TE Vwgh Erkenntnis 1992/8/7 92/14/0035

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Veröffentlicht am 07.08.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §198 Abs2;
BAO §4 Abs2 lita Z2;
EStG 1972 §18 Abs1 Z4;
KStG 1966 §10;
KStG 1966 §23;
KStG 1966 §8 Abs1;
KStG 1966 Steuerfreiheit Schachtelgewinnen Erlaß BMF 3.Februar 1983;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der M. GmbH in F, vertreten durch H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 30. Dezember 1991, Zl. 13/105/2-BK/Ko-1991, betreffend Körperschaftsteuer 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die belangte Behörde hat mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit der Festsetzung der Körperschaftsteuer gegenüber der Beschwerdeführerin für 1986 Verluste aus 1980 bis 1982 der von der beschwerdeführenden GmbH durch Fusion zum 31. Dezember 1986 aufgenommenen Holding-GmbH mit der Begründung nicht als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 zum Abzug zugelassen, diesem Abzug stünde im Hinblick auf die anzuwendende Rechtslage vor der Aufhebung des § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 durch das Erkenntnis VfSlg. 10 730/1985 mit Ablauf des 31. Dezember 1986 entgegen, daß die Verluste mit den durch § 10 KStG 1966 bei der Holding-GmbH privilegierten Beteiligungsgewinnen auszugleichen gewesen wären. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, durch die erklärungsgemäße Veranlagung der Verluste der aufgenommenen Gesellschaft für die genannten Kalenderjahre stünden diese im Abzugsjahr 1986 bindend (als abzugsfähig) fest, teilte die belangte Behörde nicht, weil durch die Veranlagungen der gemäß § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 allein maßgebliche abzugsfähige Verlust nicht festgestellt worden sei.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Abzug von Verlusten der Jahre 1980 bis 1982 als Sonderausgaben bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer des Streitjahres verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe die aus der Rechtskraft der Veranlagungsbescheide für 1980 bis 1982 fließende Tatbestandswirkung unbeachtet gelassen, auf Grund der die Verluste bindend feststünden. Die Mißachtung des § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 in diesen Bescheiden dürfe daher nicht mehr aufgegriffen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werde über die Höhe des vortragsfähigen Verlustes nämlich für das Jahr abgesprochen, in dem der Verlust entstanden sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß sowohl für die Jahre der Veranlagung der Körperschaftsteuer der aufgenommenen Holding-GmbH (1980 bis 1982) als auch für das Abzugsjahr (Streitjahr) noch § 8 Abs. 1 KStG 1966 in der Fassung vor der Aufhebung seines dritten Satzes durch den Verfassungsgerichtshof anzuwenden ist, weil die Aufhebung des betreffenden Teiles der Norm durch diesen Gerichtshof erst mit Ablauf des 31. Dezember 1986 erfolgte und der Beschwerdefall nicht Anlaßfall des Normprüfungsverfahrens war. Ein Bescheid über die Festsetzung der Abgabe stellt grundsätzlich auf die Rechtslage ab, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches gegolten hat, stellt er doch diesen Anspruch nur dem Grunde und der Höhe nach fest, mag die Höhe auch von einem Antrag des Steuerpflichtigen mitbestimmt sein, der erst in späterer Zeit gestellt wird. Der Anspruch auf Körperschaftsteuer entsteht gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 BAO für die zu veranlagende Abgabe (spätestens) mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Dies ist für die mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug veranlagte Körpersteuer des Streitjahres der 31. Dezember 1986, an dem noch die Rechtslage vor der Aufhebung der erwähnten Gesetzesstelle durch den Verfassungsgerichtshof gegolten hat.

Nach dieser Rechtslage war in Fällen der Befreiung von Schachtelbeteiligungsgewinnen gemäß § 10 KStG 1966 bei der Ermittlung des abzugsfähigen Verlustes gemäß § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 die Vorschrift des § 10 KStG 1966 nicht anzuwenden. Die Gewinnanteile aus der Beteiligung waren daher insofern nicht außer Ansatz zu lassen, also mit dem Verlust des betreffenden Jahres auszugleichen. Abzugsfähige Verluste konnten daher nur entstehen, soweit diese die Gewinnanteile überstiegen. Daraus folgt, daß in Fällen von gemäß § 10 KStG 1966 relevanten Gewinnen aus Schachtelbeteiligungen die Veranlagung zur Körperschaftsteuer nach § 8 Abs. 1 erster und zweiter Satz in Verbindung mit § 23 KStG 1966 allein keine Aussage über die Höhe des abzugsfähigen Verlustes enthält. Ein rechtskräftiger Veranlagungsbescheid, der lediglich die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer feststellt, in der ja gemäß § 10 KStG 1966 die auf die privilegierten Beteiligungen entfallenden Gewinnanteile jeder Art außer Ansatz zu lassen sind, und die Höhe der Körperschaftsteuer festsetzt, enthält daher - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - keine normative Aussage hinsichtlich der Höhe abzugsfähiger Verluste. Folglich äußert ein solcher Bescheid auch keine Tatbestandswirkung hinsichtlich der Höhe der Verluste, die gemäß § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 zum Abzug zugelassen werden könnten, welche die Abgabenbehörde bei Festsetzung der Steuer für das Jahr bindet, für das die Abzugsfähigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 zu beurteilen ist.

Diese Auslegung der Bescheide des Finanzamtes wird noch durch folgende Überlegungen unterstützt:

Im Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 3. Februar 1983, Zl. 13 5302/3-IV/13/82, AÖFV Nr. 80/1983, wird in Punkt 5 zwischen "steuerlicher Verlust" einerseits und "vortragsfähiger Verlust" andererseits unterschieden. Ersterer ist durch den Beteiligungsgewinn nicht verringert. Der Erlaß stellt zwar keine vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Rechtsverordnung dar. Dies spielt für die Auslegung der Bescheide des Finanzamtes aber keine Rolle. Es darf nämlich davon ausgegangen werden, daß die Finanzämter bei Erlassung ihrer Bescheide von der im Erlaß vorgenommenen Unterscheidung ausgegangen sind, weil sie sich als weisungsgebundene Organe an die Rechtsansicht des Bundesministers halten wollten. Wenn ein Finanzamt in seinem Körperschaftsteuerbescheid im Zusammenhang mit der Anführung der Bemessungsgrundlage nur von "Verlust" spricht, nicht aber von "vortragsfähigem" Verlust, muß daher angenommen werden, daß es damit nicht den "vortragsfähigen Verlust" gemeint hat, sondern den "steuerlichen Verlust" im Sinne der vom Bundesminister für Finanzen im erwähnten Erlaß mitgeteilten Rechtsansicht.

Daß die Veranlagungsbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 hier über den erwähnten Inhalt hinaus eine Feststellung der unter Beachtung von § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 abzugsfähigen Verluste getroffen hätten, behauptet die Beschwerdeführerin nicht, geht sie doch selbst davon aus, "daß das automatisierte Abgabenfestsetzungsverfahren offenbar nicht geeignet war, rechtsrichtige Bescheide zu erstellen", worunter sie solche Bescheide versteht, die eine Feststellung über Verluste treffen, die grundsätzlich - vorbehaltlich der weiteren, erst im Bescheid über das Verlustabzugsjahr zu prüfenden Voraussetzungen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 - für den Abzug in Frage kommen.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im Falle privilegierter Schachtelbeteiligungen die Bescheide über die Festsetzung der Körperschaftsteuer der privilegierten Körperschaft gemäß § 198 Abs. 2 BAO auch bereits eine Feststellung über die Höhe des an sich vortragsfähigen Verlustes im Sinne des § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 enthalten mußten. Sollte eine solche Feststellungspflicht bestanden haben, wie sie die Beschwerdeführerin behauptet, der jedoch das Finanzamt hier nicht entsprochen hatte, hätte dies nämlich nur zur Folge, daß die im Unterbleiben einer derartigen Feststellung gelegene Rechtswidrigkeit vom Steuerpflichtigen mit den durch die Bundesabgabenordnung und das Bundes-Verfassungsgesetz eingeräumten Rechtsschutzbehelfen hätte abgestellt werden können, nicht aber, daß diesen Bescheiden gleichsam in gesetzeskonformer Interpretation ein Inhalt zu subintelligieren wäre, den sie keinesfalls aufweisen.

Die Rechtswidrigkeit würde also nichts daran ändern, daß die Veranlagungsbescheide mit einem unvollständigen und damit rechtswidrigen Inhalt in Rechtskraft erwachsen sind, also ohne eine bei der Abgabenfestsetzung für das Streitjahr bindende Feststellung abzugsfähiger Verluste im Sinne des § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966.

Die Abgabenbehörden waren daher nicht durch rechtskräftige Bescheide daran gehindert, bei Festsetzung der Körperschaftsteuer für 1986 den abzugsfähigen Verlust gemäß § 8 Abs. 1 dritter Satz KStG 1966 nach dieser Vorschrift zu ermitteln. Daß sie dabei unrichtig vorgegangen wären, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht, lagen doch nach den durch die Beschwerde insoweit unbekämpft gelassenen Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid die Voraussetzungen für das Privileg nach § 10 KStG 1966 und durch dieses begünstigte Beteiligungsgewinne bei der von der Beschwerdeführerin in der Fusion aufgenommenen Holding-GmbH in den Jahren 1980 bis 1982 vor, die die erklärten "Verluste aus Gewerbebetrieb" überstiegen.

Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid somit im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gem. § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140035.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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