TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/2 92/02/0214

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Veröffentlicht am 02.09.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde der HH in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Mai 1992, Zl. UVS-03/16/01090/92, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es am 17. Juni 1991 um 13.40 Uhr an einem bestimmten Ort in Wien als Lenkerin eines Kraftfahrzeuges nach ursächlicher Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen, diesen Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unstrittig ist, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem Fahrzeug beim Einparken gegen ein abgestelltes Motorrad stieß, worauf dieses auf einen abgestellten Pkw fiel, daß die beiden letztgenannten Fahrzeuge hiedurch beschädigt wurden und daß eine Verständigung der nächsten Polizeidienststelle vom Unfall unterblieb. Daß die Zurücklassung eines Verständigungszettels auf dem Motorrad den in § 4 Abs. 5 StVO vorgesehenen Identitätsnachweis nicht ersetzen konnte, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. An der Tatbildmäßigkeit ihres Verhaltens kann somit kein Zweifel sein.

Es erübrigt sich, auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Auslegung des Begriffes "ohne unnötigen Aufschub" einzugehen, da eine Verständigung der nächsten Polizeidienststelle überhaupt nicht stattgefunden hat.

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt im Vorbringen, der Unfall habe sich kurz vor einem für 14.00 Uhr vereinbarten Arztbesuch der Beschwerdeführerin ereignet. Eine zeitliche Verzögerung bei der Wahrnehmung dieses im voraus eingeteilten Termines wäre ihr unzumutbar gewesen, da sie nicht sicher habe sein können, ob sie an diesem Tag auch noch zu einem späteren Zeitpunkt ärztlich untersucht würde. Vom Arzt sei ihr in der Folge Bettruhe verordnet worden, weshalb sie sodann ohne Kontaktierung der nächsten Polizeidienststelle getrachtet habe, der ärztlichen Anordnung so rasch wie möglich Folge zu leisten.

Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, einen Notstand oder auch nur eine allenfalls strafmildernd zu berücksichtigende notstandsähnliche Situation darzustellen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Die Beweislast traf die Beschwerdeführerin (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1992, Zl. 92/02/0090).

Die Beschwerdeführerin hat zwar angegeben, sich im fünften Monat einer Risikoschwangerschaft befunden zu haben, nicht aber, daß sie den Arzt damals wegen eines akuten medizinischen Notfalles aufgesucht habe. Auch die Tatsache, daß sie in der Lage war, mit ihrem Fahrzeug von Eisenstadt nach Wien und offenbar auch wieder zurückzufahren, spricht dagegen, daß sie sich in einer schweren unmittelbaren Gefahr befunden hat. Die bloße Absicht, eine Unpünktlichkeit beim Arztbesuch zu vermeiden, kann sie aber nicht entschuldigen. Im übrigen wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet, daß es unmöglich gewesen wäre, die nächste Polizeidienststelle etwa von der Arztpraxis aus telefonisch zu verständigen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1991, Zl 86/18/0100).

Bei dieser Sachlage war die belangte Behörde auch nicht gehalten, in Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG bloß eine Ermahnung auszusprechen. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang betont, daß sie ohnehin einen Verständigungszettel hinterlassen habe, auf Grund dessen sie in der Folge auch kontaktiert worden sei, ist sie darauf hinzuweisen, daß nach dem von ihr verschuldeten Parkschaden ein solcher Zettel - ungeachtet dessen, daß damit der Vorschrift des § 4 Abs. 5 StVO nicht entsprochen wurde - nur auf dem Motorrad, nicht aber auch auf dem ebenfalls beschädigten fremden Pkw angebracht wurde. Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß der vorliegende Beschwerdefall mit dem dem hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0033, zugrundeliegenden Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht vergleichbar ist.

Schon der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020214.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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