Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des J D in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. März 1992, Zl. VwSen-100369/3/Bi/Rd, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO für schuldig befunden; es wurde eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt.
Auf Grund der unter anderem unter Bezugnahme auf § 20 VStG lediglich gegen das Ausmaß der verhängten Strafe erhobenen Berufung des Beschwerdeführers setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. März 1992 die Geldstrafe auf S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) herab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß es die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage unterlassen habe, zugunsten des Beschwerdeführers von der Bestimmung des § 20 VStG Gebrauch zu machen, zumal der Beschwerdeführer zur Tatzeit entsprechend der Vorschrift des § 4 Abs. 2 leg. cit. noch Jugendlicher gewesen sei.
Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:
Gemäß dem mit "Außerordentliche Milderung der Strafe" überschriebenen § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" räumt diese Vorschrift der Behörde kein Ermessen ein; vielmehr hat die Behörde bei Vorliegen der dort angeführten Voraussetzungen der Strafbemessung einen Strafrahmen zugrunde zu legen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1990, Zl. 89/03/0027).
Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter hiezu ausgesprochen hat (vgl. das Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0061, auf welches der Beschwerdeführer zutreffend verweist), kommt die außerordentliche Milderung der Strafe bei einem Jugendlichen unabhängig davon in Betracht, ob die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen; das bedeutet im vorliegenden Fall, daß die belangte Behörde im Hinblick auf das zum Tatzeitpunkt noch vorgelegene jugendliche Alter des Beschwerdeführers von der Vorschrift des § 20 VStG hätte Gebrauch machen müssen. Zur Klarstellung sei allerdings gesagt, daß die belangte Behörde dennoch nicht zwingend eine die Untergrenze des Strafrahmens des § 99 Abs. 1, Einleitungssatz, StVO von S 8.000,-- unterschreitende Strafe hätte verhängen müssen. Sie hätte aber bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gehabt, daß im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Bestimmung des § 20 VStG von einer Untergrenze des Strafrahmens von S 4.000,-- auszugehen ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0061).
Da die belangte Behörde dies verkannte, erweist sich der angefochtenen Bescheid als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Unerklärlich ist dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift, aus ihrem Bescheid ergebe sich "zweifelsfrei" die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes; insbesondere ergibt sich solches nicht aus dem von der belangten Behörde angeführten Punkt 4.1. der Begründung. Vielmehr hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich darauf verwiesen, daß im gegenständlichen Fall § 20 VStG "trotz des Alters des Berufungswerbers nicht mehr zum Tragen" komme. Weiters wird dort zum Ergebnis ihrer Überlegungen auf die "nunmehr verhängte Mindeststrafe" Bezug genommen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Geldstrafe und ArreststrafeErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020150.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
26.11.2010