Index
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 11.12.1991, Zl. BauR-010711/1-1991 Ho/Lan, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP: 1.) EH und 2.) IH in P, beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in N,
3.) Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.600,-- sowie der Drittmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren des Erst- und der Zweitmitbeteiligten wird abgewiesen.
Begründung
Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens erteilte der Magistrat Linz mit Bescheid vom 6. August 1991 dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten die Baubewilligung für den Umbau des bestehenden Objektes sowie die Errichtung eines dreigeschoßigen Zubaues mit teilweise ausgebautem Dachraum auf den Grundstücken .n1/1 und .n2/2, KG Urfahr. Gleichzeitig wurde über Anträge und Einwendungen der beschwerdeführenden Nachbarin entschieden, was im einzelnen näher begründet wurde.
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz keine Folge, wobei sich die Berufungsbehörde umfangreich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandersetzte.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die O.ö. Landesregierung der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage erachtete die O.ö. Landesregierung eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch die erteilte Baubewilligung als nicht gegeben. Zunächst vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht, daß die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die Ausführung der Mauer des bestehenden Hofgebäudes als Feuermauer als präkludiert zu beurteilen seien, weil diese Einwendungen nach der mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz erhoben worden seien. Dieser Einwand wäre wegen eingetretener Präklusion zurückzuweisen gewesen. Gleiches gelte hinsichtlich des Vorbringens, daß für das Hofgebäude keine rechtswirksame Baubewilligung vorliege und überdies die Bauplatzbewilligungsbescheide erloschen seien. Das Vorbringen bezüglich vorgesehener Grünflächen sei gleichfalls präkludiert; in dieser Beziehung stünde der Beschwerdeführerin auch ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zu. Soweit die Beschwerdeführerin verlange, daß die Grundfläche zwischen der im Bebauungsplan ausgewiesenen Straßenfluchtlinie und dem aufgehenden Mauerwerk des Zubaues in das öffentliche Gut abzutreten sei, sei festzustellen, daß allfällige derartige Grundabtretungsverpflichtungen nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens seien. Zu Recht sei diese Einwendung als unzulässig zurückgewiesen worden. Mit dem Vorbringen, daß die von ihrem Gebäude nach Südosten weisenden Fenster durch den vorgesehenen Zubau nicht verbaut werden dürften, habe die Beschwerdeführerin ein ihr zustehendes Fensterrecht geltend gemacht, welches zu Recht als privatrechtliche Einwendung auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden sei. Die Baubehörden erster und zweiter Instanz hätten richtig bemerkt, daß den Nachbarn nach der O.ö. Bauordnung ein subjektiv-öffentliches Recht auf Beibehaltung der bestehenden Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse nicht zustehe. Soweit in diesem Zusammenhang auch die Gebäudehöhe des Zubaues bzw. dessen Situierung als rechtswidrig bezeichnet worden sei, sei vorerst auszuführen, daß der Bebauungsplan für den verfahrensgegenständlichen Bereich die geschlossene Bauweise vorsehe. Gemäß § 20 Abs. 3 Z. 1 des O.ö. Raumordnungsgesetzes (ROG) sei sohin straßenseitig von der Nachbargrundgrenze zur Nachbargrundgrenze fortlaufend zu bauen und hätten die mitbeteiligten Bauwerber in Entsprechung dieser Bestimmung des Bebauungsplanes den Zubau direkt an die Grenzen zu den Grundstücken der Beschwerdeführerin situiert. Zusätzlich sehe auch der Bebauungsplan eine zulässige dreigeschoßige Bebauung vor, wobei nach der sogenannten Sammelverordnung bezüglich Dachgeschoßausbauten zusätzlich ein Dachgeschoß ausgebaut werden dürfe. Da im projektierten Zubau der Ausbau des Erdgeschoßes sowie des ersten und zweiten Obergeschoßes vorgesehen sei, wäre nach der genannten Sammelverordnung bezüglich Dachgeschoßausbauten auch der Ausbau der Dachebene bis zu 100 vH der Dachflächenebene des Zubaues zulässig. Umso mehr müsse daher ein Dachraumausbau in diesem Zubau als zulässig erachtet werden, der lediglich bis zu 50 vH der Dachflächenebene einnehme. Die Anzahl der Geschoße entspreche sohin den Bestimmungen des Bebauungsplanes und auch die Einwendung bezüglich der Gebäudehöhe sei daher zu Recht von den Baubehörden als unbegründet abgewiesen worden. Wenn die Beschwerdeführerin weiters meine, daß die im Bebauungsplan ausgewiesene Straßenfluchtlinie "anbaupflichtig" sei, so müsse ihr entgegengehalten werden, daß sich aus der Legende zum Bebauungsplan eindeutig ergebe, daß für diese Straßenfluchtlinie keine Anbauverbindlichkeit festgesetzt worden sei. Jedenfalls besitze die Beschwerdeführerin kein subjektiv-öffentliches Recht auf Bebauung bis zur festgesetzten Straßenfluchtlinie, sodaß ihre diesbezügliche Einwendung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Nach weiteren Ausführungen zum Begehren der Beschwerdeführerin auf Durchführung einer Beweissicherung und zu Fragen der Statik verwies die Gemeindeaufsichtsbehörde noch darauf, daß der Beschwerdeführerin ein Frontrecht nur hinsichtlich des Bezugs von Licht und Luft von der öffentlichen Verkehrsfläche zustehe und die Bauführung in dieses Frontrecht nicht eingreife. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf Ortsbildbelange berufe, stehe ihr schließlich ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zu. Da die Niederschlagswässer in den öffentlichen Kanal abgeleitet werden, sei auch hinsichtlich der Entsorgung der Niederschlagswässer kein Eingriff in subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarin gegeben. Abschließend setzte sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend Öffnungen in der Mauer des bestehenden Hofgebäudes auseinander. Hier folgte die O.ö. Landesregierung den Ausführungen im Berufungsbescheid des Stadtsenates, wonach schon nach der Darstellung im Bauplan die tatsächlich im Hofgebäude befindlichen Fenster nicht von dem bewilligten Bauvorhaben erfaßt sind. Auch durch das nach der Bauverhandlung geringfügig geänderte Projekt sei die Beschwerdeführerin nicht in Brandschutzinteressen beeinträchtigt worden. Mangels Rechtsverletzung sei die Vorstellung der Beschwerdeführerin abzuweisen gewesen.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die Gegenschriften der mitbeteiligten Parteien und der belangten Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zunächst regt die Beschwerdeführerin an, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, den hier maßgeblichen Bebauungsplan der Landeshauptstadt Linz NW 100/4 - Alt Urfahr-West als gesetzwidrig aufzuheben. Nach Beischaffung des Bebauungsplanes vermag der Verwaltungsgerichtshof die Bedenken der Beschwerdeführerin nicht zu teilen, daß der Bebauungsplan aus den von ihr angeführten Gründen mit Gesetzwidrigkeit belastet sei. In den Amtsberichten vom 29. Oktober 1984 und 18. April 1989 wurde umfangreich dargetan, aus welchen Gründen eine Änderung des bisherigen Bebauungsplanes NW 100/I erforderlich sei, nämlich deshalb, um den bisherigen Baubestand in diesem Bereich der Stadtgemeinde zu sichern, sowie um eine bauliche Sanierung, eine qualitative Adaptierung des Wohnungsbestandes und eine behutsame Ergänzung bereits verloren gegangener Bausubstanzen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere auf durchgeführte Untersuchungen verwiesen. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, daß ihre Interessen durch den geänderten Bebauungsplan vor allem deshalb verletzt würden, weil durch den Bebauungsplan ermöglicht werde, daß die Fenster ihrer südseitigen Feuermauer "unbelichtet werden", so übersieht sie, daß auch im bisherigen Bebauungsplan die geschlossene Bauweise vorgesehen war, die auf Grund der tatsächlichen Bebauung der Aktenlage nach nicht als rechtwidrig beurteilt werden kann. Es konnte in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die diesbezüglichen Fenster überhaupt der Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Errichtung entsprachen, weil das Baurecht jedenfalls von dem Grundsatz beherrscht wird, daß für die gehörige Licht- und Luftversorgung der Eigentümer des Gebäudes Sorge zu tragen hat, wie die Verwaltungsbehörden zutreffend ausführten. Aus diesem Grunde war auch die diesbezügliche Einwendung der Beschwerdeführerin zu Recht als unbegründet abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin konnte sohin keine begründeten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Festsetzung der geschlossenen Bauweise im Bebauungsplan dartun.
Soweit die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, daß in einem Bebauungsplan sowohl Straßenfluchtlinien als auch Baufluchtlinien ausgewiesen werden müssen, übersieht sie, daß der Begriff Fluchtlinien im § 20 Abs. 1 Z. 3 ROG auch Straßenfluchtlinien umfaßt, wie aus Abs. 4 Z. 1 der genannten Gesetzesstelle im Zusammenhang mit Abs. 2 Z. 3 und 4 leg. cit. hervorgeht. Auch mit dieser Überlegung kann sohin eine Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes nicht zu Recht begründet werden. Der Hinweis auf § 16 Abs. 15 ROG, wonach für alle als Bauland gewidmeten Flächen die Dichte der Bebauung festgelegt werden kann, vermag gerade aus den Zielvorstellungen des Verordnungsgebers, den bestehenden Bestand zu sichern, keine Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes aufzuzeigen, was auch für die Zurücknahme der Straßenbreite gegenüber dem früheren Bebauungsplan gilt. Auch diese Erwägungen konnten sohin keine begründeten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des dem Bewilligungsverfahren zugrundeliegenden Bebauungsplanes dartun. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich daher zu einer Antragstellung nach Art. 139 B-VG nicht veranlaßt.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin zunächst darin, daß ihrer Meinung nach eine Bauplatzbewilligung für ein Bauvorhaben, welches bewilligten Fenstern Licht, Luft und Sonne nehme, nicht hätte erteilt werden dürfen. Daß die Beschwerdeführerin mit einem solchen Vorbringen im Hinblick auf die im Bebauungsplan festgesetzte geschlossene Bauweise nicht durchzudringen vermag, wurde bereits dargetan, sodaß dahingestellt bleiben kann, ob ihre Einwendung betreffend das Bauplatzbewilligungsverfahren als verspätet erhoben zu beurteilen ist oder nicht. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang behauptet, jede noch so geringfügige Projektsänderung würde den Nachbarn die Möglichkeit zur Erhebung neuer Einwendungen eröffnen, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen, weil aus dem Grundsatz, daß ein Bauvorhaben im allgemeinen ein unteilbares Ganzes ist, nicht abgeleitet werden kann, daß jede Projektsänderung neue Einwendungen auch in Bereichen ermögliche, in denen das bisherige Projekt überhaupt nicht geändert worden ist. Zutreffend haben daher die Verwaltungsbehörden verspätet erhobene Einwendungen, die eine Projektsänderung nach der Bauverhandlung nicht betrafen, als präkludiert im Sinne des § 42 AVG qualifiziert. Die Frage, ob die Mauer des bestehenden Hofgebäudes zur Gänze als Feuermauer auszubilden ist, war, wie die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides zutreffend erkannt hat, gar nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens, sodaß es sich rechtlich als unerheblich erweist, ob hinsichtlich dieser Einwendung Präklusion vorliegt oder nicht.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, daß ihre Einwendung auf Wahrung eines ausreichenden Lichteinfalles auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden sei, verkennt sie, daß aus öffentlich-rechtlicher Sicht diese Einwendung zwar rechtlich erheblich sein kann, nicht aber dann, wenn, wie im Beschwerdefall, im Bebauungsplan die geschlossene Bauweise vorgesehen ist. Tatsächlich hatte auch die belangte Behörde in diesem Zusammenhang zu Recht geprüft, ob das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerber die maximal zulässige Gebäudehöhe überschreitet oder nicht, und ist auf Grund der von ihr dargelegten Erwägungen zutreffend zu der Auffassung gelangt, daß ein diesbezügliches Nachbarrecht nicht verletzt worden ist. In gleicher Weise hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausreichend und zutreffend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend eine Grundabtretungsverpflichtung auseinandergesetzt, sodaß zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Sachverhaltsdarstellung verwiesen wird.
Soweit die Beschwerdeführerin nochmals ausdrücklich darauf Bezug nimmt, daß sie zur Herstellung von Fenstern in der Feuermauer nie ihre Zustimmung erteilt habe, ist neuerlich festzustellen, daß diese Fenster nicht Gegenstand der erteilten Baubewilligung sind, im übrigen aber die vorgelegten Verwaltungsakten zeigen, daß Fenster in dieser Mauer baubehördlich bewilligt worden sind, und zwar in einem Baubewilligungsverfahren, dem auch die Beschwerdeführerin beigezogen worden war. Die Frage aber, ob diese Fenster der Baubewilligung entsprechend ausgeführt worden sind, war im Rahmen des durchgeführten Baubewilligungsverfahrens nicht zu prüfen und die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang ohnehin schon ein Anbringen an den Magistrat Linz erstattet. Wenn die Beschwerdeführerin darauf hinweist, daß durch die Aufsetzung einer Giebelmauer auf diese Feuermauer jedenfalls Brandschutzinteressen betroffen seien und für die Parteistellung des Nachbarn schon die Möglichkeit der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte genüge, so ist ihr entgegenzuhalten, daß sie ja im Baubewilligungsverfahren ohnehin Parteistellung besaß, jedoch eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte durch das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerber zu Recht nicht festgestellt werden konnte.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Bauwerber beruht auf § 49 Abs. 6 VwGG, wonach bei mehreren Mitbeteiligten nur ein Schriftsatzaufwand zuzuerkennen ist. Weiters waren Stempelgebühren für nicht erforderliche Beilagen nicht zuzusprechen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050020.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009