TE Vwgh Erkenntnis 1992/7/30 90/17/0342

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Veröffentlicht am 30.07.1992
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Index

L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

AnliegerleistungsG Slbg §11 Abs1;
AnliegerleistungsG Slbg §16 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der H in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 27. April 1990, Zl. MD/00/54227/90/8 (BBK/20/90), betreffend Beitrag anläßlich der Errichtung eines Hauptkanales nach dem Salzburger Anliegerleistungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als grundbücherlicher Alleineigentümerin der zum Bauplatz erklärten Liegenschaft A-Straße (bestehend aus GP. nn1, KG Y) anläßlich der Herstellung des Hauptkanales in der A-Straße im Jahre 1989 gemäß § 11 Abs. 1 des Salzburger Anliegerleistungsgesetzes, LGBl. Nr. 77/1976 idF LGBl. Nr. 76/1988 (im folgenden kurz: ALG), für die Errichtung dieses Hauptkanales ein Beitrag von S 39.238,50 zur Zahlung vorgeschrieben. Die Eigenschaft der Liegenschaft als Bauplatz gründe sich auf den Bauplatzerklärungsbescheid vom 7. Mai 1954. Bei der Bemessung des Beitrages sei auf das Ausmaß des Bauplatzes von 748 m2, auf die nach den im Bebauungsplan "3 b" festgelegten Bebauungsgrundlagen höchstzulässige Bauhöhe von zwei Vollgeschoßen sowie auf den für den Zeitpunkt der Kanalerrichtung festgestellten Durchschnittspreis von S 12.120,-- per Längenmeter unter Gewährung eines Abschlages von 40 %, weil der Hauptkanal nicht (auch) zur Aufnahme von Niederschlagswässern bestimmt sei, Bedacht genommen worden. Dies nach Darstellung des Verfahrensganges und nach Anführung der maßgebenden Rechtsvorschriften im wesentlichen mit folgender Begründung:

Unbestritten sei, daß die Liegenschaft (GP. nn1, KG Y) im Sinne des Bauplatzerklärungsbescheides einen eigenen Bauplatz darstelle, daß der Bauplatz an die A-Straße angrenze (nördlich gelegen) und daß in diesem Bereich der Straße im Jahre 1989 von der Stadtgemeinde Salzburg ein (neuer) Hauptkanal errichtet worden sei, der den Gegenstand und Anknüpfungspunkt der Beitragsvorschreibung gegenüber der Beschwerdeführerin bilde. Der neu errichtete Hauptkanal zweige von dem bisher in der Fbzw. L-Straße (etwa in Nord-Süd-Richtung) verlaufenden Hauptkanal in Richtung Westen ab (= A-Straße), und zwar beginnend auf Höhe der östlich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin gelegenen GP. nn2. Bei dem bisherigen Hauptkanal in der F- bzw. L-Straße handle es sich um einen ursprünglich seitens des Bauträgers des Siedlungsareals errichteten privaten Kanal, welcher "erst im Laufe der späteren Jahre - offensichtlich auf Grund eingehender Interventionen - dann im Jahre 1966 unentgeltlich von der Stadtgemeinde Salzburg übernommen" worden sei und seither als städtischer Hauptkanal betrieben werde. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes entstehe verfassungsrechtlich unbedenklich eine neuerliche (weitere) Beitragsverpflichtung, wenn ein beitragspflichtiges Grundstück durch einen weiteren Kanalbau berührt werde; auf Grund von bescheidmäßigen Vorschreibungen seien bisher bereits geleistete Beiträge nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 ALG einzurechnen. Im vorliegenden Fall komme eine Einrechnung privat erbrachter Aufschließungsleistungen zur Sicherstellung der für eine Bauführung notwendigen Abwasserbeseitigung in den festgesetzten Kostenbeitrag gemäß § 16 Abs. 2 ALG aber nicht in Betracht, weil weder nach dem ALG noch nach früheren Rechtsvorschriften (nämlich nach den Bestimmungen der Stadtbauordnung für Salzburg) Kostenbeiträge der genannten Art vorgeschrieben bzw. geleistet worden seien, zumal der Bauplatz der Beschwerdeführerin auch nicht an den Hauptkanal in der Fbzw. L-Straße angrenze.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, daß ihr gegenüber anläßlich der Errichtung des städtischen Hauptkanales in der A-Straße kein Kostenbeitrag gemäß § 11 Abs. 1 ALG festgesetzt werde bzw. daß auf diesen Beitrag die anteiligen Kosten für den Anschluß an den ursprünglich privaten, dann aber von der Stadtgemeinde Salzburg übernommenen Hauptkanal in der F- bzw. L-Straße gemäß § 16 Abs. 2 ALG einzurechnen seien.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des ALG in

der Fassung der Novellen LGBl. Nrn. 61/1982 und 76/1988 lauten

auszugsweise wie folgt:

"Kostentragung für Hauptkanäle

§ 11

(1) Die Eigentümer der am Hauptkanal der Gemeinde liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke haben bei der Errichtung des Hauptkanales einen Beitrag von je einem Viertel der Kosten zu leisten, gleichgültig, ob die Grundstücke an die Hauptkanäle angeschlossen sind oder nicht. Führt der Hauptkanal über ein in Betracht kommendes Grundstück, so gelten dieses sowie jenes Grundstück als am Hauptkanal gelegen, entlang dem der Hauptkanal im anderen Grundstück verlegt ist ...

...

Wirksamkeitsbeginn und Übergangsbestimmungen

§ 16

(1) ...

(2) ... Wurden für Grundflächen auf Grund früherer Rechtsvorschriften Kostenbeiträge für Hauptkanäle geleistet, entsteht aus Anlaß der Bauplatzerklärung darauf gebildeter, am Hauptkanal liegender Bauplätze nur insoweit eine neuerliche Beitragspflicht, als die Längenausdehnung gemäß § 11 Abs. 3 die dem geleisteten Beitrag zu Grunde gelegte Längenausdehnung im Bereich des betreffenden Bauplatzes überschreitet. Dies gilt auch für weitere, die Beitragspflicht begründende Kanalanlagenerrichtungen bei bestehenden Bauplätzen und sinngemäß für den Fall, daß als späterer Kanal ein solcher zur Errichtung kommt, der zur Abfuhr auch von Niederschlagswässern bestimmt ist."

Soweit die Beschwerde unter Hinweis darauf, daß die Liegenschaft bereits im Jahre 1954 zum Bauplatz erklärt worden sei, eine denkunmögliche Anwendung des § 11 ABS. 2 ALG geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Verwaltungsinstanzen den Abgabenanspruch nicht auf diese Bestimmung, sondern auf den ABS. 1 dieser Gesetzesstelle gestützt haben.

Die Beschwerde rügt weiters, nach den Ergebnissen des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens könne nicht von einem "neuen Kanalbau" (in der A-Straße) gesprochen werden, sondern handle es sich "in Wirklichkeit ... um die Sanierung des bestehenden Privatkanalnetzes", da sie ja immer einen Hauptanschluß gehabt habe. Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auch auf einen Vertrag zwischen der Stadtgemeinde Salzburg einerseits und den Genossenschaften "K" und "P", wonach die durch "Wartung, Erneuerung und Instandsetzung der Kanalisation entstehenden Mehrkosten den Siedlungsunternehmungen bzw. ihren Rechtsnachfolgern zum Ersatze vorgeschrieben werden".

Demgegenüber hat schon der Magistrat Salzburg im erstinstanzlichen Abgabenbescheid von der ERRICHTUNG EINES HAUPTKANALES in der A-Straße/C-Straße gesprochen und in der (Neu-)Errichtung dieses Hauptkanales den abgabepflichtigen Tatbestand erblickt. Auch aus den im Verwaltungsakt erliegenden Planunterlagen geht hervor, daß im Bereich des Bauplatzes der Beschwerdeführerin in der A-Straße ein neuer Hauptkanal errichtet worden ist, wobei bei dieser Gelegenheit auch der Kanalstrang in der F- bzw. L-Straße saniert worden ist. Die Beschwerdeführerin hat die Errichtung eines neuen Hauptkanales in der A-Straße auch im Verwaltungsverfahren nicht bestritten (siehe ihre Berufung vom 1. Dezember 1989 und ihre ergänzende Stellungnahme im Berufungsverfahren vom 17. April 1990). Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, es sei kein neuer Hauptkanal errichtet, sondern nur ein alter Hauptkanal saniert worden, stellt somit eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar. Auch mit dem bloßen Hinweis, die Abgabenfestsetzung setze sich über einen unter Beteiligung der Stadtgemeinde Salzburg geschlossenen zivilrechtlichen Vertrag hinweg, kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan werden, weil eine allfällige Verletzung zivilrechtlicher Verpflichtungen einen im öffentlichen Recht begründeten Abgabenanspruch nicht berührt.

Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde weiters noch geltend, die Nichteinrechnung bereits erbrachter Anliegerleistungen sei mit dem verfassungsmäßig verankerten Gleichheitsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen. Sie wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob es sachlich gerechtfertigt erscheine, eine Beitragsleistung für einen Hauptkanal nur dann gemäß § 16 Abs. 2 ALG in einen Kostenbeitrag einzurechnen, wenn diese Leistung AUF GRUND VON RECHTSVORSCHRIFTEN, nicht aber, wenn sie FREIWILLIG erbracht wird. Im vorliegenden Fall hätten nämlich "die Anlieger einmal für die Errichtung einer Privatkanalanlage bezahlt und sollen nunmehr ein zweites Mal nach dem Anliegerleistungsgesetz zur Zahlung herangezogen werden".

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Gegenstand der Einrechnung gemäß § 16 Abs. 2 zweiter Satz ALG auf Grund positiver Anordnung in dieser Gesetzesstelle nur Leistungen sein, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Normen an den öffentlich-rechtlichen Abgabengläubiger (Gemeinde) erbracht worden sind (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1990, Zlen. 89/17/0194 und 0196). Da die Beschränkung der Einrechnungsmöglichkeit auf nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften gegeben gewesene Beitragsansprüche schon im Hinblick darauf sachlich erscheint, daß bei anderen Eigentümerleistungen keineswegs gewährleistet erscheint, ob der Abgabengläubiger daraus einen Vorteil gezogen hat, bestehen aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 16 Abs. 2 ALG aus der Sicht des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes; dies gilt auch unter der im Beschwerdefall vorliegenden Besonderheit, daß die ursprünglich privat errichtete und betriebene Kanalisationsanlage in der F- bzw. L-Straße auf Grund eines Vertrages dann unentgeltlich und kostenlos in das uneingeschränkte Eigentum der Stadtgemeinde Salzburg übergegangen ist, weil die Aufschließung nach einem privaten Konzept nicht einer Aufschließung durch die Stadt gleichgehalten werden kann. Kostenbeiträge für den Hauptkanal in der F- bzw. L-Straße auf Grund des ALG oder früherer Rechtsvorschriften konnten für den Bauplatz der Beschwerdeführerin hingegen schon deswegen nicht entstanden sein, weil dieser Bauplatz an den eben genannten Hauptkanal nicht angrenzt; infolgedessen war im Beschwerdefall eine Einrechnung gemäß § 16 Abs. 2 ALG weder zulässig noch geboten.

Da der Verwaltungsgerichtshof schließlich auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel zu erkennen vermag - die Beschwerde zeigt selbst nicht auf, in welchem wesentlichen Punkt sich die belangte Behörde mit "der ergänzenden Stellungnahme" der Beschwerdeführerin nicht oder nur ungenügend auseinandergesetzt habe -, erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht rechtswidrig. Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990170342.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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