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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §189 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Jänner 1991, Zl. MA 63-F 20/90/Str, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 4./5. Bezirk vom 25. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe vom 1. Juli 1989 bis 13. November 1989 durch die entgeltliche tagweise Beherbergung von Gästen das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Beherbergungsbetriebes in W, A-Straße nn, ausgeübt, ohne im Besitz einer entsprechenden Konzession gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt.
Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde das angefochtene Straferkenntnis mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Jänner 1991 mit der Maßgabe bestätigt, als der erste Satz des Spruches zu lauten hat:
"Sie haben vom 1. Juni 1989 bis 13. November 1989 durch die Beherbergung von Gästen in sechs Wohnräumen im Souterrain des Hauses in W, A-Straße nn, das konzessionierte Gastgewerbe in der Betriebsart einer Herberge ohne die erforderliche Konzession ausgeübt."
In der Begründung heißt es zunächst, die Marktamtsabteilung für den 4. bis 7. Bezirk habe mit Schreiben vom 27. November 1989 an das Magistratische Bezirksamt für den 4./5. Bezirk die Anzeige erstattet, es sei bei einer Erhebung am 13. November 1989 festgestellt worden, daß vom 1. Juni 1989 bis 13. November 1989 in sechs Wohnräumen einer im Souterrain des Wohnhauses W, A-Straße nn, befindlichen Wohnung jüdische russische Emigranten bis zu ihrer Weiterreise in andere Länder beherbergt worden seien. Aus der Strafanzeige gehe weiters hervor, daß laut Angabe des Wohnungseigentümers S der gesamte Wohnraum an das United Hias Service, American Joint Distribution Commitee, vermietet sei, "welches auch die Aufteilung auf diese Quartiere übernommen" habe. Für die Abgeltung der Wohnkosten sei die American Joint verantwortlich, welche S 130,-- pro Person und Tag an den Wohnungseigentümer bezahle. Die Bezahlung werde monatlich vorgenommen. Im Zeitpunkt der Erhebung seien zwölf Personen (pro Wohnraum zwei Personen, denen ebensoviele Betten zur Verfügung gestanden seien) in der Wohnung beherbergt worden. Auf Grund dieses Sachverhaltes habe das Magistratische Bezirksamt für den 4./5. Bezirk nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das Straferkenntnis vom 25. Jänner 1990 erlassen.
Nach Hinweis auf § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 und dazu ergangene hg. Judikatur führt die belangte Behörde im wesentlichen weiter aus, im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei bei einer neuerlichen Erhebung durch die Marktamtsabteilung für den 4./5. Bezirk festgestellt worden, daß die gegenständliche Wohnung aus zwei Wohnräumen, einem WC, einer Kochnische, einer Dusche und sechs Zimmern (insgesamt ca. 100 m2) bestehe. Es existierten keinerlei Verträge zwischen dem Vermieter und den jeweiligen Mietern. Absprachen über Kündigungen bzw. Kündigungsfristen gebe es nicht. Es würden sowohl die Schlafräume als auch das Bettzeug, welches auf Bedarf gegen Bezahlung gereinigt werde, zur Verfügung gestellt. Einmal wöchentlich werde die Reinigung des ganzen Objektes veranlaßt. Dieses Verhalten des Vermieters (Bereitstellung der Bettwäsche, wöchentliche Reinigung der Wohnung) lasse - wenn auch in beschränkter Form - eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume bzw. Betten im Sinne einer daraus resultierenden Betreuung des Gastes erkennen. Da Herbergen Gastgewerbebetriebe darstellten, die für die Beherbergung von Menschen in einfachster Form auf längere Zeit bestimmt seien, sei nicht anzunehmen, daß außerdem neben den genannten Dienstleistungen noch andere, wie z.B. die unentgeltliche Reinigung des Bettzeuges und der Kleider des Mieters, das Aufräumen der einzelnen Zimmer bzw. eine andere Art der "Bedienung" der einzelnen Gäste, erbracht bzw. von den Gästen erwartet werde. Auf Grund dieser Überlegungen sei daher für den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt die Konzessionspflicht im Sinne des § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 gegeben und die Verwaltungsübertretung erwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, es seien ihm die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht vorgehalten worden, und wenn, so sei dies ohne Dolmetsch geschehen. Er sei aber nicht in der Lage, mit einer Behörde in deutscher Sprache zu verkehren. Er könne zwar deutsch, aber viel zu wenig, um sich in einem Verwaltungsstrafverfahren zu verteidigen. Wäre ihm das Ermittlungsergebnis vorgehalten worden, hätte er Anträge stellen können, die die Feststellung der beiden Instanzen entkräftet hätten. Es sei im Bescheid übrigens nicht angeführt, woher die Feststellungen genommen seien. Die Wahrheit sei nämlich, daß von ihm "weder Bettwäsche noch Aufräumen zur Verfügung gestellt" werde. Die Mieter müßten selbst die Bettwäsche bringen und waschen und auch die Räume aufräumen. Weiters führt der Beschwerdeführer aus, die Feststellungen des angefochtenen Bescheides seien zu wenig präzise. Was es heißen solle, daß keinerlei Verträge existierten, und daß auch Absprachen fehlten, sei nicht ersichtlich. Wie Bettzeug gereinigt werden sollte und die Reinigung "des ganzen Objekts" geschehe, sei ebenfalls nicht festgestellt worden. Er sei aber auch der Auffassung, daß aus den Feststellungen, wie sie getroffen worden seien, keinesfalls Dienstleistungen hervorgingen und schon gar keine Obsorge für Gäste oder eine Betreuung von Gästen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.
Nach § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 unterliegt die Beherbergung von Gästen der Konzessionspflicht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem - zur diesbezüglich inhaltlich gleichen Rechtslage nach der GewO 1859 ergangenen - Erkenntnis vom 29. November 1963, Zl. 1758/62, dargetan hat, ist die Frage, ob gewerbsmäßige Fremdenbeherbergung anzunehmen ist, unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles zu beantworten, und zwar im besonderen unter Bedachtnahme auf den Gegenstand des Vertrages (bloß Schlafstelle und Wohnraum und dessen Umfang), Dauer des Vertrages, Verabredung in Ansehung von Kündigung und Kündigungsfristen, Nebenverabredung über Beistellung von Bettwäsche und Bettzeug, über Dienstleistungen wie Reinigung der Haupt- und der Nebenräume, der Bettwäsche, der Kleider usw. des Mieters, Beheizung udgl. sowie auf die Art und Weise, in welcher der Betrieb sich nach außen darstellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1974, Zl. 979/74) liegt eine dem Begriff der Fremdenbeherbergung zuzuordnende Tätigkeit dann vor, wenn gleichzeitig mit der Zurverfügungstellung von Wohnraum damit üblicherweise im Zusammenhang stehende Dienstleistungen erbracht werden. Dazu ist erforderlich, daß das aus dem Zusammenwirken aller Umstände sich ergebende Erscheinungsbild ein Verhalten des Vermieters der Räume erkennen läßt, das, WENN AUCH IN BESCHRÄNKTER FORM, eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume im Sinne einer daraus resultierenden Betreuung des Gastes verrät. So ist z. B. die entgeltliche Vergabe von Bettstellen in einem Massenquartier selbst dann als Ausübung des Fremdenbeherbergungsgewerbes anzusehen, wenn in völlig unzureichendem Maße sanitäre Einrichtungen beigestellt werden und an Dienstleistungen dem Kunden gegenüber nur die gelegentliche Beistellung von Bettwäsche erbracht wird (vgl. das - zur inhaltlich gleichen Rechtslage nach der GewO 1859 ergangene - hg. Erkenntnis vom 8. November 1967, Slg. Nr. 7216/A).
Die belangte Behörde stellte im Zuge ihres Ermittlungsverfahrens fest, daß vom Beschwerdeführer sowohl die Schlafräume als auch Bettzeug, welches auf Bedarf gegen Bezahlung gereinigt wurde, zur Verfügung gestellt wurden. Einmal wöchentlich wurde die Reinigung des ganzen Objektes veranlaßt.
Gegen diesen von der belangten Behörde auf Grund des Ermittlungsverfahrens angenommenen Sachverhalt bestehen, insbesondere nach den von der belangten Behörde durchgeführten Erhebungen vom 5. Juni 1990, keine Bedenken, und es wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts Konkretes vorgebracht.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Verhalten des Beschwerdeführers im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Ausübung der konzessionspflichtigen Beherbergung von Gästen ansah.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, es sei nicht festgestellt worden, wie Bettzeug gereinigt werden sollte und wie die Reinigung des ganzen Objektes geschehe, so geht dieses Vorbringen ins Leere, da es rechtsunerheblich ist, wie im einzelnen Bettzeug gereinigt bzw. die Reinigung des ganzen Objektes vorgenommen wird. Auch das nicht konkretisierte Vorbringen, wonach nicht ersichtlich sei, was es heißen solle, daß keinerlei Verträge existierten und daß auch Absprachen fehlten, vermag - vor dem Hintergrund, daß dieses Begründungselement der Dartuung des Erscheinungsbildes eines Beherbergungsbetriebes dient - eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, daß ihm die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht vorgehalten wurden, so ist dieses Vorbringen aktenwidrig. Nach der Aktenlage wurden dem Beschwerdeführer sämtliche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens jeweils zur Kenntnis gebracht und es wurde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, wovon er auch Gebrauch machte, was an Hand der darüber aufgenommenen Niederschriften ersichtlich ist. Was das weitere Vorbringen betrifft, bei der Aufnahme der jeweiligen Niederschriften mit ihm hätte es eines Dolmetsch bedurft, da er nicht in der Lage sei, in deutscher Sprache mit der Behörde zu verkehren, so verstößt dieses Vorbringen gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot, zumal es für die belangte Behörde keinen ersichtlichen Anlaß gab, anzunehmen, daß der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei. Ganz abgesehen davon, daß er im Verfahren niemals darauf hinwies, er sei nicht in der Lage, dem Verfahren zu folgen, hatte er den Vorhaltungen sogar ausdrücklich widersprochen. Die Frage nach der Anwendung des § 39a AVG hatte sich nach der Aktenlage für die belangte Behörde nicht gestellt, sodaß der belangten Behörde diesbezüglich keine Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet werden kann.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040041.X00Im RIS seit
15.09.1992