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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der mj S und PS, beide vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter WS und NS in W, diese vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Juni 1989, Zl. R/1-V-88213, betreffend Baubewilligung für eine Hotelanlage (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf dem Grundstück der Beschwerdeführerinnen Nr. 173/14, KG G, befindet sich eine gewerblich betriebene Tennissportanlage. Sie beantragten am 20. Mai 1988 die Baubewilligung für die Errichtung einer Hotelanlage auf diesem Grundstück. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde holte ein Gutachten eines Sachverständigen für Raumordnung ein und wies sodann mit Bescheid vom 10. August 1988 den Antrag gemäß § 98 Abs. 2 der NÖ Bauordnung (im folgenden: BO) in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Z. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes ab. Im Bauland-Industriegebiet sei die Errichtung einer Hotelanlage unzulässig.
Der dagegen erhobenen Berufung gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 4. Oktober 1988 keine Folge. Es wurde abermals auf den Widerspruch zum Flächenwidmungsplan verwiesen.
Auch die Aufsichtsbehörde schloß sich im angefochtenen Bescheid dieser Auffassung an. Wenn ein Vorhaben der Flächenwidmung widerspreche, sei ein Bauansuchen ohne Durchführung einer Verhandlung abzuweisen. Daß 1981 die Tennisanlage bewilligt wurde, schaffe keine Rechtsgrundlage dafür, daß auch eine Hotelanlage bewilligt werde. Eine solche Hotelanlage sei auch keine Erweiterung der bestehenden Tennisanlage, sondern ein Neubau.
Dagegen richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, geltend machende Beschwerde. Die Mitbeteiligte erstattete eine kurze Äußerung und die belangte Behörde unter Vorlage des Flächenwidmungsplanes eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Abgesehen davon, daß das Motiv des Käufers einer Liegenschaft für seinen Kaufentschluß bei Beurteilung der (öffentlich-rechtlichen) Voraussetzungen einer Baubewilligung ohne jeden Belang ist, berufen sich die Beschwerdeführerinnen nur auf eine Zusage des Bürgermeisters zur Bewilligung einer Freizeitanlage, die in der Folge tatsächlich errichtet wurde. Daß damals (also nach dem Bescheidvorbringen vor der Baubewilligung vom 11. Mai 1981) auch schon die Bewilligung einer Hotelanlage zugesagt worden wäre, wird nicht einmal behauptet.
Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, daß sie ihr Bauvorhaben in einem Gebiet mit der Widmungsart "Bauland", Nutzungsart "Industriegebiet" errichten wollen. Im angefochtenen Bescheid wurde zwar von einer Flächenwidmung aus dem Jahr 1969 ausgegangen, die gleichfalls die Widmung "Bauland-Industriegebiet" enthielt, ihrer Gegenschrift schloß die belangte Behörde aber den zur Zeit der Entscheidung über das Bauansuchen gültigen Flächenwidmungsplan (kundgemacht am 20. Juli 1981, letzte Änderung kundgemacht am 6. August 1987) an und legte ihren Ausführungen daher richtigerweise das Niederösterreichische Raumordnungsgesetz 1976 (im folgenden: ROG) zugrunde.
Gemäß § 100 Abs. 2 BO ist die Bewilligung unter anderem auch dann zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen des ROG über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten verletzt werden; gemäß § 98 Abs. 2 BO ist ein Antrag ohne Bauverhandlung abzuweisen, wenn er dem Flächenwidmungsplan widerspricht.
Die Beschwerdeführerinnen meinen nun, daß ihnen die Bestimmung des § 16 Abs. 2 ROG zugute kommt, weil zur Nutzung der bestehenden Freizeitanlage die Errichtung einer Hotelanlage erforderlich sei. Damit wird die Bedeutung des Wortlautes dieser Bestimmung verkannt: Wohngebäude sind in Betriebsgebieten NUR INSOWEIT zuzulassen, als sie mit Rücksicht auf die Nutzung vorhanden sein MÜSSEN. Daß bei jedem Tennisplatz ein Hotel vorhanden sein MUSS, kann wohl nicht ernsthaft behauptet werden. Der vom Gesetz geforderte zwingende Zusammenhang ("vorhanden sein müssen") kann keinesfalls erkannt werden, weshalb es einer weiteren Erörterung der Frage, inwieweit mit dem Begriff "Wohngebäude" auch ein Hotel gemeint sein kann, nicht bedarf.
Die Beschwerdeführerinnen verweisen schließlich auf die Bestimmung des § 16 Abs. 4 ROG, wonach Baulichkeiten für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlichenfalls in allen Teilen des Baulandes zugelassen werden können. Diese Auffassung der Beschwerdeführerinnen würde aber zum Ergebnis führen, daß Hotelanlagen grundsätzlich in ALLEN als "Bauland" gewidmeten Flächen gebaut werden dürfen; die Aufzählung von Hotels und Pensionen im § 16 Abs. 1 Z. 6 ROG wäre damit überflüssig.
Während es in der Vorstellung noch hieß, daß die geplante Erweiterung der Betriebssportstättenanlage unbedingt erforderlich sei, um eine für eine "effiziente Betriebsführung" erforderliche Besucherfrequenz sicherzustellen.
Wird das Sachvorbringen, die Errichtung der Baulichkeit sei für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich, erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben; der Gerichtshof kann aber gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid nur aufgrund des von der belangten Behörde nach einem mängelfreien Verfahren gewonnenen Sachverhaltes überprüfen. Mangels entsprechender Behauptungen bestand weder für die Baubehörden noch für die Vorstellungsbehörde Veranlassung, Ermittlungen darüber anzustellen, ob die geplante Hotelanlage der Befriedigung sozialer Bedürfnisse der Bevölkerung diene.
Da die Beschwerde somit weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides noch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dartun konnte, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989050158.X00Im RIS seit
15.09.1992Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009