TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/4 92/18/0351

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Veröffentlicht am 04.09.1992
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §3 Abs2 Z6;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
MeldeG 1972 §1;
MeldeG 1991 §6;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des B, geboren am 8. August 1965, in T, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. Juni 1992, Zl. Fr 819/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) ein bis zum 31. März 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für ganz Österreich erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 sowie des Abs. 3 FPG lauten:

§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 zu verschaffen.

(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2.

die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;

3.

die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.

Zur Begründung, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG verwirklicht habe, führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 7. Oktober 1989 als Tourist nach Österreich eingereist. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 19. Jänner 1990 habe er angegeben, daß er sich zu einem Verwandtenbesuch im Bundesgebiet aufhalte und bis Ende April 1990 hier bleiben wolle; um eine Beschäftigungsbewilligung werde er nicht ansuchen. Hierauf sei dem Beschwerdeführer von der Behörde erster Instanz ein Sichtvermerk bis zum 19. April 1990 erteilt worden. Anläßlich einer Vorsprache bei der Behörde erster Instanz am 4. Mai 1990 habe er eine Bestätigung einer "Gebäudereinigungsfirma" vorgewiesen, aus der hervorgegangen sei, daß er am 3. Mai 1990 eine Beschäftigung aufgenommen habe. Durch die erwähnte Erklärung vom 19. Jänner 1990 habe der Beschwerdeführer nicht nur unrichtige Angaben über die Dauer seines Aufenthaltes, sondern auch über den Zweck desselben gegenüber Organen der Behörde erster Instanz gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe am 19. Jänner 1990 unrichtige Angaben über den Zweck und die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Weshalb die belangte Behörde - so das Beschwerdevorbringen - den "bösen Vorsatz bei der Einreise" nachzuweisen gehabt hätte, ist nicht einsichtig.

Konnte aber die belangte Behörde rechtsrichtig davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG verwirklicht hat, so war auch die Annahme gerechtfertigt, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0256).

Aber auch die von der belangten Behörde nach § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung ist nicht rechtswidrig: Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang unter anderem darauf verwiesen, daß sich der Beschwerdeführer seit Oktober 1989 im Bundesgebiet aufhalte. Auf Grund seiner beruflichen Qualifikation sei sein Fortkommen auch außerhalb des Bundesgebietes gewährleistet, zumal er keine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe, die nur in Österreich ausgeübt werden könne. Aus dem Akteninhalt sei ersichtlich, daß sich die Gattin des Beschwerdeführers und das gemeinsame Kind noch in der Türkei aufhielten. Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes komme die Behörde zum Schluß, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden, als die nicht unbeträchtlichen Auswirkungen dieser Maßnahme auf den privaten Bereich des Beschwerdeführers.

Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen. Dafür, daß es sich beim Beschwerdeführer um eine Person handle, die "als einer von wenigen Ausländern in Österreich tatsächlich integriert" sei, ergibt sich kein Anhaltspunkt. Andererseits konnte die belangte Behörde bei der im Rahmen der Interessenabwägung vorzunehmenden Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/18/0282) zu Recht jedenfalls auch die beiden rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers jeweils wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, aber auch den Verstoß gegen das Meldegesetz (beide Arten von Übertretungen sind keineswegs als unbedeutend zu werten, vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1992, Zl. 91/19/0350) zu Lasten des Beschwerdeführers mitberücksichtigen. Die Interessenabwägung begegnet daher keinen Bedenken, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, daß die im April 1990 vom Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsangehörigen geschlossene Ehe (welche am 21. August 1991 einvernehmlich geschieden worden sei) nur zur Erlangung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz eingegangen worden sei.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Erteilung eines Auftrages zur Behebung von Mängeln der Beschwerde sowie eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180351.X00

Im RIS seit

04.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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