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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art132;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 20. März 1992,
Zlen 6/4-4267/91-09 und 6/4-4268/91-09, betreffend Aussetzung einer Berufungsentscheidung hinsichtlich der Festsetzung eines Verspätungszuschlages (Einkommensteuer für das Jahr 1987), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Das Kostenersatzbegehren des Bundes wird abgewiesen.
Hinsichtlich des Kostenersatzbegehrens des Beschwerdeführers wird auf den Beschluß vom heutigen Tag über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens betreffend Aussetzung von Berufungsentscheidungen hinsichtlich der Festsetzung von Verspätungszuschlägen in Ansehung der Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1988 verwiesen.
Begründung
Über den Beschwerdeführer wurde vom Finanzamt Zwettl mit Bescheid vom 1. März 1991 eine Zwangsstrafe von 1.000 S verhängt, um ihn zur Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 1989 zu veranlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Berufungsentscheidung vom 30. Juli 1991 als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 13. September 1991 die unter der hg Zl 91/13/0204 protokollierte Beschwerde. Wie bereits im Administrativverfahren vertritt der Beschwerdeführer auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ua die Ansicht, weder die der Zwangsstrafe vorangegangenen verfahrensleitenden Verfügungen noch die Festsetzung der Zwangsstrafen selbst seien Bescheide im Sinn der Bundesabgabenordnung, weil diesen eine Unterschrift mangle. Der letzte Satz des § 96 BAO finde auf diese Bescheide keine Anwendung. Über die Beschwerde wurde noch nicht entschieden.
Gegenüber dem Beschwerdeführer wurde vom Finanzamt Zwettl mit Bescheid vom 7. August 1991 ua ein Verspätungszuschlag in Ansehung der Einkommensteuer für das Jahr 1987 festgesetzt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 23. August 1991 Berufung, die vom Finanzamt Zwettl mit Berufungsvorentscheidung vom 27. August 1991 als unbegründet abgewiesen wurde. Auf Grund des Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 24. September 1991 galt die Berufung wiederum als unerledigt. In dem zuletzt genannten Antrag vertritt der Beschwerdeführer ua wiederum die Ansicht, dem bekämpften Bescheid mangle es an den Voraussetzungen des letzten Satzes des § 96 BAO. Mit Verfügung vom 4. März 1992, zugestellt am 6. März 1992, teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, sie beabsichtige, die Entscheidung über die Berufung gemäß § 281 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof unter der Zl 91/13/0204 protokollierten Beschwerde auszusetzen, weil der Ausgang dieses Verfahrens von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung sei. Mit Schreiben vom 17. März 1992, eingelangt bei der belangten Behörde am 19. März 1992, teilte der Beschwerdeführer mit, er verzichte auf die Abgabe einer Stellungnahme zur eben erwähnten Verfügung.
Mit dem nunmehr angefochtenen, am 30. März 1992 zugestellten, Bescheid setzte die belangte Behörde die Entscheidung über die Berufung unter Hinweis auf § 281 BAO und auf die wegen einer gleichen Rechtsfrage unter der hg Zl 91/13/0204 protokollierten Beschwerde aus, wobei sie begründend auf die wesentliche Bedeutung des Ausganges dieses Verfahrens für die Entscheidung über die Berufung hinwies.
In einer am 12. März 1992 zur Post gegebenen Beschwerde machte der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung vom 23. August 1991 betreffend Verspätungszuschlag in Ansehung der Einkommensteuer für das Jahr 1987 geltend. Mit Beschluß vom heutigen Tag, Zl 92/15/0057, auf den verwiesen wird, erklärte der Verwaltungsgerichtshof diese Beschwerde gemäß § 33 Abs 1 zweiter Satz VwGG als gegenstandslos und stellte das Verfahren ein.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Entscheidung über die Berufung verletzt, weil die belangte Behörde gegen § 36 Abs 2 VwGG verstoßen habe, denn nach Erhebung einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hätte der angefochtene Bescheid nicht mehr erlassen werden dürfen. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 27 VwGG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Wie sich aus der Aktenlage und aus dem bereits erwähnten hg Beschluß vom heutigen Tag ergibt, lag die behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung nicht vor. Unter diesem Gesichtspunkt kann daher keine Rede davon sein, daß die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig gewesen wäre. Eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, der die Berechtigung zu ihrer Erhebung mangelt, kann nämlich keine Folgen iSd § 36 Abs 2 VwGG auslösen (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtbarkeit3, 534).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Das Kostenersatzbegehren des Bundes war im Hinblick auf § 50 VwGG abzuweisen, weil die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid teilweise (Klaglosstellung durch den Bundesminister für Finanzen betreffend Aussetzung von Berufungsentscheidungen hinsichtlich Verspätungszuschlägen in Ansehung der Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1988) Erfolg hatte.
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenAnspruch auf Sachentscheidung AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992150082.X00Im RIS seit
14.09.1992Zuletzt aktualisiert am
25.11.2010