TE Vwgh Erkenntnis 1992/8/20 92/06/0134

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Veröffentlicht am 20.08.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauO Tir 1989 §31;
BauRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/06/0135

Betreff

Der VwGH hat über die Beschwerden der R Gesellschaft mbH (vormals: K Gesellschaft mbH) in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung vom 22. Mai 1992, a) Zl. Ve 1-547-117/90 und b) Zl. Ve 1-547-117/89, betreffend Parteistellung in Baubewilligungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde N, 2. Gemeinde P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Aus den vorliegenden Beschwerden in Verbindung mit den vorgelegten Ablichtungen der angefochtenen Bescheide sowie unter Bedachtnahme auf das in dieser Sache bereits ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0075, 0096, ergibt sich folgender, im Lichte des geltend gemachten Beschwerdepunktes für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt:

1.1. Die Beschwerdeführerin errichtet (bzw. errichtete) auf einem Baugrundstück im Gemeindegebiet der zweitmitbeteiligten Gemeinde ein Kurhaus als "Zentrum für ganzheitliche Medizin und Erholung" wobei ein ursprüngliches, kleineres Projekt mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 3. August 1987, eine Erweiterung um je ein weiteres Unter- und Obergeschoß, sowie einen abgedeckten Gang für Fußgänger mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 25. Oktober 1989 und - nach der im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide gegebenen Sachlage - eine zweite Erweiterung durch Zubau, der sich aus einem Arkadengang unterhalb eines Lärmschutzdammes und aus einer Erweiterung des im Kurhaus vorhandenen Restaurants zusammensetzt, mit Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Oktober 1991 bewilligt worden sind.

1.2. Die erstmitbeteiligte Gemeinde erhob als Nachbar am 26. März 1990 gegen die beiden erstgenannten Bewilligungsbescheide Berufungen, denen - nachdem sie im zweitgenannten Verfahren den Gemeinderat im Devolutionsweg angerufen hatte - mit Bescheiden vom 18. Jänner 1991 mangels Parteistellung der erstmitbeteiligten Gemeinde keine Folge gegeben wurde. Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellungen der erstmitbeteiligten Gemeinde behob die belangte Behörde diese Berufungsbescheide und sprach aus, daß der erstmitbeteiligten Gemeinde Parteistellung in diesem Verfahren zukomme. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof; mit Erkenntnis vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0075, 0096 wurde diesen Beschwerden insoweit Folge gegeben, als der Vorstellungsbescheid vom 12. März 1991 (er betraf das ursprüngliche Projekt) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Vorstellungsbescheid vom 17. April 1991 er betraf die erste Projekterweiterung) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurden. Im erstgenannten Fall sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, daß der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Gemeinde mangels Anrufung im Devolutionsweg unzuständig gewesen sei (dies habe die belangte Behörde nicht aufgegriffen), im zweitgenannten Fall hielt der Verwaltungsgerichtshof in der Frage der Parteistellung der erstmitbeteiligten Gemeinde die Einholung eines Sachverständigengutachtens für unerläßlich.

1.3. Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid in Stattgebung der Vorstellung der erstmitbeteiligten Gemeinde den Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 18. Jänner 1991 betreffend das ursprüngliche Projekt unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes (d.h. der Sache nach wegen Unzuständigkeit des Gemeinderates) und mit dem erstangefochtenen Bescheid den Bescheid des Gemeinderates vom 18. Jänner 1991 betreffend die erste Projekterweiterung (zur Verfahrensergänzung betreffend die Parteistellung der erstmitbeteiligten Partei) aufgehoben.

1.3.1. Darüber hinaus hat die belangte Behörde mit dem erstangefochtenen Bescheid einen betreffend die erste Projekterweiterung zwischenzeitig ergangenen weiteren Bescheid (Ersatzbescheid) des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 27. September 1991 in Erledigung einer weiteren Vorstellung der erstmitbeteiligten Partei aufgehoben und (zusammengefaßt) begründend ausgeführt, daß EIN Gebäudekomplex vorliege, dessen rechtliche Existenz "im Hinblick auf das .... Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes" (gemeint ist jenes vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0075, 0096) "untrennbar miteinander verbunden" sei. Es sei nicht sinnvoll, die Parteistellung der erstmitbeteiligten Partei je in getrennten Verfahren zu entscheiden.

1.3.2. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ferner weiteren Vorstellungen der erstmitbeteiligten Gemeinde stattgegeben, und zwar A) jener gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 27. September 1991 (dabei handelt es sich nach der mit dem Beschwerdevorbringen übereinstimmenden Begründung des angefochtenen Bescheides um den mittlerweile dritten Ersatzbescheid des Gemeinderates hinsichtlich des Hauptprojektes, wobei alle Bescheide während des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens noch auf der Grundlage des in diesem Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides der belangten Behörde ergangen sind), sowie B) jener gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 31. Oktober 1991 betreffend die ZWEITE ERWEITERUNG des Projektes (Arkadengang und Restauranterweiterung). Auch hier vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß ein einheitlicher Gebäudekomplex vorliege und - im Sinne des wiederholt zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1992 - die Frage der Parteistellung der erstmitbeteiligten Gemeinde daher auch in diesen Verfahren (vorerst) zu prüfen sei.

2. Gegen die beiden Vorstellungsbescheide der belangten Behörde vom 22. Mai 1992 erhob die Beschwerdeführerin die zu Zl. 92/06/0134 und zu Zl. 92/06/0135 protokollierten Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, worin - der Sache nach - Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend gemacht wird.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, diese Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges miteinander zu verbinden und hat sodann darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorausgeschickt sei, daß mit den vorliegenden Beschwerden die angefochtenen Bescheide in vollem Umfang bekämpft werden, d. h. nicht nur insoweit, als es sich dabei um Ersatzbescheide im Gefolge des hg. Erkenntnisses vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0075, 0096 handelt (vgl. Punkt 1.3.), sondern auch insoweit, als zwischenzeitig ergangene Ersatzbescheide des Gemeinderates (Punkt 1.3.1. und Punkt 1.3.2.a) sowie ferner auch der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 31. Oktober 1991 ("Arkadengang und Restauranterweiterung"), der auf Grund einer von der erstmitbeteiligten Partei erhobenen Berufung ergangen war (1.2.2.b), behoben wurden.

Als einziger Beschwerdepunkt wird von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, die belangte Behörde habe dadurch, daß sie in der Begründung der angefochtenen Bescheide von einem einheitlichen, untrennbaren Projekt ausgegangen sei, der Gemeindebehörde eine (neue) Rechtsauffassung zum Nachteil der Beschwerdeführerin zu Unrecht überbunden. Die Bauverfahren seien getrennt geführt worden, weshalb die Frage der Parteistellung der erstmitbeteiligten Gemeinde in jedem Verfahren "unter Zuordnung allfälliger Immissionen zu einzelnen Bauvorhaben" stattzufinden habe. Solche Immissionen könnten eine Parteistellung der erstmitbeteiligten Gemeinde nur in den jeweiligen Bauverfahren begründen.

Dieser Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten: Aus den von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten erstinstanzlichen Bewilligungsbescheiden vom 3. August 1987, 25. Oktober 1989 und 1. Oktober 1991 ergibt sich vielmehr, daß nicht etwa drei voneinander getrennte Bauprojekte vorliegen, sondern ein ursprüngliches Projekt, dessen dem Bewilligungsbescheid vom 3. August 1987 zugrundeliegende Ausgestaltung durch die nachfolgend erteilten Baubewilligungen (welche insoweit jeweils auf der bzw. den vorausgegangenen Bewilligungen aufbauen) sowohl verändert als auch vergrößert wurde (Einbau zusätzlicher Geschoße bzw Zubau bestehend aus Arkadengang und Vergrößerung des im Kurhaus befindlichen Restaurants). Es lag (und liegt) daher der Berufungsbehörde (zuletzt und weiterhin) ein einheitliches Projekt in jener Form vor, wie es sich aus allen drei von der erstmitbeteiligten Partei mit Berufung bekämpften Bewilligungsbescheiden ergibt (d.h. mit erhöhter Geschoßzahl und mit Zubau). Dieses Projekt ist auch der Prüfung der Beeinträchtigungsmöglichkeit der erstmitbeteiligten Gemeinde als Nachbar im Sinne der Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1992, Zlen. 91/06/0075, 0096, zugrundezulegen und nicht etwa nur das ursprüngliche (durch die erste und zweite Erweiterung insoweit teilweise überholte) Vorhaben. Ob die erstinstanzliche Baubewilligung für das nunmehrige Projekt in einer oder in mehreren, zeitlich aufeinanderfolgenden Verfahren erwirkt wurde, ist für die Frage der nach der zweifelsfreien Absicht der Beschwerdeführerin, aber auch der Verkehrsauffassung gegebenen Einheitlichkeit des Ergebnisses ohne Bedeutung.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die geltend gemachte Rechtsverletzung (und nur im Umfang des Beschwerdepunktes obliegt dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG die Prüfung des angefochtenen Bescheides) nicht vorliegt, waren sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Mit der Erledigung der Hauptsache erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihren Beschwerden gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060134.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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