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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 92/04/0076 E 15. September 1992Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der X-GmbH in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) vom 11. Februar 1992, Präs 142-86/91/Wa/MS, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Wien vom 24. Juli 1991 wurde wie folgt abgesprochen:
"Die der in der weiteren Betriebsstätte (Filiale) W, H-Straße 86 - 88, zur Ausübung a) der - hier beschränkt auf eine Verkaufsstelle - Be- und Verarbeitung von Fleisch- und Fleischwaren in industriemäßiger Form sowie b) des Einzelhandels mit Waren aller Art gewerbeberechtigten Firma X-GmbH gemäß § 57a HKG am 11.6.1991 vorgeschriebene Grundumlage 1991 für deren Zugehörigkeit a) zur Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie (I 11) von S 1.000,-- sowie b) zum Landesgremium Wien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln (H 1a) S 1.650,--, also von insgesamt S 2.650,--, auf der Grundlage a) des Beschlusses der Vollversammlung der Kammer Wien vom 6.6.1991 (nach Anhörung der Fachvertreter der Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie), sowie b) des - im Dringlichkeitsweg gemäß § 30 Abs. 6, 2. Satz HKG in Verbindung mit § 9 Abs. 4 HKG - am 18.3.1991 gefaßten Beschlusses des Fachgruppenausschusses des Landesgremiums Wien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln, veröffentlicht jeweils in der Sonderbeilage zum Mitteilungsblatt "Wiener Wirtschaft" vom 7.6.1991, Nr. 23, Seiten XII und XIII, besteht zu Recht."
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien habe der Beschwerdeführerin am 11. Juni 1991 für die bezeichnete weitere Betriebsstätte die Grundumlage 1991 auf Grund deren Zugehörigkeit zur Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie im Betrage von S 1.000,-- sowie auf Grund der weiteren Zugehörigkeit zum Landesgremium Wien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln im Betrage von S 1.650,--, insgesamt somit mit S 2.650,-- vorgeschrieben. Mit dem am 12. Juli 1991 eingelangten Schreiben vom 4. Juli 1991 habe die Beschwerdeführerin gemäß § 57g Abs. 1 HKG die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien ersucht, über die
- ordnungsgemäß an deren weitere Betriebsstätte in Wien - ergangene Vorschreibung der Grundumlage für das Kalenderjahr 1991 einen Bescheid zu erlassen. Zunächst sei festzuhalten, daß grundsätzlich alle Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände) gemäß den umlagenrechtlichen Vorschriften des § 57a Abs. 1 und 2 HKG zur Bedeckung der in den Jahresvoranschlägen vorgesehenen Ausgaben der Fachgruppen und Fachverbände eine Grundumlage zu entrichten hätten. Soweit jedoch, wie im vorliegenden Fall hinsichtlich der Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, keine Fachgruppe sondern nur eine Fachvertretung errichtet sei, falle der somit der Fachgruppe zukommende Anteil der Grundumlage der Landeskammer zur Deckung der Kosten zu, die ihr durch die Vertretung der Interessen der betroffenen Fachverbandsmitglieder erwüchsen. Diese gesetzlich normierte Pflicht zur Leistung der Grundumlage, die gemäß § 57 Abs. 4 HKG eine unteilbare Jahresumlage sei, treffe somit jedes Fachgruppen- (bzw. Fachvertretungs-) und Fachverbandsmitglied.
Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) mit Bescheid vom 11. Februar 1992 unter Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides keine Folge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, "die in Rede stehenden Grundumlagen mit Leistungsbescheid vorgeschrieben zu erhalten", ferner auch in dem Recht, "die Bezahlung dieser Grundumlagen zu verweigern". Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, daß die belangte Behörde den § 57g Abs. 1 HKG insofern rechtwidrig angewendet habe, als sie anstelle eines Leistungsbescheides einen Feststellungsbescheid erlassen habe. Des weiteren wird vorgebracht, nach Ansicht der belangten Behörde beruhe ihre Umlagepflicht, soweit sie die in Rede stehende Grundumlage 1991 von S 1.000,-- betreffe, auf ihrer "Zugehörigkeit zur Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie". Diese Rechtsansicht sei verfehlt. Eine "Fachvertretung" als solche gebe es nicht, und deshalb auch keine Mitgliedschaft zu ihr, sondern nur "Fachvertreter". Diese seien - wie sich aus § 29 Abs. 3 HKG ergebe - Organe eines Fachverbandes. Fachverbände würden innerhalb jeder Sektion der Bundeskammer errichtet und hätten die fachlichen Interessen der Mitglieder der gleichartigen Fachgruppen zu vertreten (§ 31 Abs. 1). Es sei daher irrig, die rechtliche Existenz einer "Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie" anzunehmen. Soweit also die Vollversammlung der Handelskammer Wien am 6. Juni 1991 beschlossen habe, auch eine Grundumlage 1991 für die Zugehörigkeit zur "Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie" festzusetzen, sei dieser Beschluß gesetzwidrig. Es werde daher angeregt, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof beantragen, die Verordnung in diesem Umfang aufzuheben. Schließlich sei die in Rede stehende Grundumlage 1991 von S 1.650,-- "im Dringlichkeitsweg gemäß § 30 Abs. 6 zweiter Satz i. V.m. § 9 Abs. 4" am 18. März 1991 vom Fachgruppenausschuß des Landesgremiums Wien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln beschlossen worden. Die gesetzliche Voraussetzung der "besonderen Dringlichkeit" sei jedoch nicht vorgelegen, sodaß auch dieser Beschluß gesetzwidrig gewesen sei und deshalb gleichfalls auf Antrag des Verwaltungsgerichtshofes vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben sein werde. Der Art. II Abs. 1 der 8. Handelskammergesetz-Novelle stehe dem nicht entgegen, weil diese Bestimmung selbst jedenfalls insoweit verfassungswidrig sei, als sie ohne jede sachliche Differenzierung rückwirkend alle Beschlüsse und sonstigen rechtlich bedeutsamen Akte sämtlicher Fachgruppen und Fachverbände "als gesetzmäßig zustandegekommen" erkläre.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Nach der Anordnung des § 29 Abs. 3 HKG können Fachgruppen errichtet werden, wenn es die wirtschaftliche Bedeutung des Berufszweiges erfordert und die Bedeckung des Aufwandes gewährleistet erscheint. Wenn von der Errichtung oder Aufrechterhaltung einer Fachgruppe abgesehen wird, ist die Vertretung der einschlägigen fachlichen Interessen dem gleichartigen Fachverband (§ 31) übertragen, der sich in dem betreffenden Bundesland eigener Organe (Fachvertreter) zu bedienen hat; diesen Organen stehen die gleichen Befugnisse zu, die dem im § 30 Abs. 1 lit. b genannten Ausschuß zukommen.
Gemäß § 30 Abs. 1 lit. b HKG ist der Ausschuß ein Organ der Fachgruppe. Nach Abs. 6 zweiter Satz dieser Gesetzesstelle gelten die Bestimmungen des § 9 Abs. 4 sinngemäß.
Gemäß § 9 Abs. 4 HKG hat der Vorstand - einer Landeskammer - überdies bei besonderer Dringlichkeit und in den Fällen zu entscheiden, in denen die Vollversammlung oder ein Ausschuß innerhalb der von den Behörden gestellten Frist keinen Beschluß fassen kann.
Gemäß § 31 Abs. 1 HKG werden innerhalb jeder Sektion der Bundeskammer Fachverbände errichtet. Sie haben die fachlichen Interessen (§ 41 Abs. 1) der Mitglieder der gleichartigen Fachgruppen (§ 29 Abs. 1) zu vertreten. Grundsätzlich ist jede Berechtigung, welche die Kammermitgliedschaft begründet, von einem Fachverband zu erfassen.
Gemäß § 57a Abs. 1 HKG haben die Mitglieder der Fachgruppen (Fachverbände) eine Grundumlage zu entrichten.
Die Grundumlage wird zufolge Abs. 3 dieser Gesetzesstelle von der Fachgruppe (im Falle des § 29 Abs. 3 zweiter Satz von der Landeskammer nach Anhörung der Fachvertreter) beschlossen und von der Landeskammer vorgeschrieben und eingehoben.
Nach § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über das Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.
Was zunächst die Beschwerderüge anlangt, die belangte Behörde wäre auf Grund des § 57g Abs. 1 HKG zur Erlassung eines Leistungs- und Feststellungsbescheides verhalten gewesen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dieser Rechtsmeinung aus den im gleichfalls am heutigen Tag ergangenen hg. Erkenntnis Zl. 92/04/0078 unter Hinweis auf die entsprechende Vorjudikatur dargelegten Erwägungen nicht zu folgen.
Dies gilt auch - unter Hinweis auf die Erwägungen in dem vorangeführten Erkenntnis - zur weiteren Beschwerderüge, die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin die Grundumlage rechtswidrigerweise als Mitglied einer "Fachvertretung" nicht aber als eines "Fachverbandes" vorgeschrieben.
Sofern aber die Beschwerdeführerin unabhängig davon weiters vorbringt, soweit die Vollversammlung der Handelskammer Wien am 6. Juni 1991 beschlossen habe, auch eine Grundumlage 1991 für die Zugehörigkeit zur "Fachvertretung Wien der Nahrungs- und Genußmittelindustrie" festzusetzen, sei dieser Beschluß gesetzwidrig, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer von der Beschwerdeführerin diesbezüglich angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt. Wie bereits eingangs dargestellt, wird nach der Anordnung des § 57a Abs. 3 HKG die Grundumlage im Falle des § 29 Abs. 3 zweiter Satz von der Landeskammer nach Anhörung der Fachvertreter beschlossen und von der Landeskammer vorgeschrieben und eingehoben. Nach Abs. 7 dieser Gesetzesstelle kommt im Falle des § 29 Abs. 3 zweiter Satz der sonst der Fachgruppe zufließende Anteil an der Grundumlage der Landeskammer zu.
Im Falle des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 3 zweiter Satz HKG - Vertretung der einschlägigen fachlichen Interessen durch den gleichartigen Fachverband im Falle des Absehens von der Errichtung oder Aufrechterhaltung einer Fachgruppe - hat sich danach die Landeskammer bei ihrer Beschlußfassung nach § 57 Abs. 3 auf ihren örtlichen Wirkungsbereich zu beschränken und dies auch entsprechend ihrer Beschlußfassung inhaltlich zum Ausdruck zu bringen. Die Bezeichnung von "Fachvertretungen" in dem vorangeführten Grundumlagenbeschluß kann somit bei gesetzeskonformer Betrachtungsweise nur als Hinweis auf den dem Wirkungsbereich der Landeskammer entsprechenden räumlichen Geltungsbereich angesehen werden.
Wenn schließlich die Beschwerdeführerin noch rügt, die gesetzlichen Voraussetzungen der Dringlichkeit im Sinne des § 30 Abs. 6 zweiter Satz i.V.m. § 9 Abs. 4 HKG zur Beschlußfassung durch den Fachgruppenausschuß des Landesgremiums Wien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln am 18. März 1991 seien nicht vorgelegen, weshalb dieser Beschluß gesetzwidrig sei, so genügt es auf die 8. Handelskammergesetz-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991, ausgegeben am 3. Dezember 1991, hinzuweisen, die in ihrem Art. II Abs. 1 folgende Bestimmung enthält:
"Sämtliche Fachgruppen und Fachverbände, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes nach den Bestimmungen der Handelskammer-Wahlordnung in der geltenden Fassung bestehen, gelten als den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen gemäß errichtet und ihre Beschlüsse und sonstigen rechtlich bedeutsamen Akte als gesetzmäßig zustandegekommen."
Zufolge Art. III Abs. 2 leg. cit. tritt diese Bestimmung rückwirkend mit 6. Oktober 1946 in Kraft, wobei diese dem Art. II Abs. 1 leg. cit. verliehene rückwirkende Kraft bedeutet, daß die im Zeitpunkt der Fassung des gegenständlichen Umlagenbeschlusses geltende Rechtslage im Nachhinein so zu betrachten ist, als wäre diese Bestimmung schon damals in Kraft gestanden (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. 91/04/0325). Daraus folgt aber, daß der hier in Rede stehende Beschluß des Fachgruppenausschusses (als einem gemäß § 30 Abs. 1 lit. b HKG der Fachgruppe zuzurechnenden Organ) auch in Ansehung der Frage der Tatbestandsvoraussetzung des § 9 Abs. 4 HKG als gesetzmäßig zustandegekommen gilt.
Sofern aber die Beschwerdeführerin die Bestimmung des Art. II Abs. 1 der 8. Handelskammergesetz-Novelle als verfassungswidrig ansieht und diesbezüglich gleichfalls eine Antragstellung des Verwaltungsgerichtshofes an den Verfassungsgerichtshof anregt, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof hiezu aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1992, V 185/91-12, zu dieser Frage dargelegten Gründen zu einer derartigen Antragstellung nicht veranlaßt.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040079.X00Im RIS seit
25.01.2001