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L82000 Bauordnung;Norm
BauO Krnt 1969 §2 litf idF 1992/026;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der C-OHG in Klagenfurt, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. Februar 1992, Zl. 8 BauR1-118/5/1991, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 10. März 1989 wurde dem Magistrat Klagenfurt angezeigt, daß die Beschwerdeführerin auf der Liegenschaft L-Straße eine "komplette Antennenanlage" ohne Bewilligung der Baubehörde errichtet habe. Dieser Anzeige war ein Foto der Anlage angeschlossen. Nach mehreren Aktenvermerken zur Frage, ob die Baubehörde für eine solche Fernmeldeanlage im Hinblick auf die Bestimmung des § 2 lit. f der Kärntner Bauordnung (BO) überhaupt zuständig sei, wurde mit einem Aktenvermerk vom 4. Juli 1989 die Ablage der Anzeige verfügt. In der Folge drohte der Magistrat Klagenfurt mit Verfahrensanordnung vom 16. August 1989 der Beschwerdeführerin die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, nämlich die Beseitigung des konsenslos errichteten Parabolspiegels, an. In den Verwaltungsakten erliegt sodann ein Bescheid der Post- und Telegraphendirektion für Kärnten als Fernmeldebehörde erster Instanz, mit dem die genannte Anlage zum Empfang von Fernsehund/oder Hörfunkprogrammen, die von Satelliten ausgestrahlt werden, bewilligt wurde. Unter Auflage Pkt. 3 war festgestellt worden, daß die Erteilung der fernmeldebehördlichen Bewilligung den Bewilligungsinhaber nicht von der Verpflichtung befreie, die nach anderen Vorschriften für die Errichtung und den Betrieb von Funkempfangsanlagen erforderlichen Bewilligungen einzuholen.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 1989 verfügte der Magistrat Klagenfurt die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes in der Form, daß der näher beschriebene, konsenslos errichtete Parabolspiegel binnen sechs Wochen ab Rechtskraft des Bescheides wieder beseitigt werde. Auf die Frage der Zuständigkeit der Baubehörde wurde in der Begründung des Bescheides nicht Bezug genommen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin insbesondere darauf, daß es sich bei dem gegenständlichen Parabolspiegel um eine Funkanlage und sohin eine Fernmeldeanlage im Sinne des § 1 des Fernmeldegesetzes handle, die nach § 2 lit. f BO von der Baubewilligungspflicht ausgenommen sei.
In den Verwaltungsakten erliegt sodann ein Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 14. Dezember 1988, in welchem der Rechtsmeinung Ausdruck verliehen wurde, daß zur Errichtung von Parabolantennen für den Empfang von Satellitenprogrammen im Hinblick auf ihre Größe und ihre entsprechende Verankerung immer wesentliche bau- und elektrotechnische Kenntnisse erforderlich seien. Auch würden die Fassadengestaltung und das Ortsbild beeinflußt werden. Die Baubewilligungspflicht gemäß § 4 lit. a BO sei somit bei den angeführten Antennenanlagen gegeben. Eine Anzeigepflicht könne auf Grund des Wortlautes des § 5 BO nicht in Betracht kommen. Die Bezirksverwaltungsbehörden würden ersucht, alle Baubehörden des Bezirkes in diesem Sinne zu informieren, um eine einheitliche Vorgangsweise zu gewährleisten.
Im Hinblick auf diese geäußerte Rechtsansicht ersuchte der Magistrat Klagenfurt mit Schreiben vom 6. März 1990 das Amt der Kärntner Landesregierung um eine Stellungnahme. Insbesondere wurde auf den Umstand hingewiesen, daß nach § 2 lit. f BO es nicht ausreiche, daß zur Errichtung von Parabolantennen bau- und elektrotechnische Kenntnisse erforderlich seien, zumal solche Kenntnisse wohl auch bei anderen Ausnahmetatbeständen nach § 2 die Voraussetzung seien, ohne dadurch eine Baubewilligungspflicht (beispielsweise für Anlagen zum Betrieb von Eisenbahnanlagen) zu bedingen.
In seiner Äußerung vom 19. April 1990 teilte das Amt der Kärntner Landesregierung dem Magistrat Klagenfurt mit, daß Parabolantennen bauliche Anlagen im Sinne des § 4 lit. a BO darstellten. Es sei davon auszugehen, daß zum Zeitpunkt der Gesetzwerdung der Kärntner Bauordnung im Jahre 1969 nur Fernmeldeanlagen der Post- und Telegraphenverwaltung, des ORF und anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften in Erwägung gezogen hätten werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Entwicklung des privaten Satelliten-Fernsehens oder auch die des Kabel-Fernsehens, wie sie sich derzeit darstelle, noch nicht absehbar gewesen. In den von § 2 lit. f BO im Jahre 1969 erfaßten Fällen sei die Wahrung der öffentlichen Interessen des Baurechts als gewährleistet anzusehen gewesen. Diese Gewähr sei jedoch im Bereich des privaten Satellitenempfanges nicht gegeben. Im Rahmen des fernmeldebehördlichen Verfahrens würde auf die öffentlich-rechtlichen Belange des Baurechts nicht Bedacht genommen. Wäre die Baubewilligungspflicht für solche Anlagen nicht gegeben, so könnte jedermann diese Anlagen selbst anbringen und auch die Beauftragung eines befugten Unternehmers wäre nicht erforderlich. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen widerspreche die Verneinung der Baubewilligungspflicht dem Zweck der Kärntner Bauordnung und dem Willen des Gesetzgebers. Es könne daher die Ausnahme des § 2 lit. f BO für die Parabolantennen des privaten Satelliten-Fernsehens nicht angenommen werden. Um Unklarheiten in der Auslegung dieser Gesetzesstelle zu beseitigen, sei vorgesehen, im Zuge der laufenden Novellierung der Kärntner Bauordnung auch die Ausnahmebestimmung des § 2 lit. f exakter zu formulieren und der tatsächlichen Situation anzupassen.
Mit Bescheid vom 8. August 1990 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen die zuletzt genannte Rechtsansicht des Amtes der Kärntner Landesregierung wiedergegeben.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Kärntner Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht, daß Parabolantennen nicht ausschließlich in den Kompetenzbereich des Fernmeldegesetzes fielen. So habe auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. April 1989, Zl. 86/06/0215, die Auffassung vertreten, daß etwa im Rahmen der Errichtung einer Fernsehstation sowohl der Antennentragmast als auch die Senderunterkunft baubewilligungspflichtige Maßnahmen seien. Gemäß § 2 lit. f BO gelte dieses Gesetz nicht für elektrische Leitungsanlagen und Fernmeldeanlagen. Diese Ausnahme beziehe sich nur auf die technischen Anlagen an sich, die nach den Bestimmungen des Starkstromwegegesetzes, des Kärntner Elektrizitätsgesetzes und des Fernmeldegesetzes einer Bewilligungspflicht unterliegen. Ein Bewilligungsverfahren im Sinne des Fernmeldegesetzes und der Privatfernmeldeanlagenverordnung unter Berücksichtigung aller öffentlichen Interessen sei für die Errichtung und den Betrieb einer Fernseh-Rundfunk-Empfangsanlage nicht vorgesehen. Die Wahrnehmung der öffentlichen Interessen in bezug auf das Baurecht, den Naturschutz, Denkmalschutz usw. sei auf Grund dieser Sach- und Rechtslage nicht gewährleistet. Die Ausnahmeregelung des § 2 lit. f BO könne somit auf Rundfunk- und Fernseh-Rundfunk-Empfangsanlagen nicht angewendet werden. Parabolantennen würden daher, da es sich um bauliche Anlagen handelt, der Bewilligungspflicht unterliegen. Es sei sohin zu Recht gemäß § 29 Abs. 3 BO der Beseitigungsauftrag verfügt worden.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Strittig zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Auslegung der Bestimmung des § 2 lit. f der Kärntner Bauordnung in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 26/1992 (BO). Danach gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht für elektrische Leitungsanlagen und Fernmeldeanlagen.
Mit der verfassungsrechtlichen Frage, ob im Hinblick auf die Kompetenzverteilung der österreichischen Bundesverfassung zusätzlich zu einer Bewilligung nach dem Fernmeldegesetz für eine Fernmeldeanlage auch eine baubehördliche Bewilligung erforderlich sein kann, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/05/0087, eingehend auseinandergesetzt. Der Gerichtshof bejahte diese Frage, sodaß danach aus verfassungsrechtlicher Sicht für einen Parabolspiegel auch eine baubehördliche Bewilligung erforderlich sein kann. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Behauptung aufstellt, daß in Wien seit dem Jahre 1989 Parabolspiegel baubehördlich nicht genehmigungspflichtig seien, so nimmt sie damit offensichtlich auf eine bei den Verwaltungsakten erliegende Entscheidung der Bauoberbehörde für Wien Bezug, wonach im Hinblick auf die Tatsache, daß das Fernmeldewesen nach Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung ist, eine Zuständigkeit der Baubehörde verneint wurde. Gerade mit der Frage, ob im Hinblick auf die sogenannte Wesenstheorie eine Zuständigkeit der Baubehörde schlechthin zu verneinen ist, hat sich aber der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Jänner 1992 eingehend auseinandergesetzt und diese Auffassung, wie schon erwähnt, verneint. Mit diesem Vorbringen kann sohin die Beschwerdeführerin nicht durchdringen.
Soweit allerdings die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, daß nach § 2 lit. f BO die Bestimmungen dieses Gesetzes für Fernmeldeanlagen nach dem klaren Wortlaut nicht gelten, ist ihr zuzustimmen. Die gegenteilige Argumentation der belangten Behörde und des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt geht davon aus, daß zum Zeitpunkt der Gesetzwerdung der Kärntner Bauordnung im Jahre 1969 Fernmeldeanlagen dieser Art noch nicht existiert hätten und daher vom Landesgesetzgeber nicht in Erwägung gezogen hätten werden können. Auch wenn die letzteren Aussagen zutreffen, so können sie doch nicht entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut der Gesetzesstelle des § 2 lit. f BO zu dem Ergebnis führen, daß Fernmeldeanlagen im Sinne des Gesetzestextes nur Fernmeldeanlagen des Jahres 1969 sein können, weil vielmehr auf Grund des Wortlautes davon auszugehen ist, daß Fernmeldeanlagen schlechthin von der Anwendung der Kärntner Bauordnung ausgenommen werden sollten und eine Beschränkung auf Fernmeldeanlagen bestimmter Art im Gesetzestext keinen Eingang gefunden hat. Die vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Versteinerungstheorie zur Auslegung der Kompetenzartikel der Bundesverfassung könnte aber bei der Auslegung von Begriffen in einem einfachen Gesetz nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Begriff als solcher unklar ist, sodaß zur Auslegung des Wortsinnes auch die Entstehungsgeschichte mitherangezogen werden müßte, was für den Beschwerdefall jedoch nicht zutrifft. Zu Recht vertritt daher die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß nach dem Gesetzestext allein die Frage zu prüfen war, ob es sich bei einem Parabolspiegel um eine Fernmeldeanlage handelt, und bejahendenfalls die baubehördliche Bewilligungspflicht nach der Kärntner Bauordnung zu verneinen ist.
Die mitbeteiligte Partei hat in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf verwiesen, daß nach der Fassung des § 2 lit. f BO seit der Novelle LGBl. Nr. 26/1992 nunmehr unzweifelhaft die baubehördliche Bewilligungspflicht für Parabolantennen und Antennendrahtmasten bestehe, weil der Gesetzgeber nunmehr die hochbaulichen Teile von Fernmeldeanlagen, wie insbesondere Parabolantennen und Antennendrahtmasten, vom Anwendungsbereich des Gesetzes nicht ausgenommen habe. Wenn nun auch in den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle der Kärntner Bauordnung die Meinung vertreten wird, daß die Novelle nur klarstellen soll, daß für hochbauliche Teile von Fernmeldeanlagen die Baubewilligungspflicht dann besteht, wenn Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Landschaftsbildes oder des Ortsbildes verletzt werden können, so kann dies nicht dazu führen, daß diese Meinung, die bisher im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat, zur Auslegung des früheren Gesetzestextes herangezogen werden kann.
Zusammenfassend vertritt der Verwaltungsgerichtshof daher die Auffassung, daß für Parabolspiegel der vorliegenden Art aus verfassungsrechtlicher Sicht zusätzlich zur Bewilligung durch die Fernmeldebehörde zu Recht auch eine baubehördliche Bewilligung gefordert werden kann. Da jedoch ein Parabolspiegel als Fernmeldeanlage zu qualifizieren ist, der Gesetzestext des § 2 lit. f BO Fernmeldeanlagen aber schlechthin vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausnimmt, war im Bereich des Landes Kärnten bis zur Erlassung der Novelle LGBl. Nr. 26/1992 eine Zuständigkeit der Baubehörde nicht gegeben. Da die belangte Behörde durch die Aufrechterhaltung des baupolizeilichen Entfernungsauftrages die Rechtslage unrichtig beurteilte, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050055.X00Im RIS seit
27.06.2001