Index
L82000 Bauordnung;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde 1. des JP und 2. der AP in S, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. Februar 1992, Zl. 8 BauR1-78/1/1992, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. B in S, 2. Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Oktober 1991 wurde dem Erstmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter mehreren Auflagen die baubehördliche Bewilligung "betreffend Zubau zum bestehenden Geschäftslokal" auf dem Grundstück Nr. 294/5 des Grundbuches über die Katastralgemeinde L erteilt. Die Beschwerdeführer waren zu der vor Erlassung dieses Bescheides abgehaltenen Bauverhandlung weder geladen, noch haben sie an dieser teilgenommen.
Nachdem dieser Bescheid den Beschwerdeführern zugestellt worden war, erhoben sie dagegen rechtzeitig die Berufung, welcher mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Dezember 1991 keine Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid jedoch dahingehend geändert worden ist, "daß dem Bauwerber die Bewilligung zum Zubau zum bestehenden Geschäftslokal auf den Parzellen Nr. 294/5 und 294/9, beide KG L, erteilt wird". Außerdem wurde die nachstehende "ergänzende Auflage" vorgeschrieben: "1. Die Situierung der Stellplätze (Parkplätze) hinsichtlich Lage und Zahl hat gemäß dem Lageplan des Herrn Architekten Dipl.-Ing. K zu erfolgen. Sollten die Stellplätze befestigt (asphaltiert etc.) werden, so ist vorher um die wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen."
Mit Rücksicht auf das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer ging die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides auf die Frage der baulichen Ausnutzung durch das geplante Bauvorhaben ein und kam, gestützt auf eine während des Berufungsverfahrens eingeholte diesbezügliche Berechnung, zu dem Ergebnis, daß das Projekt den diesbezüglichen Bestimmungen des Bebauungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. August 1990 entspreche. Die Änderung des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides, wonach die Baubewilligung für die Errichtung "des bestehenden Zubaues zum Geschäftslokal auf den Parzellen Nr. 294/5 und 294/9 erteilt wird, findet seine Gesetzmäßigkeit in der Tatsache, daß für die Errechnung der baulichen Ausnutzung beide Grundstücke herangezogen wurden. Die Situierung der Stellplätze unterstreicht ebenfalls, daß sich das Bauvorhaben auf die Nachbarparzelle 294/9 erstreckt."
Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. Februar 1992 wurde die gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer gemäß § 95 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982 als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung ihres Bescheides führte die Aufsichtsbehörde u.a. aus, daß den Anrainern nach der Kärntner Bauordnung im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens kein Mitspracherecht zustehe, weshalb sie durch ein allenfalls mangelhaft durchgeführtes Vorprüfungsverfahren nicht in ihren Rechten verletzt worden sein könnten. Hinsichtlich der "Verbringung von Abwässern" stehe den Anrainern nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls kein Mitspracherecht zu. Die Regelung des § 13 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung diene nicht dem spezifischen Interesse der Anrainer, sondern ausschließlich den von der Baubehörde zu wahrenden öffentlichen Interessen. Auch der Umstand, daß allenfalls andere Anrainer nicht gehörig "informiert" worden seien, vermöge eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer nicht zu bewirken, weil niemand befugt sei, Rechte anderer am Verfahren Beteiligter wahrzunehmen. Die Interessen des öffentlichen Verkehrs seien ausschließlich von Amts wegen wahrzunehmen. Diesbezüglich sei den Anrainern überhaupt kein Mitspracherecht eingeräumt. Dies gelte auch für die Frage der genügenden Anzahl von Stellflächen. Der Hinweis auf § 17 der Kärntner Bauordnung sei schon deshalb verfehlt, weil dem Bauwerber die Errichtung von Parkflächen mit einer Auflage vorgeschrieben worden sei.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Da die Beschwerdeführer zu der von der Behörde erster Instanz abgehaltenen Bauverhandlung nicht geladen worden sind, an dieser nicht teilgenommen und daher dort keine Gelegenheit gehabt haben, gegen das Bauvorhaben des mitbeteiligten Bauwerbers Einwendungen zu erheben, waren sie als übergangene Nachbarn gehalten, ihre diesbezüglichen konkreten Einwendungen im Verfahren über ihre Berufung gegen den ihnen am 15. Oktober 1991 zugestellten Baubewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz vorzubringen (vgl. dazu das
hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1987, Zl. 87/05/0107, BauSlg. Nr. 944, und die darin zitierte Vorjudikatur).
In ihrer Berufung vom 25. Oktober 1991 gegen den in Rede stehenden Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Oktober 1991 brachten die Beschwerdeführer vor, daß "einige gravierende Mängel nicht behoben werden konnten", und machten gegen das Bauvorhaben des Erstmitbeteiligten wörtlich Nachstehendes geltend:
"1.
Das Bauvorhaben erstreckt sich auf die Parzelle-Nr. 294/5 KG L, wie aus dem oben angeführten Bescheid ersichtlich ist.
2.
Die Bruttogeschoßfläche/gesamt beträgt, laut einer uns - erst nach mehrmaligem Nachfragen - zugesandten Aufstellung des Bauamtes, 1.172,40 m2.
Unserer Meinung nach kann diese Berechnung nicht stimmen.
3.
Die im Bescheid angeführte Parzelle 294/5 KG L im Ausmaß von 2.852 m2 ist bei weitem zu klein für dieses Bauvorhaben."
Die Berufungsbehörde hat in ihrem Bescheid die schon geschilderte "ergänzende Auflage" vorgeschrieben und in der Begründung ihres Bescheides, wie schon erwähnt, unter Hinweis auf den im Beschwerdefall anzuwendenden Bebauungsplan dargelegt, warum das geplante Bauvorhaben hinsichtlich der baulichen Ausnutzung der Rechtslage entspricht. Ferner hat sie, wie ebenfalls schon in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden ist, darauf hingewiesen, daß die Änderung des erstinstanzlichen Bescheides, wonach die Baubewilligung "auf den Parzellen Nr. 294/5 und 294/9 erteilt wird", ihre "Gesetzmäßigkeit in der Tatsache findet, daß für die Errechnung der baulichen Ausnutzung beide Grundstücke herangezogen wurden". Außerdem unterstreiche die Lage der Stellplätze, daß sich das in Rede stehende Bauvorhaben auch auf die Nachbarparzelle Nr. 294/9 des Grundbuches über die KG L erstrecke.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde durch die Abweisung der gegen diesen Berufungsbescheid gerichteten Vorstellung keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführer mit ihrer in der Beschwerde vorgebrachten Behauptung im Recht sind, daß die Berufungsbehörde im Hinblick darauf, daß die Baubewilligung auf das Grundstück Nr. 294/9 "ausgedehnt" worden ist, nochmals den Bauanwalt zu befassen gehabt hätte, weil das Vorprüfungsverfahren im Sinne des § 9 der Kärntner Bauordnung ausschließlich dem öffentlichen Interesse dient und den Nachbarn in diesem Verfahren kein Mitsprachrecht zukommt (vgl. dazu das bei Hauer, Kärntner Baurecht, Prugg-Verlag Eisenstadt, auf Seite 41 f. erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1979, Zl. 637/79).
Inwiefern im vorliegenden Fall die Bestimmungen über die bauliche Ausnutzung der Baugrundstücke nicht eingehalten werden, wurde von den Beschwerdeführern nicht zu erkennen gegeben, zumal sie der schon während des Berufungsverfahrens - auf Grund des bereits wiedergegebenen Vorbringens in ihrem Rechtsmittel - durchgeführten und in der Begründung des Berufungsbescheides zusammengefaßten diesbezüglichen Berechnung nicht entgegengetreten sind, und auch der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, aus welchen Gründen die Parzelle 294/9 des Grundbuches über die Katastralgemeinde L bei der Berechnung der baulichen Ausnutzung nach Maßgabe des Bebauungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. August 1990 nicht berücksichtigt werden durfte.
Wie schon ausgeführt worden ist, hat die Berufungsbehörde in einer "ergänzenden Auflage" vorgeschrieben, daß "die
Situierung der Stellplätze ... gemäß dem Lageplan ... zu
erfolgen hat". Damit hat sie zu erkennen gegeben, daß die "bautechnische Auflage" des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides ("Für das gesamte Geschäftslokal werden 10 Pkw-Stellplätze benötigt") als eine Auflage hinsichtlich der Stellplätze für Kraftfahrzeuge im Sinne des § 14 Abs. 3 der Kärntner Bauordnung zu qualifizieren ist. Durch das Fehlen einer Begründung für diese Anordnung sind allerdings schon deshalb keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden, weil dem Nachbarn aus den Vorschriften über die Schaffung von Stellplätzen keine subjektiv-öffentlichen Rechte erwachsen (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, Prugg-Verlag Eisenstadt, 2. Auflage, Seite 211, Pkt. 5.), und Verfahrensmängel nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen können, wenn sie sich auf ein materielles Recht des Nachbarn beziehen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1974, Slg. N.F. Nr. 8713/A). Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Beschwerdeführer zutrifft, daß eine wesentlich größere Anzahl von Parkplätzen vorzusehen gewesen wäre. In Ermangelung eines diesbezüglichen Mitspracherechtes der Beschwerdeführer bedarf es unter dem Gesichtspunkt der Verletzung ihrer Rechte auch keiner Erörterung, ob aus den von ihnen ins Treffen geführten Erwägungen des Umweltschutzes mit der Baubewilligung "auch gleichzeitig die Befestigung der zukünftigen Parkplätze" vorzuschreiben gewesen wäre.
Auch auf die in der Beschwerde vorgebrachte Behauptung der Beschwerdeführer, die die Ableitung und Versickerung der Dach- und Oberflächenwässer betreffende Auflage sei "ungenügend und unpräzise", braucht nicht eingegangen zu werden, weil die Beschwerdeführer auf dem Boden der einleitend geschilderten Rechtslage gehalten gewesen wären, ihre diesbezüglichen Bedenken gegen diese Auflage des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides schon im Berufungsverfahren vorzubringen, was aber weder in ihrem bereits wörtlich wiedergegebenen wesentlichen Berufungsvorbringen noch in einer weiteren Phase des Berufungsverfahrens geschehen ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Übergangene ParteiBauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Baurecht Nachbar übergangenerUmfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050056.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
22.04.2013