TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/15 92/04/0086

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §15 Z2;
GewO 1973 §340 Abs1;
GewO 1973 §74 idF 1988/399;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der H-GmbH in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Februar 1992, Zl. Ge-53.361/1-1992/Sch/Th, betreffend Gewerbeanmeldung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der Einleitung des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. November 1991 hatte die Beschwerdeführerin am 8. September 1988 das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen, deren Ersatzteilen und Zubehör im Standort 4040 Linz, Y-Weg 10a, angemeldet. Über diese Anmeldung wurde dahin abgesprochen, daß festgestellt worden sei, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des in Rede stehenden Handelsgewerbes im bezeichneten Standort nicht vorlägen, und daß die Ausübung des Gewerbes untersagt werde. Als spruchmäßige Rechtsgrundlage wurde auf § 340 Abs. 7 GewO 1973 i.V.m. § 15 Z. 2 GewO 1973 Bezug genommen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid des "Baurechtsamtes" vom 8. August 1990 sei die beantragte Betriebsanlagengenehmigung für ein Büro- und Werkstättengebäude sowie einen Freilagerplatz für die Ausübung des Autohandels und die Verwertung von gebrauchten Kraftfahrzeugen im bezeichneten Standort versagt worden. Dieser Bescheid sei mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. März 1991 bestätigt worden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Über eine dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin erkannte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 19. Februar 1992 dahin, daß diese im Grunde des § 15 GewO 1973 als unbegründet abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt werde. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, die Beschwerdeführerin führe in ihrer Berufung aus, daß laut der Bestimmung des § 15 Z. 2 GewO 1973 nur generelle Normen, nicht aber individuelle Verwaltungsakte ein Hindernis gegen einen Standort begründen könnten. Aus der Bestimmung des § 15 Abs. 2 GewO 1973 ergebe sich, daß - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - die fehlende Genehmigung der Betriebsanlage (eine rechtskräftige Entscheidung vorausgesetzt) der Anmeldung des Gewerbes entgegenstehe. In diesem Zusammenhang sei die weitere Voraussetzung, ob das Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden könne, zu prüfen. Der Wortlaut der Gewerbeanmeldung laute "Ausübung des Handelsgewerbes, beschränkt auf den Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen, deren Ersatzteilen und Zubehör". Eine derartige Gewerbeausübung beinhalte wesensnotwendig die Ablagerung und Abstellung der für dieses Gewerbe benötigten Gegenstände. Die Kunden derartiger Gewerbebetriebe besichtigten die Gegenstände und wählten diese nach Bedarf aus. Eine Gewerbeausübung auf den Bürobetrieb beschränkt widerspreche den allgemeinen Lebenserfahrungen. Aus diesen Gründen stehe der angemeldeten Gewerbeausübung ein Hindernis gemäß § 15 Z. 2 GewO 1973 entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Ausübung des von ihr angemeldeten Gewerbes verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, mit Bescheid vom 8. August 1990 habe der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz ihr Ansuchen vom 20. Dezember 1988 um die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für ein Büro- und Werkstättengebäude sowie einen Freilagerplatz für die Ausübung des Autohandels und die Verwertung von gebrauchten Kraftfahrzeugen im Standort Linz, Y-Weg 10a, auf den Grundstücken Nr. 90/3 und 839/1 der KG X wegen der einer Gewerbeausübung entgegenstehenden Flächenwidmung abgewiesen. Die gegen diese Bescheid erhobenen Rechtsmittel an den Landeshauptmann von Oberösterreich, den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde (Erkenntnis vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0146) seien in der Hauptsache erfolglos geblieben. In der Folge seien dann die verfahrensgegenständlichen Bescheide ergangen. Gemäß § 15 Z. 2 erster Satzteil GewO 1973 sei das Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung keine Voraussetzung für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung gehe hervor, daß nur generelle Normen, nicht aber individuelle Verwaltungsakte ein Hindernis gegen einen Standort im Sinne dieser Bestimmung begründen könnten. Die Prüfung der Voraussetzungen für eine Anmeldung eines Gewerbes sei auf den Anmeldungszeitpunkt abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt (8. September 1988) sei der Bescheid der Behörde erster Instanz im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren noch nicht erlassen gewesen und habe daher der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit nicht entgegenstehen können. Im übrigen entspreche die Entscheidung der Gewerbebehörden im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht mehr der geltenden Rechtslage. Die Betriebsanlage sei lediglich deshalb nicht genehmigt worden, weil die Grundparzelle 839/1, KG X, auf der der Lagerplatz für Kfz-Teile situiert sein sollte, die Flächenwidmung Grünland-Grünzug aufgewiesen habe und diese Flächenwidmung in Verbindung mit § 18 Abs. 5 O.ö. ROG eine Verbotsnorm im Sinne des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 dargestellt habe. Nach dem seit dem 15. Oktober 1991 rechtswirksamen Flächenwidmungsplan weise die bezeichnete Grundparzelle die Flächenwidmung "Baugebiet-Kerngebiet" auf, die eine Bebauung dieser Parzelle grundsätzlich zulasse. Die Gewerbebehörde habe im Verfahren um Anmeldung eines Gewerbes alle Vorfragen selbständig unter Heranziehung der geltenden Rechtslage zu prüfen. Im übrigen stehe die mangelnde Betriebsanlagengenehmigung einer Gewerbeanmeldung nur dann entgegen, wenn feststehe, daß das Gewerbe schlechthin nicht

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d.h. auch nicht zum Teil - ohne den Betrieb einer Anlage ausgeübt werden könne. Ein derartiger rechtlicher Schluß setze

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abgesehen von Fällen der Offenkundigkeit - entsprechende Feststellungen im Sachverhaltsbereich voraus. Derartige Feststellungen fehlten im angefochtenen Bescheid zur Gänze. Von einer offenkundigen Unmöglichkeit der Ausübung des Gewerbes ohne Betriebsanlage könne im gegenständlichen Fall keine Rede sein. Die belangte Behörde weise selbst auf eine Konstellation hin, in der keine Betriebsanlage erforderlich sei. Weitere Fälle seien denkbar. Der Lagerplatz für Kraftfahrzeuge könne an einem anderen Standort etabliert werden; für den Handel mit Autoersatzteilen und Autozubehör sei keine Betriebsanlage erforderlich. Auch bloße Vorbereitungshandlungen zur Ausübung des Gewerbes bedürften keiner Betriebsanlage. Die bloß theoretische Überlegung der belangten Behörde, daß eine auf den Bürobetrieb beschränkte Gewerbeausübung der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche, könne konkrete Tatsachenfeststellungen nicht ersetzen. Einer nachprüfenden Kontrolle sei eine derartige Überlegung nicht zugänglich. Nach Ansicht der belangten Behörde beinhalte die beantragte Gewerbeausübung wesensnotwendig die Ablagerung und Abstellung der für dieses Gewerbe benötigten Gegenstände. Auch daraus könne nicht entnommen werden, daß eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung zwangsläufig vorausgesetzt sei, da nicht jedes Abstellen oder Aufstellen von Gegenständen eine Betriebsanlage erforderlich mache. Im übrigen sei ihr im zweitbehördlichen Verfahren kein Parteiengehör eingeräumt worden.

Gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Über das Ergebnis ihrer Feststellungen hat die Behörde einen Bescheid zu erlassen, sofern nicht die Bestimmung des Abs. 4 anzuwenden ist.

Gemäß § 15 Z. 2 GewO 1973 darf eine gewerbliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden, wenn Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder die darauf gegründeten Verordnungen dieser Tätigkeit entgegenstehen; die etwa erforderliche Genehmigung der Betriebsanlage (§ 74) muß bei der Anmeldung des Gewerbes oder der Erteilung der Konzession aber noch nicht vorliegen, sofern das Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden kann.

Nach der dargestellten Rechtslage steht die mangelnde Betriebsanlagengenehmigung im Sinne des § 340 Abs. 1 i.V.m.

§ 15 Z. 2 zweiter Halbsatz GewO 1973 - von welchem Normeninhalt die belangte Behörde bei ihren rechtlichen Erwägungen ausging - der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit nur dann entgegen, wenn feststeht, daß das Gewerbe schlechthin - d.h. somit auch nicht zum Teil - ohne den Betrieb einer der Genehmigungspflicht nach §§ 74 ff GewO 1973 unterliegenden Anlage ausgeübt werden kann.

Ein derartiger - auf den Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellender (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1983, Slg. N.F. Nr. 11.243/A, u.a.) - rechtlicher Schluß hat dementsprechend sowohl auf die nach dem Inhalt der Gewerbeanmeldung mögliche Art einer gewerblichen Tätigkeit als auch auf die danach in Betracht kommenden Merkmale einer genehmigungspflichtigen Anlage im Sinne der §§ 74 ff GewO 1973 Bedacht zu nehmen, was aber - abgesehen von Fällen der Offenkundigkeit - entsprechende Feststellungen im Sachverhaltsbereich voraussetzt (vgl. hiezu u.a. auch das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0071).

Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall in diesem Begründungszusammenhang lediglich ausführte, eine Gewerbeausübung der in Rede stehenden Art beinhalte wesensnotwendig die Ablagerung und Abstellung der für dieses Gewerbe benötigten Gegenstände, da die Kunden derartiger Gewerbebetriebe die Gegenstände besichtigten und diese nach Bedarf auswählten, und daß ferner eine Gewerbeausübung beschränkt auf den Bürobetrieb den allgemeinen Lebenserfahrungen widerspreche, so reichen diese Darlegungen weder in sachverhaltsmäßiger noch auch in rechtlicher Hinsicht aus, um dem Verwaltungsgerichtshof ausgehend von der vordargestellten Rechtslage die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu ermöglichen, da sich hieraus weder der Ausschluß einer auch nur teilweisen Gewerbeausübung ohne das Erfordernis einer Betriebsanlage ergibt, und auch der Hinweis, daß eine Gewerbeausübung auf den Bürobetrieb beschränkt der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche, in dieser allgemeinen Formulierung einer Schlüssigkeitsprüfung nicht zugänglich ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher - ohne daß sich das Erfordernis einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ergab - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040086.X00

Im RIS seit

15.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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