die Antragsteller den gemeinsamen Haushalt.
Der Landeshauptmann von Steiermark bejahte die Wahrungsfähigkeit der Tierbestände im Sinne des Art. IV Abs. 2 der ViehWG-Novelle 1987, da er das Vorliegen getrennter wirtschaftlicher Betriebe feststellte, und entschied spruchgemäß.
1.2. Der vorerwähnte Bescheid des Landeshauptmannes vom 10. August 1988 erwuchs in Rechtskraft. Der Fall der Beschwerdeführer wurde somit auch kein Anlaßfall im Gesetzesprüfungsverfahren des Verfassungsgerichtshofes zu G 72/90. Mit dem in diesem Verfahren ergangenen Erkenntnis vom 29. September 1990, G 72/90 = ZfVB 1991/4/1957, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "der Ehegatte des Betriebsinhabers," sowie im Anschluß an das Wort "großjährigen" die Wortfolge "Kinder und" im § 13 Abs. 3 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 325/1987, ferner dieselben Wortfolgen in § 13 Abs. 6 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 sowie die Wortfolgen "des Ehegatten" und (im Anschluß an das Wort "großjährigen") "Kinder und" in Art. IV Abs. 2 ViehWG-Nov 1987, BGBl. Nr. 325, als verfassungswidrig auf.
1.3. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1988 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft den Antrag der Beschwerdeführer vom 11. Juni 1988, abgeändert mit Eingabe vom 10. Dezember 1988, gemäß § 13 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988, ab.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Erstbeschwerdeführerin mit Eingabe vom 11. Juni 1988 eine Aufstockung der ihr bereits erteilten Haltungsbewilligung für 12.000 Legehennen um 10.000 weitere Legehennen beantragt und dies mit einer irrtümlichen Antragstellung im Jahr 1980 begründet.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 1988 hätten sich die Beschwerdeführer wie folgt geäußert:
"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 18. November 1988 möchten wir uns für die Formfehler bei unserem Antrag vom 11. Juni 1988 entschuldigen und unseren Antrag ändern.
Aufgrund der ständig wachsenden Absatzmöglichkeiten in den 70er Jahren fühlten wir uns dazu veranlaßt, unsere Produktion für Konsumeier laufend, vorerst im Bereich der Landwirtschaft und ab 1989 auch einen Teil im gewerblichen Bereich, auszubauen.
Aus steuerlichen Gründen wurde es notwendig, im Jahr 1983 eine der beiden Stallungen der Landwirtschaft, die bereits 1972 errichtet wurde, in den Gewerbebetrieb zu übernehmen. Für diesen Stall, in dem Platz für 10.000 Legehennen ist, haben wir es dann leider verabsäumt, einen Antrag auf Haltungsbewilligung zu stellen, da wir der Meinung waren, daß 10.000 Legehennen bewilligungsfrei gehalten werden dürfen.
Seither haben wir die Möglichkeit im landwirtschaftlichen Betrieb 5.500 Legehennen und 5.000 Junghennen, im gewerblichen Betrieb 22.000 Legehennen zu halten.
Von Seite der Stmk. Landesregierung wurde uns mit Bescheid vom 10. August 1988 die Haltung von 17.500 Legehennen und 5.000 Junghennen bewilligt. Die 10.000 Legehennenplätze ohne Bewilligung des Landwirtschaftsministeriums wurden abgelehnt.
Da unser Antrag bereits vor dem Bescheid der Landesregierung an Sie ergangen ist, bitten wir Sie um eine Abänderung des Antrages dahingehend, daß wir eine Erweiterung der Haltungsbewilligung auf 27.500 Legehennen und
5.000 Junghennen beantragen.
Da es sich in unserem Fall nicht um eine Aufstockung, sondern lediglich um die Bewilligung eines seit vielen Jahren vorhandenen Bestandes handelt, bitten wir Sie diesen Antrag einer positiven Erledigung zuzuführen."
Nach der weiteren Begründung des Bescheides stehe fest, daß die Erstbeschwerdeführerin auf Grund der Wahrungsbestimmungen des Art. III Abs. 2 der ViehWG-Nov 1980 antragsgemäß eine Haltungsbewilligung für 12.000 Legehennen mit Bescheid des Ministers vom 23. Februar 1981 erhalten habe. Weiters stehe fest, daß den Beschwerdeführern mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. August 1988 gemäß Art. IV Abs. 2 ViehWG-Nov 1987 in Verbindung mit § 13 ViehWG 1983 in der Fassung aus 1987 unter Berücksichtigung der bestehenden Bewilligung aus dem Jahr 1981 insgesamt eine Haltungsbewilligungen für 17.500 Legehennen und
5.000 Junghennen erteilt worden sei. Dabei sei unter Berücksichtigung der Standortbindung die Bewilligung für
5.500 Legehennen und 5.000 Junghennen für den landwirtschaftlichen Betrieb des Zweitbeschwerdeführers ausgesprochen und für den gewerblich geführten Betrieb der Erstbeschwerdeführerin auf die aufrechte Bewilligung des Bundesministers für 12.000 Legehennen verwiesen worden.
Auf Grund der Eingabe vom 10. Dezember 1988 sei davon auszugehen, daß der ursprüngliche Antrag unter Beitritt des Zweitbeschwerdeführers modifiziert und nunmehr insgesamt eine Aufstockung der beiden erteilten Bewilligungen um
10.000 Legehennen angestrebt werde.
Gemäß Art. III Abs. 2 der ViehWG-Novellen 1980 und 1982 hätte die Möglichkeit bestanden, bis 30. September 1980 (für Legehennen) bzw. bis 30. September 1982 (für Junghennen) einen Antrag für den Tierbestand bzw. die Standplätze zu stellen, um einen Wahrungsanspruch geltend zu machen. Daß von diesen Möglichkeiten für den gegenständlichen Betrieb seinerzeit möglicherweise nur unzureichend Gebrauch gemacht worden sei, könne nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Ein solcher verfristeter Antrag könne ausschließlich nur mehr an den Kriterien des § 13 ViehWG 1983 beurteilt werden. An dieser Beurteilung ändere auch der Umstand nichts, daß die Beschwerdeführer angeblich bereits seit 1972 bzw. 1980 über Standplätze für das beantragte Bewilligungsausmaß verfügten und diese möglicherweise - wenn auch rechtswidrig - seither in diesem Ausmaß genützt hätten. Aus einem möglicherweise rechtswidrigen Verhalten könne nichts für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 ViehWG 1983 gewonnen werden. Eine gegenteilige Auffassung würde die vom Gesetzgeber gewählten Fristen (vgl. Art. III Abs. 2 ViehWG-Nov 1980) ad absurdum führen. Eine Berücksichtigung familiärer, sozialer oder finanzieller Gründe sei nicht vorgesehen.
Auf betriebliche und betriebswirtschaftliche Verhältnisse komme es nicht an. Vielmehr sei die Frage der österreichischen Legehennenproduktion vom gesamtstaatlichen Standpunkt aus zu beurteilen. Die Beschwerdeführer hätten nur ihre einzelbetriebliche Situation geltend gemacht und seien den ihnen bekanntgegebenen Daten und Stellungnahmen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Hinsichtlich der Richtigkeit und Schlüssigkeit der ihnen vorgehaltenen Stellungnahmen über die Preisentwicklung seien keine Bedenken entstanden. Somit stehe fest, daß die Jahresdurchschnittspreise für Konsumeier ab Hof von 1982 bis einschließlich Oktober 1988 von S 17,37 pro kg auf S 14,65 pro kg gefallen seien. Zu berücksichtigen sei auch auf Grund des Ermittlungsergebnisses, daß in den zitierten Zeiträumen die Eiererzeugung stark angestiegen sei, während gleichzeitig der Eierkonsum stagnierend gewesen sei. Berücksichtige man die Kostensteigerungen für die Eiererzeugung in den letzten Jahren, so seien die Erzeugerpreise real gesehen stark gesunken. Es sei daher derzeit und bis auf weiteres von instabilen Marktverhältnissen auszugehen. Bei einer solchen Situation verbiete aber § 13 ViehWG 1983 jede Bewilligungserteilung.
1.4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 23. Juni 1989, B 221/89, die Behandlung dieser Beschwerde ab. Nach der Begründung dieses Beschlusses lasse das Vorbringen der Beschwerdeführer - vor dem Hintergrund der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Juni 1989, B 941/88, angestellten Überlegungen zu den auch hier maßgeblichen Fragen im besonderen sowie angesichts seiner Judikatur zu den gerügten Grundrechtsverletzungen (zum Gleichheitsgebot z.B. VfSlg. 10.338/1985) und zum Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B-VG bei der Regelung wirtschaftlicher Tatbestände (VfSlg. 10.275/1984) - die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
1.5. In ihrer Mängelverbesserung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung einer Haltungsbewilligung nach § 13 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 verletzt, weil trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen die beantragte Bewilligung nicht erteilt worden sei. Geltend gemacht wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 13 ViehWG 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 lautet auszugsweise:
"(1) Inhaber von Betrieben dürfen ohne Bewilligung folgende Tierbestände halten:
...
7.
10 000 Legehennen
8.
22 000 Junghennen
...
...
Jeder der genannten Bestände entspricht .... dem
höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 vH; werden mehrere
dieser Tierarten gehalten, so dürfen die Bestände ... insgesamt
nicht mehr als 100 vH betragen.
(2) ...
(3) Für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs. 1 ist eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft erforderlich. Sie darf nur erteilt werden, wenn dadurch die Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet wird und stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen. Die Bewilligung hat sich auf bestimmte Tierarten mit der Wirkung zu beschränken, daß keine gegenseitige Aufrechnung mehrerer bewilligter Tierarten zulässig ist und das Halten auch anderer in Abs. 1 genannter Tiere durch den selben Betriebsinhaber - ausgenommen Bestände bis zu 2 vH der aus Abs. 1 sich ergebenden Größen - nicht zulässig ist. ...
...
(9) Eine erteilte Bewilligung (Haltungsbewilligung) gilt ausschließlich für die darin genannten Betriebsstandorte und geht auf den Betriebsnachfolger über. ..."
2.2.1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, die Erstbeschwerdeführerin habe seit den 70er Jahren in ihrem Betrieb Standplätze für 22.000 Legehennen zur Verfügung. Die Haltung von 22.000 Legehennen sei infolge eines Rechtsirrtums der Erstbeschwerdeführerin, die vermeint habe, nur eine die Bestandsobergrenze übersteigende Menge bedürfe einer Bewilligung, nicht in das Ansuchen nach Art. III Abs. 2 ViehWG-Nov 1980 mitaufgenommen worden. Von ihr werde somit ein Tierbestand, der über die vorliegende Haltungsbewilligung hinausgehe, jedenfalls seit 1980 gehalten. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1988, Zl. 87/17/0221, gereiche eine Verspätung in der Antragstellung dieser Art dem Antragsteller zum Nachteil und sei ein solcher Antrag hernach nur mehr nach den Kriterien des § 13 ViehWG zu beurteilen. Im Gegensatz dazu habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Jänner 1985, Zl. 84/07/0116, ausgesprochen, eine Bewilligung des Antrages könnte zumindest im Umfang des vorhandenen Bestandes an Standplätzen im Betrieb den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 ViehWG 1983 (nunmehr § 13 Abs. 3 ViehWG 1983 in der Fassung der Novelle 1988) entsprechen, weil in diesem Umfang gar keine Produktionsausweitung, sondern nur die Weiterführung der Produktion im bereits bestehenden Umfang erfolge. Es bestehe daher eine durch widersprechende Judikatur geschaffene Rechtsunsicherheit.
Eine seit mehr als einem Jahrzehnt betriebene Tierhaltung könne keine negativen Auswirkungen auf die Marktverhältnisse ausüben, weil der betroffene Markt in seinem Gefüge nicht dadurch verändert werde, daß nun eine formale Haltungsbewilligung vorliege oder nicht. Bei rechtzeitigem Antrag hätte der Erstbeschwerdeführerin unter den damaligen Voraussetzungen eine Haltungsbewilligung nach Art. III Abs. 2 ViehWG-Nov 1980 auch für die nunmehr beantragten
10.000 Legehennen erteilt werden müssen. Daraus sei ersichtlich, daß der vorliegende Antrag keinerlei Einfluß auf die Marktverhältnisse nehme. Der Antrag verhalte sich "zur Marktlage völlig neutral".
2.2.2. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, gemäß Art. III Abs. 2 der ViehWG-Novellen 1980 und 1982 hätte für die Beschwerdeführer die Möglichkeit bestanden, bis 30. September 1980 (für Legehennen) bzw. bis 30. September 1982 (für Junghennen) einen Antrag für den Tierbestand bzw. die Standplätze zu stellen, um einen Wahrungsanspruch geltend zu machen. Daß von diesen Möglichkeiten für den Betrieb seinerzeit möglicherweise nur unzureichend Gebrauch gemacht worden ist, kann jetzt nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden. Zutreffend wird im angefochtenen Bescheid auch auf das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1985, Zl. 85/07/0060 = ZfVB 1986/2/879, hingewiesen, wonach im Falle der - aus welchen Gründen immer erfolgten - Versäumung der gesetzlichen Antragsfrist der jeweilige Antrag auf Erteilung oder Abänderung einer Tierhaltungsbewilligung als Antrag nach "Dauerrecht" ausschließlich an den Kriterien des § 13 Abs. 2 ViehWG 1983 (nunmehr § 13 Abs. 3 leg. cit. in der Fassung aus 1988) unter Berücksichtigung der konkreten Marktsituation zu messen ist. Im zitierten Erkenntnis wurde das Vorbringen der damaligen Beschwerdeführer, wonach mit ihrem Antrag vom Jänner 1984 keine Erweiterung des Tierbestandes, sondern nur eine "Ausnützung vorhandener Kapazitäten" begehrt worden sei, die auf das Marktgefüge keinen Einfluß hätte, als unzutreffend qualifiziert, sei doch die Haltung von mehr als
10.000 Legehennen den Beschwerdeführern bisher nie, auch nicht auf Grund der Übergangsregelungen, bewilligt worden.
Es ist daher unmaßgeblich, ob die Beschwerdeführer bereits seit 1972 bzw. 1980 über Standplätze für das beantragte Bewilligungsausmaß verfügten und ob diese Standplätze möglicherweise - wenn auch rechtswidrig - seither in diesem Ausmaß genützt wurden. Aus einem möglicherweise rechtswidrigen Verhalten kann nichts für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 13 Abs. 3 ViehWG 1983 gewonnen werden. Andernfalls wären die vom Gesetzgeber z.B. im Art. III Abs. 2 der ViehWG-Nov 1980 gewählten Fristen für die Wahrungsanträge völlig sinnlos.
2.2.3. Wenn die Beschwerdeführer vermeinen, das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1985, Zl. 84/07/0116 = ZfVB 1985/4/1656, enthalte eine vom bisher Ausgeführten abweichende Rechtsanschauung, so übersehen sie nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß gerade dieses Erkenntnis ganz deutlich auf die konkrete Marktsituation abstellt und weder den Rechtssatz enthält, JEDE Produktionsausweitung führe zu einer Destabilisierung des Eier- und Geflügelmarktes (dagegen wendet sich das zitierte Erkenntnis ausdrücklich), noch ausspricht, eine bloße (wenn auch nach Versäumung der "Wahrungsfrist" bewilligungslose) Weiterführung der Produktion im bestehenden Umfang könne KEINESFALLS den Versagungstatbestand der Nichtgewährleistung stabiler Marktverhältnisse verwirklichen. Der Verwaltungsgerichtshof bezog sich im zitierten Erkenntnis vielmehr auf konkrete Stellungnahmen aus dem Verwaltungsverfahren zu den Marktverhältnissen und formulierte sehr vorsichtig, aus diesen ergebe sich, "daß eine Bewilligung des gestellten Antrages zumindest in jenem Umfang, in welchem er einen (angeblich bereits seit dem Jahre 1979) vorhandenen Bestand an Junghennenplätzen im Betrieb der Beschwerdeführerin betraf, schon mit Rücksicht darauf den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 VWG entsprechen könnte, daß in diesem Umfang gar keine Produktionsausweitung, sondern nur die Weiterführung der Produktion im bereits bestehenden Umfang erfolgen würde". Dem Erkenntnis lag somit die Auffassung zugrunde, daß es auf das Maß der Instabilität des Marktes ankommt, wenn es darum geht, ob es - sachverhaltsbezogen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit (versäumten) Wahrungsfristen - ausreicht, eine über das faktische Maß hinausgehende Produktionsausweitung zu versagen, oder ob es darüber hinaus erforderlich erscheint, auch einer (rechtlich ab dem Übergangszeitpunkt unzulässig gewordenen) Weiterführung der Produktion die Ausnahmebewilligung zu verweigern und in der Folge durch die Herstellung des gesetzlichen Zustandes die Produktionskapazität insgesamt zu verringern.
Aus diesen Erwägungen war aus dem bloßen Umstand, daß die seinerzeitige Antragsfrist versäumt worden war und nach dem Beschwerdevorbringen "ein Tierbestand, der über die vorliegende Haltungsbewilligung hinausgeht, jedenfalls seit 1980 gehalten" wird, kein Anspruch der Beschwerdeführer auf Bewilligung zur Haltung der beantragten 10.000 Legehennen im Betrieb der Erstbeschwerdeführerin ableitbar.
2.3.1. In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht, zu den in den Verwaltungsakten befindlichen und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Statistiken und Tabellen sei zu bemerken, daß die darin enthaltenen Ziffern die Argumentation der Beschwerdeführer geradezu stützten. Die Stagnation beim Eikonsum bzw. das Fallen der Eiererzeugungspreise oder des Jahresdurchschnittspreises ab Hof (Dienstzettel der Abteilung II C 13 vom 21. Oktober 1987 und vom 17. Oktober 1988; Stellungnahme des Referates III/B 7C vom 2. November 1987) habe nämlich nach diesen Daten ab dem Jahr 1984 eingesetzt, also zu einem Zeitpunkt, als die Beschwerdeführerin schon jahrelang 22.000 Legehennen gehalten habe. Die zunehmende Veränderung der Marktlage habe von der Erstbeschwerdeführerin daher gar nicht beeinflußt werden können.
2.3.2. Mit diesen Ausführungen werden die Richtigkeit des dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Zahlenmaterials und auch die daraus für das Vorliegen instabiler Marktverhältnisse gezogenen Schlüsse nicht bestritten. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind Bedenken dieser Art nicht entstanden, zumal die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren den sachverständigen Stellungnahmen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten sind.
Die Stoßrichtung des Beschwerdeeinwandes geht vielmehr dahin, daß die Destabilisierung des Geflügel- und Eiermarktes (erst) eingetreten sei, als die Erstbeschwerdeführerin "schon jahrelang 22.000 Legehennen gehalten hatte". Bei dieser Argumentation verkennen die Beschwerdeführer, daß es im Verfahren nach § 13 ViehWG 1983 (nach sog. "Dauerrecht") nicht mehr auf die Produktionskapazität, insbesondere nicht auf einen möglicherweise rechtswidrig gehaltenen Tierbestand des Bewilligungswerbers, sondern auf die aktuellen Marktverhältnisse anzukommen hat (vgl. zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Erlassung des über den Bewilligungsantrag absprechenden Bescheides das hg. Erkenntnis vom 13. März 1976, Zl. 86/03/0036 = ZfVB 1986/5/2348). Daß die konkrete Betriebskapazität und der Beitrag des betreffenden Betriebes zur Destabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Marktlage
-
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - nicht maßgebend sind, zeigt unzweifelhaft auch die sprachliche Fassung des § 13 Abs. 3 zweiter Satz ViehWG 1983. Dort heißt es, daß die Bewilligung zur Haltung größerer Tierbestände als jener nach § 13 Abs. 1 leg. cit. nur erteilt werden darf, "wenn dadurch die Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet wird und stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen". Die zweite Bewilligungsvoraussetzung ist anders als die erste nicht negativ formuliert und nicht durch das Wort "dadurch" mit der Auswirkung der angestrebten Haltung größerer Tierbestände kausal verknüpft, sondern davon unabhängig positiv und allgemein (makroökonomisch) gefaßt. Der Gesetzgeber hat eben nicht formuliert, "wenn dadurch keine Destabilisierung der Marktverhältnisse bewirkt werden wird", sondern als Bewilligungsvoraussetzung normiert: "wenn" - ergänze (statt des sprachlich unpassenden Wortes "dadurch"): "ungeachtet dessen"
-
"stabile Marktverhältnisse ... gewährleistet erscheinen" (vgl. in diese Richtung schon das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1985, Zl. 85/07/0060 = ZfVB 1986/2/879). Hätte das Gesetz den ersteren Inhalt, dann wären die Beschwerdeführer durchaus im Recht, denn bei ihrem (behauptetermaßen) schon immer bestehenden Produktionsumfang würde die Haltungsbewilligung tatsächlich keinen (zusätzlichen) Beitrag dieses Betriebes zur Destabilisierung der Märkte leisten. Der Gesetzgeber wollte aber die Bewilligungserteilung an das Bestehen stabiler Marktverhältnisse im Entscheidungszeitpunkt binden, wobei diese selbst auf dem Boden der erteilten Bewilligung (weiterhin) "gewährleistet" erscheinen müssen.
Entscheidend ist somit, ob im Entscheidungszeitpunkt stabile Marktverhältnisse bestehen und auch unter dem Gesichtspunkt der Erteilung der Bewilligung gewährleistet erscheinen oder ob im Entscheidungszeitpunkt bereits eine durch stark sinkende Preise (hg. Erkenntnis vom 13. März 1992, Zl. 89/17/0137, durch Preiseinbrüche (hg. Erkenntnis vom 12. März 1986, Zl. 86/03/0036 = ZfVB 1986/5/2348) oder durch starke Preisschwankungen gekennzeichnete Instabilität des Marktes (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 10. September 1986, Zl. 86/03/0104, und vom 27. Mai 1992, Zl. 89/17/0159) besteht, die eine Ausweitung der rechtlich bewilligten Produktionskapazität verwehrt und in Wahrheit die Zurücknahme faktisch bestehender Überkapazitäten geboten erscheinen läßt. Die Situation stark sinkender Preise liegt hier - auch von den Beschwerdeführern unbestritten - vor.
2.4. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Gesetzesbestimmungen - zu denen im Beschwerdefall die oben im Punkt 1.2. zitierten, vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Gesetzesbestimmungen nicht zählen - sind beim Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden.
Auf § 13 Abs. 6a ViehWG 1983 in der Fassung der
1. ViehWG-Nov 1991, BGBl. Nr. 381, wird hingewiesen.
2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989170157.X00Im RIS seit
06.07.2001Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008